notifications
Uri

Ihre Leidenschaft ist eine scheinbar tote Disziplin – die Kalligrafie

Pia Thommen-Huber ist begeistert von der Kalligrafie und gibt dieses Wissen in Kursen weiter. Obwohl heute Computer viel effizienter «schön schreiben» können, sind die Kurse sehr beliebt.
Kalligrafin Pia Thommen-Huber bei ihrer Arbeit in ihrem Atelier in Altdorf. (Paul Gwerder / Urner Zeitung)

Paul Gwerder

An der Altdorfer Bahnhofstrasse weist ein Schild darauf hin, dass in diesem Haus die Kalligrafin Pia Thommen-Huber wohnt. Aufgewachsen ist die heute 75-Jährige ganz in der Nähe – im ehemaligen Coop-Gebäude – und sie ist die Tochter des bekannten Heraldikers Albert Huber. Dieser war bekannt für die Zeichnung riesiger Stammbäume und wunderbaren Familienwappen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Tochter das Talent teilweise von ihrem Vater geerbt hatte. «Gelehrt hat mich mein Vater von seiner künstlerischen Arbeit nichts, aber ich durfte ihn stundenlang bei seiner Arbeit beobachten und habe da wahrscheinlich einiges mitbekommen. Und als mein Vater verstorben war, gab es viele unvollendete Arbeiten, die ich auf Wunsch seiner Kunden für ihn beenden konnte», erinnert sich Pia, die 75-Jährige.

Nach der Schulzeit und ihrer Ausbildung im Seminar in Ingenbohl war Pia Thommen fünf Jahre als Primarschullehrerin tätig. Im Jahr 1969 heiratete sie und zog mit ihrem Mann, der in der Uhrenbranche arbeitete, in den Berner Jura. Dort wohnten sie zuletzt in Crémines, bis ihre beiden Kinder ausgezogen waren, und ihr Mann pensioniert wurde. Danach wurde sie vom Heimweh gepackt und sie zog zusammen mit ihrem Ehemann im Jahr 2011 wieder in den Kanton Uri.

«Ich wurde fast süchtig, denn es ist unglaublich, wie viele unterschiedliche Schriften es gibt.»

Ihre Leidenschaft für die Kalligrafie hat Pia Thommen aber nie vergessen und sie bildete sich in zahlreichen Kursen in der ganzen Schweiz weiter. Aber Kurse allein genügen nicht, denn ebenso wichtig ist das fleissige Üben. «Ich wurde fast süchtig, denn es ist unglaublich, wie viele unterschiedliche Schriften es in diesem riesigen Fachgebiet gibt», erklärt die gebürtige Altdorferin.

Beim Experimentieren kommt das Individuelle zum Vorschein

Kalligrafie ist vom Griechischen hergeleitet und bezeichnet die alte Schönschreibkunst. Ihr Atelier in Altdorf ist vollgestopft mit unterschiedlichen Schreibwerkzeugen, die alle Farbe, Tinte oder Tusche aufnehmen und wieder abgeben können. An den Wänden ihrer Wohnung hängen viele schön gestaltete Sprüche und Gedichte. Um die wunderschönen Glückwunschkarten, Büchlein, Bilder oder die schön geschriebenen Urkunden zu beschriften, braucht es eine Menge Geduld, Disziplin, Übung und Zeit und dazu eine ruhige Hand. Geschrieben wird meistens mit Gouache und Stahlfeder auf Papier. Bei der Arbeit mit einer Spitzfeder kommt es darauf an, die elastische Feder gut zu kontrollieren. Dazu verwendet die Künstlerin meistens Aquarellpapier in den verschiedensten Farben. Am edelsten ist es aber auf Pergament. Bei ihrer Arbeit experimentiert Pia Thommen gerne und dabei kommt das Einzigartige und Individuelle ihrer Arbeit zum Vorschein. Zu den traditionellen Schreibstoffen kommen in der experimentellen Kalligrafie Holz, Metall, Pergamentimitation und Kunststoffe dazu.

«Die Menschen sind fasziniert von der Kalligrafie.»

Ihre einzigartigen Arbeiten durfte sie auch schon im Theater Uri einer grossen Öffentlichkeit zeigen und vor fünf Jahren erhielt sie von der Schweizerischen kalligrafischen Gesellschaft den Werner-Stutz-Motivationspreis. «Heute hat die Kalligrafie grosse Konkurrenz durch den Computer gefunden. Statt in stundenlanger Handarbeit liefert dieser die Schriften gleich dutzendfach», sagte die Künstlerin. Und trotzdem liegt die Kalligrafie im Trend, denn ihre Kurse stossen auf grosses Interesse und sind meistens ausgebucht. «Die Menschen sind fasziniert von der Kalligrafie, denn das Arbeiten mit der Feder hat etwas Beruhigendes an sich und man kann dabei richtiggehend abschalten», betont Thommen. Innere Ruhe und die Bereitschaft zur Feinstarbeit seien zwingende Voraussetzungen für die Arbeit mit der Feder. Kalligrafie ist Kunst und damit auch kreativ. «Am Schluss des Kurses gibt es für alle Kursteilnehmenden eine Projektarbeit und damit gehen alle glücklich und zufrieden nach Hause», sagte die Kursleiterin.

Schöne Geschenke für Freunde und Bekannte

«Das Schöne an der Kalligrafie ist, dass man damit den Verwandten und Freunden mit einem Geschenk immer eine grosse Freude machen kann», so Pia Thommen. Besonders beliebt sind dabei Geburtstags- oder Weihnachtskarten und Dekorationsgegenstände für die Wohnung. «Kalligrafie ist eine besonders schöne Methode, um selbstgemalte Bilder, handgeschriebene Karten oder einfach einen liebevollen Brief aufzuwerten», ergänzt die Altdorferin. Die zahlreichen Einladungskarten und passenden Texte in ihrer wunderschönen Schrift sind ein Beweis ihres grossen Fachwissens.

Kommentare (0)