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Kilbiabend voller Sagen und Musik begeistert das Publikum in Amsteg

Hanspeter Müller-Drossaart, Carlo Gamma und Fränggi Gehrig überraschten mit neuen Interpretationen der Urner Tanz- und Spottlieder.
Sie sorgten für einen fulminanten Auftritt im Hotel Stern und Post in Amsteg; von links: Carlo Gamma, Fränggi Gehrig und Hanspeter Müller-Drossaart. (Bild: PD)

(RIN) Was passiert, wenn die bekannten Urner Tanz- und Spottlieder nicht wie üblich gesungen, sondern die Texte und Melodien getrennt vorgetragen werden? Diese Frage stellte sich der Fotograf und Leiter des bildfluss-Verlags, Christof Hirtler. Er organisiert die Veranstaltungsreihe «Amstäg! Literatur & Musik» im Hotel Stern und Post in Amsteg.

«Hören Sie die bekannten Urner Volkslieder einmal ganz anders und geniessen Sie die wunderbar träfen Sprachbilder und witzig-angriffigen Liedzeilen, wie sie sonst kaum anzutreffen sind.» Die Ankündigung war nicht zu hoch gegriffen – Hanspeter Müller-Drossaart und die beiden Musiker Fränggi Gehrig (Akkordeon) und Carlo Gamma (Sopransaxofon) bezauberten mit ihrem Kilbiprogramm. Die Basis bildeten die Lieder von Bärti Jütz, Ady Regli und Hansheiri Dahinden. Melodien und Liedtexte sind zeitlos und voller Vitalität, so wie der Refrain im Lied «Juhui und dä zoogä» von Ady Regli: «Juhui und de zoogä! Äs teent i all Fliäh! Schlahnd d Absätz i Boodä, üs Chälber gits Chiäh!»

Die Liedtexte verwob Hanspeter Müller-Drossaart mit witzig-hintergründigen Hinweisen zur «Chilbi-Hischtoriä», zur Religion (Himmel, Hölle und Tanzverbot) oder zu den irdischen Köstlichkeiten wie «Biämscht-Chüächä», «Schwyynigs und Cheschtenä», Merluzzo, «Silener Paläntä-Turtä», «Paschtetä» oder «Chrapfä».Nach dem Essen wurde an den Kilbenen tüchtig das Tanzbein geschwungen und man kam endlich zum Kern der Sache: Partnerwerbung, Sinnlichkeit und Festen bis zum Umfallen. In Ady Reglis Lied «Oh jesses näi Herr Pfarrer» liegt der Mann am nächsten Morgen «chatzchegelvoll» unter dem Tisch und auch die Frau «het äs Yysä ab». Sie richtet ihn auf, und zusammen gehen sie zum «Schwarznä» nach Hause.

Die Toggeli-Sage einmal anders vorgetragen

Der Abend war aber nicht nur der Tradition verpflichtet. Müller-Drossaart trug auch eine moderne, erotische Variante der Toggeli-Sage vor: «Ds Chilbi-Toggeli». Das Toggeli ist dabei nicht ein unheimlicher Nachtmahr, der auf den Schläfer hockt, sondern das Chilbi-Toggeli kommt in der Gestalt einer liebestollen Frau.

Und wie manifestiert sich Festfreude im Internetzeitalter? Vielleicht, wie im Refrain des neuen Lieds von Müller-Drossaart – Computer abschalten, raus aus dem Büro, rein in die Festhütte: «I d’Fäschthitte, as Fäscht hitte. I dr Fäschthitte isch Fäscht hitte! Hitt isch äs Fäscht!»

Carlo Gamma und Fränggi Gehrig spielten variantenreich und voller Spielfreude. Die beliebten Melodien, losgelöst von den Liedtexten, waren eine Entdeckung. Sie kamen besonders zur Geltung, wenn die beiden Musiker sie als langsame Balladen spielten oder über ein Thema improvisierten. Manchmal liessen Gamma und Gehrig die Melodien nur kurz anklingen oder legten einen Klangteppich unter das gesprochene Wort.

«Nicht einmal der Teufel will sie»

Mitunter schwang auch etwas Melancholie mit, wie im berührenden Text von Hansheiri Dahinden «Ä jeedä träit syys Burdäli». Nach der Urner Nationalhymne «Zogä-n-am-Bogä», begeistert mitgesungen von den über 120 Personen im Saal, verlangte das Publikum stürmisch eine Zugabe.

Das 80-minütige Kilbiprogramm endete mit dem Lied «Dr Tyyfel het der Lätz erwitscht» von Ady Regli. «Die Urner bleiben letztlich in ihrem Paradies, im Urnerland, mit der augenzwinkernden Einsicht, dass nicht einmal der Teufel sie will», bemerkte Hanspeter Müller-Drossaart.

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