Remo Infanger
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Viele Köche verderben den Brei, warnt der Volksmund. Von wegen, beweist die «Anker Livekochshow» aus Flüelen. Knapp 600 Teilnehmer schwangen am vergangenen Freitagabend jeweils in kleinen Gruppen in der eigenen Küche die Kochlöffel – angeführt via Youtube-Übertragung von Carlo Bürgi, dem künftigen Chefkoch des Restaurants Anker. Gestreamt wurde direkt aus den heimeligen Räumlichkeiten des Gastrobetriebs. «Vom absoluten Laien- bis zum Berufskoch machen die unterschiedlichsten Leute mit», freut sich Bürgi.
Entsprechend sei es jedes Mal eine Herausforderung, das richtige Menu für die Show auszuwählen. «Es muss etwas sein, das alle mögen, aber auch etwas, was jeder mit einfachen Mitteln hinbekommt», so der 32-jährige Erstfelder, der in Altdorf aufgewachsen ist. Auf dem Speiseplan stand diesmal «Rindsgschnätzlets» an einer Bratensauce mit Zwiebeln, Bratkartoffeln und gebratenem «Chabis» und zum Dessert «Brischtner Birä und Nytlä». Im Vegi-Menu ersetzte Gemüserösti das Fleisch.
«In der Show will ich so kochen, wie ich es dann auch im Anker vorhabe», verrät der Chef de Cuisine. «Ich versuche, meinen Stil und meine Note reinzubringen, und dies will ich durch die Kochshow schon ein bisschen vorstellen», sagt Carlo Bürgi.
«Die Leute sollen jetzt schon sehen, was sie künftig im Anker erwartet. Wer etwa eine Pizza will, wird bei uns am falschen Ort sein.»
Gesetzt wird fast ausschliesslich auf Regionales. Im Vorfeld an die Show konnten die Teilnehmer ein abgepacktes Säcklein, gefüllt mit den frischen Zutaten aus der Umgebung, abholen. Das Gemüse kam diesmal vom Biohof Fluofeld in Schwyz – das deswegen, weil die «hiäsigä» Urner Gemüsebauern für so eine grosse Teilnehmerzahl schlicht zu klein sind. Im «Päckli» fand man auch das regionale Kräutergetränk «Zämä», das kürzlich lanciert (unsere Zeitung berichtete) und in der Liveshow auch nochmals vorgestellt wurde.
Daens sorgt auch für musikalische Leckerbissen
Wie es sich für eine ordentliche Kochshow gehört, war auch wieder ein prominenter Gastkoch eingeladen. Neben Carlo Bürgi stand dieses Mal Daniel Beltrametti, Sänger und Gitarrist der Band Daens, vor der Kamera am Herd. Gleich zu Beginn wollte Bürgi von Beltrametti wissen, ob er denn auch kochen könne: «Nicht wirklich», gesteht der 21-jährige Seedorfer. «Meine Kollegen lachen mich immer aus, weil ich so ungesund essen würde. Aber deswegen bin ich ja jetzt da, in der Hoffnung, dass du mir etwas beibringen kannst.» Das habe er dann auch, wie Beltrametti nach der Show erzählte: «So etwas habe ich bisher noch nie gemacht. Es war eine schöne Erfahrung, dem Profi über die Schultern zu schauen und Teil der Show zu sein», sagt Daniel Betrametti. «Die Zeit ist auch mega schnell verflogen. Als die Kochshow nach drei Stunden vorbei war, dachte ich, dass wir gerade mal eine halbe Stunde live sind.»
Während er in der Küche Carlo Bürgi handlangerisch zur Seite stand und das Duo nebst kulinarischen Tipps und Tricks auch immer wieder für Lacher sorgte, glänzte Beltrametti vor allem mit seinen Bandkollegen, die sich gleich neben der Bartresen eingenistet haben. Mehrere musikalische Intermezzi mit Songs aus der kürzlich veröffentlichten EP von Daens (unsere Zeitung berichtete) gaben der Kochshow die nötige musikalische Würze. Trotz des deliziösen Ergebnisses am Ende des Abends bezweifelt Beltrametti, nun zum passionierten Gourmet-Koch zu werden. «Da setze ich wohl doch lieber auf die Musik und überlass das Kochen Carlo», so der Musiker.
