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Uri

Regierungsrat Roger Nager ist vom Andermatter zum Urner geworden

Roger Nager hat eine steile Karriere hingelegt und seinen Fokus als Regierungsrat verändert. Weitere vier Jahre will er mitgestalten.
Regierungsrat Roger Nager ist überzeugt, dass nicht nur Andermatt, sondern der ganze Kanton Selbstvertrauen gefunden hat. (Bild: Florian Arnold (Altdorf, 16. Januar 2020))
(Bild: Florian Arnold)
Bundesratsbesuch in Uri: Landammann Roger Nager begrüsste den Gesamtbundesrat.  (Bild: Urs Hanhart, 4. Juli 2019)

Florian Arnold

Florian Arnold

Florian Arnold

Er war der erste vollamtliche Gemeindepräsident des Kantons Uri, als wilder Kandidat wurde er in den Regierungsrat und bereits zwei Jahre später zum Landammann gewählt. Roger Nager hat eine steile Politkarriere hingelegt. «Ich war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und habe die richtigen Entscheidungen gefällt», sagt der FDP-Mann. «Planen kann man so etwas nicht, es passiert.» Er blickt auf seine 16-jährige Politkarriere: «Ich würde wahrscheinlich alles nochmals gleich machen.»

Zum Landammann wurde er entgegen dem üblichen Turnus ernannt. «Es ist eine grosse Ehre. Ich bin mit viel Respekt vor dieser Aufgabe gestartet.» Die Bedeutung des Landammanns sei ihm erst dann bewusst geworden. Man lerne viel – und die zahlreichen tollen Begegnungen möchte er nicht missen. Und nicht zuletzt ist das Amt auch mit Macht verbunden. Nager betont aber: «Ich bin mit Demut an die Sache herangetreten und für mich war es zentral, dass mich meine Kolleginnen und Kollegen im Regierungsrat unterstützen.»

Das ganze Gremium sei hinter ihm gestanden. Nager verheimlicht nicht: «Es sind sieben Individuen, starke Persönlichkeiten, die etwas bewegen wollen. Und wo gehobelt wird, fallen auch Späne.» Im Gegensatz zu einem Vorstand oder einem Gemeinderat habe jeder Regierungsrat eine ganze Direktion hinter sich, die wiederum ihre eigenen Entscheidungen fällen müsse – und es gehe um viel Geld. «Das führt zu anspruchsvollen Diskussionen, bei denen auch persönliche Befindlichkeiten und die Tagesform jedes Einzelnen eine Rolle spielt.» Er selber habe sich anfänglich eher zurückgehalten, um zuerst zu beobachten. Heute sieht er den Regierungsrat wie eine Wohngemeinschaft: «Man tauscht sich aus, es wird gekämpft und gelacht und schliesslich geht man miteinander Mittagessen. Wir haben eine gute Stimmung untereinander, sonst wäre es noch schwieriger, zu entscheiden.»

Nach wie vor ist haushälterischer Umgang mit Finanzen Pflicht

Es sei eine grosse Chance, die Grossprojekte in Uri umzusetzen. «Wir dürfen für die kommenden Generationen gestalten. Etwas Besseres kann man sich nicht wünschen.» Für genau solche Projekte habe der Kanton Uri in der Vergangenheit Geld angespart. Trotzdem müsse man nach wie vor haushälterisch mit dem Geld umgehen und stets Kosten und Nutzen abschätzen. «Gerade was das Bauen anbelangt, muss man den Markt im Auge behalten», weiss der Baudirektor.

Als solcher vertritt er keine einfachen Dossiers. Gehadert habe er aber nie mit der Entscheidung, die Baudirektion übernommen zu haben. «Ich dachte immer, ich wisse, worauf ich mich einlasse.» Doch gekannt habe er nur die Spitze des Eisbergs. Seine Aufgaben reichen von der Konzession für Wasserkraftwerke bis hin zum Spitalneubau und dem Bahnhof Altdorf. «Dass es nicht immer so läuft, wie man es sich vorstellt, das habe ich schon in Andermatt gelernt», so der ehemalige Gemeindepräsident. Es sei nichts als richtig, dass man in der Schweiz auch gegen Projekte Einsprache erheben könne. «Da gilt es, die Gegenpartei zu überzeugen. Dieses Handwerk habe ich rund um das Tourismusresort gelernt, aber jetzt noch verfeinert.»

Fingerspitzengefühl ist gerade auch in brenzligen Situationen gefragt. Sie haben denn auch den Baudirektor am meisten aus der Reserve gelockt: der Abbruch eines Abschnitts der Bristenstrasse und die Felsstürze am Axen vergangenen Sommer und Herbst. «Das war sehr fordernd, weil man keinen direkten Einfluss auf das Ereignis hat, aber sich mit den Gegebenheiten arrangieren muss», so Nager. Man könne einfach organisatorisch mithelfen und der Bevölkerung so viel Unterstützung wie möglich bieten. Nager war es aber auch, der vor einer zu grossen Hysterie warnte. Die Reaktionen darauf seien sehr unterschiedlich ausgefallen: «Wirtschaftskreise bezeichneten es als Katastrophe, Pendler fanden es mühsam, und andere haben wiederum die Polemik nicht verstanden.»

