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Uri

Daniel Koch steht in Altdorf Rede und Antwort

Zum Auftakt des Herbstprogramms war im Theater Uri mit «Mister Corona» Daniel Koch eine der gefragtesten Personen des Jahres zu Gast.
Daniel Koch (links) und Gastgeber Heinz Keller im Talk «Greedi üüsä» im Theater Uri. (Bild: Urs Hanhart (Altdorf, 11. September 2020))

Urs Hanhart

Die elfte Auflage der beliebten Talk-Serie «Greedi üüsä» war gleich in mehrfacher Hinsicht speziell. Einerseits war mit «Mister Corona» eine Persönlichkeit auf dem Sofa, die seit dem Ausbruch der Coronapandemie fast tagtäglich in den Medien zu sehen und zu hören war. Andererseits gelangte am Freitag im Theater Uri in Altdorf ein strenges Corona-Schutzkonzept zur Anwendung. Im grossen Saal wurde jede zweite Reihe leer gelassen. Zudem herrschte für das Publikum Maskenpflicht, aber nicht so auf der Bühne, zumal dort der Sicherheitsabstand eingehalten werden konnte.

«Was haben Sie für eine Verbindung zum Kanton Uri?» So lautete die nicht ganz unerwartete Auftaktfrage von Talkmaster Heinz Keller. Kochs originelle Antwort: «Ich habe die Rekrutenschule im Tessin absolviert. Damals fuhr ich jeweils mit meinem ersten Auto über den Gotthard. Dieser Wagen hat dann im Urnerland plötzlich den Geist aufgegeben und ich musste ihn hier entsorgen.» Emotional verbinde ihn mit Uri die Holzskulptur, die Holzbildhauer Peter Bissig von ihm geschnitzt habe. «In diesem Zusammenhang kam ein wunderbarer Spendenbetrag von 15000 Franken für das Rote Kreuz zusammen, was natürlich erfreulich war», so Koch.

Medizinischer Koordinator in Krisengebieten

Im ersten Teil drehte sich das Gespräch vor allem um die frühere berufliche Tätigkeit des ausgebildeten Arztes. Bevor er zum Bundesamt für Gesundheit wechselte, arbeitete Koch lange Zeit für das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) als medizinischer Koordinator in Entwicklungsländern und Kriegsgebieten. Zur Sprache kamen aber auch die von Corona besonders hart gebeutelten USA. Dies weil der Gast an der renommierten Universität von Baltimore studierte. «Mich erstaunt es nicht, dass dieses Land grosse Mühe bekundet, die Lage in den Griff zu bekommen. In den Vereinigten Staaten gibt es nicht einmal Einwohnerlisten. Contact-Tracing kann man gleich vergessen», so Koch.

Der Berner ist bekanntermassen ein grosser Hundefan und hält zwei Boxer. Das war selbstverständlich auch ein Thema. Koch nimmt regelmässig an Wettkämpfen teil, bei denen der Vierbeiner das Tempo vorgibt. Das Ganze nennt sich Canisport. Dazu sagte er: «Der Hund rennt, zieht und man muss schauen, möglichst schnell hinterherzulaufen. Die einzige Regel ist, dass man den Hund nicht überholen darf. Meistens ist es ohnehin so, dass ich müde werde und der Hund rennt noch.» Normale Marathons oder Halbmarathons bestreitet der «Kulturbanause», wie er sich selber betitelte, nur ganz selten. Seine Begründung: «Ohne Hund renne ich nicht so gut.»

«Der Bundesrat hat sich extrem hineingekniet»

Dass die Schweiz relativ gut durch die Coronakrise gekommen ist, hat für Koch mehrere Gründe. Er betonte: «Als die Massnahmen eingeführt wurden, war die Deutschschweiz noch nicht so stark betroffen. Geholfen hat sicherlich auch die Mentalität, die im nördlichen Europa vorherrscht. Das Distanzhalten ist kulturell bedingt einfacher als in der lateinischen europäischen Gesellschaft.» Der Gast gab im Gespräch interessante Einblicke über die Abläufe innerhalb des Entscheidungszirkels. Zur Landesregierung sagte er: «Der Bundesrat hat sich extrem in diese Problematik hineingekniet. Das ist von aussen gar nicht so wahrgenommen worden. Ich habe grossen Respekt, wie der Bundesrat funktioniert hat.» Thematisiert wurden auch die in letzter Zeit immer mehr boomenden Verschwörungstheorien. Kochs Einschätzung: «So etwas gibt es bei jedem Problem. Eine freiheitliche Gesellschaft wie in der Schweiz muss das aushalten können, so lange nicht sektiererisch Leute verletzt werden.»

Ansteckungsketten verfolgen und mehr testen

Die seit geraumer Zeit wieder gestiegenen Corona-Ansteckungszahlen bereiten Koch Sorgen. «Im Moment ist die Situation sicher noch kontrollierbar. Aber aus meiner Sicht sind die Zahlen etwas zu hoch. Wenn im Winter alle anderen Viren noch hinzukommen, wird es schwierig, die einzelnen Coronafälle noch zu finden. Das Risiko einer zweiten Welle wird dann relativ gross. Die Lösung besteht darin, jetzt möglichst alle Fälle zu finden. Das heisst, man muss noch mehr testen und die Ansteckungsketten konsequent zurückverfolgen.» Im Moment müsse man sich darauf konzentrieren, zu versuchen, eine zweite Welle zu verhindern. «Wenn Testen und Contact-Tracing nicht reichen, muss man schauen, welche Einschränkungen Sinn oder eben keinen Sinn machen. Man sollte nicht im Voraus mit fixen Plänen operieren, denn Epidemien lesen keine Pläne. Sie haben ihr Eigenleben», so Koch.

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