Im Hummer-Kostüm den «Chabis» brutzeln
Der Show wohnten über 140 Gruppen à vier bis fünf Personen von zu Hause aus bei. In einer davon wirkte auch Marco Wipfli in der Küche mit – bereits zum zweiten Mal. «Das Kochen soll natürlich schon auch im Zentrum stehen, vor allem geht es mir aber ums gesellige Beisammensein unter Kollegen», verrät Wipfli. Das habe man sich dann auch feuchtfröhlich zu Herzen genommen und die Gruppe traf sich in Hummer- und Chamäleon-Kostümen verkleidet zum Kochen. «Die Fasnacht fiel dieses Jahr ins Wasser, jetzt holen wir im kleinen Rahmen halt ein bisschen Fasnachtsstimmung nach», so der 27-jährige Schattdorfer. Die Frage, ob man in einem Ganzkörper-Kostüm als Hummer überhaupt kochen könne, lässt er offen, verweist dabei aber auf das durchaus gelungene Ergebnis. Marco Wipfli resümiert:
«Zugegeben, der ‹Chabis› ist uns ein bisschen ‹aghocked›. Vor lauter Anstossen gerieten wir etwas in Verzug, aber wir sind mit dem Resultat zufrieden.»
David Bär, der künftige Geschäftspartner von Carlo Bürgi und Mitinhaber der Urner Veranstaltungsfirma Rec Tec AG, ist insbesondere im Hintergrund aktiv und auch für die Organisation der Livekochshow zuständig. Er erklärt, wie es vor einem Jahr dazu kam. Dass aus der Coronapandemie neue Formen der Vernetzung entstehen, sei ja nichts Neues. «Auch wir haben uns zu Beginn der Pandemie gefragt: Was machen wir, wenn wir dann den Anker übernehmen, wir aber noch nicht öffnen können wegen des Lockdowns?», holt der 31-jährige Altdorfer aus. «Wir würden wohl eine Livekochshow anbieten, lautete die Antwort.» Darauf folgte schnell einmal die Idee, das Ganze auch schon vor der Eröffnung durchzuführen. «Wir wollten den Leuten zeigen, wer wir sind und was wir machen», sagt der ehemalige Wirt der Tellenbar.
Bewusstsein schaffen für regionales Essen
Das sei ihnen auch gelungen. «Ich bin überwältigt, wie viele Leute jeweils mitmachen, und bei jeder Ausgabe werden es mehr», so der Gastronom. «Wir werden auch immer wieder auf der Strasse angefragt, wann denn die nächste Show geplant sei, oder Leute schreiben uns an für Tipps rund ums Kochen und zu den vorgestellten Menus», ergänzt Carlo Bürgi. «Das sind extrem tolle Wertschätzungen und zeigen, dass das Interesse am Kochen bei Jung und Alt gross ist.» Genau darin bestünde auch die Absicht. «Es geht darum, mehr Bewusstsein zu schaffen für das Kochen, das Essen und das Geniessen», so Bürgi. «Und wenn dann Leute nach der Show das Salz mal beim Altdorfer ‹Teelädäli› oder den Fisch bei der heimischen Zucht holen gehen, dann haben wir vieles, was uns wichtig ist, schon erreicht.»
Am letzten Mai-Wochenende soll der «Anker» öffnen
Am Wochenende vom 28. und 29. Mai soll das Restaurant Anker seine Türen öffnen – sofern es die Coronalage dann auch zulässt. Das bedeute aber nicht, dass es dann keine Livekochshows mehr geben wird. «Wir möchten an diesem Format weiterhin festhalten und – nebst vielen anderen Events – vielleicht so zwei Shows pro Jahr durchführen», verrät David Bär.
«Solange wir Ideen sowohl für Menus als auch für Show-Gäste haben, machen wir sehr gerne damit weiter. Und von beidem haben wir mehr als genug.»
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