Dass der Axen so kurz vor den Wahlen auch zum Wahlkampfthema gemacht wurde, sei logisch. Er selber habe aber versucht zu relativieren. «Wir leben in einem Gebirgskanton. Und der Bund hat uns zurückgemeldet, dass auf dem Schweizer Strassennetz andere Probleme auch eine hohe Priorität geniessen.» Beruhigt habe sich die Situation zwar noch nicht, gerade nach der Trockenphase könnten grosse Niederschlagsmengen verheerend sein, trotzdem hätte die ungewöhnliche Aufmerksamkeit ihre Wirkung erzielt. «Das Projekt Neue Axenstrasse ist so weit, wie noch nie.»

Umweltverbände haben signalisiert, dass sie einer vorgezogenen Lösung im Gebiet Gumpisch nicht im Weg stehen werden. Trotzdem dürfte auch dieses Teilprojekt noch ein paar Jahre in Anspruch nehmen.

Einen Mosaikstein nach dem andern realisiert

Sehr weit gekommen ist derweil das Tourismusprojekt in Andermatt, das Nager als erster vollamtlicher Gemeindepräsident in Uri hautnah begleitete. «Ich habe mir nie Gedanken gemacht, wie Andermatt in 10 bis 15 Jahren aussieht.» Ihm sei es immer darum gegangen, einen Mosaikstein nach dem andern realisieren zu können. «Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung. Die Zahlen sprechen für sich.» Aber man müsse auch immer im Blick behalten, dass die hohen Investitionen wieder refinanziert werden müssen.

«Andermatt ist ein Vorzeigeprojekt, dass dem kleinen Kanton Uri so schnell niemand nach macht.» Bauherren, Gemeinde und Kanton hätten an einem Strick gezogen. Das Projekt habe eine Ausstrahlung über den Kanton Uri hinaus erlangt – gar international. «Auch die Urner haben Spass an dem, was passiert.» Eine solche Prognose hätte er nie gewagt.

Damals als Gemeinderat habe er natürlich auch nicht immer nur positiv über «die beim Kanton» gedacht, gibt Nager zu. «Die Sichtweise hat sich ganz klar geändert. Wenn man nicht selber in einem Gremium ist, versteht man einiges nicht.» Nager betont: «Seit ich in der Regierung bin, ist Andermatt für mich eine Gemeinde wie jede andere auch. Ich stelle Andermatt keinesfalls in den Vordergrund.» Deshalb habe er gerade auch als Landammann kleinere Gemeinden besucht.

Die Geschicke der Tourismusdestination überlasse er gerne anderen. «Für mich hat Andermatt den Charme behalten, den ich seit meiner Kindheit kenne. Aber die Entwicklung hat es selbstverständlich gebraucht. Ohne die Investitionen hätte sich wohl eine Brache gebildet.» Andermatt habe sich eine Berechtigung auf der touristischen Landkarte erkämpft. «Die Destination wird sich aber als Individuum entwickeln, ohne sich mit Zermatt oder St.Moritz vergleichen zu müssen.»

Der Lebensraum wird immer wertvoller

Nicht nur Andermatt hat zu Selbstvertrauen gefunden, sondern auch der ganze Kanton. «Die Urner sind wachsamer geworden, was der Kanton alles bietet.» Auswärtige Gäste würden immer ins Staunen kommen. Beeindruckend findet Nager vor allem die kleinen Unternehmen, die ihre Produkte teilweise sogar international anbieten. Potenzial sei also vorhanden: «Ich glaube, dass mittel- bis langfristig der Lebensraum wertvoll wird, weil sich der eine oder andere vorstellen kann, im ruhigen Uri zu arbeiten. Künstler aus dem urbanen Gebiet lassen sich hier schon seit je inspirieren.»

Die kommenden vier Jahre will Nager den Kanton Uri auf seinem eingeschlagenen Weg begleiten. «Die Grossprojekte müssen gut abgeschlossen respektive vorangetrieben werden.» Dazu gehört nach wie vor auch Andermatt. Dort gehe es vor allem darum, für eine noch bessere Anbindung zu sorgen, um auch Tagesgäste anzulocken. Für seine Direktion, die er gerne behalten möchte, ist der Unterhalt der Kantonsstrassen eine grosse Herausforderung. «Wir müssen mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen, das beste machen», weiss Nager. Und auch der Schutz vor Naturgefahren werde längerfristig noch eine wichtigere Aufgabe. «Denn der Klimawandel macht auch vor Uri nicht Halt.»

Und persönlich? Schielt der Steilstarter mit einem Auge nach Bern? «Ich habe meine politische Karriere nie geplant und werde auch jetzt nicht damit anfangen», so der 49-Jährige. «Wenn sich die Situation ergibt, werde ich zu dem Zeitpunkt prüfen, ob ich mir das zutraue. Jetzt konzentriere ich mich auf meine Aufgaben als Regierungsrat.»

Unsere Zeitung porträtiert alle Regierungsratskandidaten 2020.

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