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Uri

An der Polittour debattieren die Jugendlichen mit Einsatz und Humor

Pflege-Initiative, Klimawandel und die gesellschaftliche Polarisierung haben für lebhafte Debatten an der Kantonalen Mittelschule gesorgt. Ein Augenschein an der Polittour, die vom Jugendrat Uri organisiert wird.
An der Polittour Uri 2021 schnuppern Schüler des Kollegiums Altdorf politische Luft. (Bild: Christian Tschümperlin (Altdorf, 3. November 2021))
Emilie Gisler aus Altdorf stellte die Junge Mitte Uri vor. (Bild: Christian Tschümperlin (Altdorf, 3. November 2021))
Céline Walker aus Seedorf stellte die Juso vor. (Bild: Christian Tschümperlin (Altdorf, 3. November 2021))
Fabian Affentranger präsentierte die JSVP Uri. (Bild: Christian Tschümperlin (Altdorf, 3. November 2021))

Christian Tschümperlin

Christian Tschümperlin

Christian Tschümperlin

Christian Tschümperlin

Am Mittwoch ging die Polittour an der Kantonalen Mittelschule Uri in eine neue Runde: Etwa 100 Schülerinnen und Schüler des fünften und sechsten Gymnasiums diskutierten aktuelle politische Themen wie die Pflege-Initiative, den Klimawandel oder die gesellschaftliche Spaltung. Letzterem hat sich dabei vor allem die Junge Mitte Uri angenommen.

Bevor es losging, stellten die Parteien aber ihre jeweiligen Programme vor. Emilie Gisler sagte während der Präsentation der Jungen Mitte:

«Man sagt, wir seien vernünftig, weil bei uns eher links- und eher rechtsorientierte Jugendliche zusammenkommen und Brücken zwischen den Lagern bauen.»

Die Jungpartei war nach einigen Jahren Pause 2002 auf Basis einer Maturaarbeit erneut gegründet worden. Die Junge Mitte Uri setzt sich ein für eine starke Berufsbildung, Biodiversität und Klimaschutz, die Förderung von Sporttalenten oder gute ÖV-Verbindungen von und nach Uri.

Humor prägt Diskussion über Klimawandel

Unterdessen stellte Chiara Gisler aus Seedorf in einem Klassenzimmer nicht weit entfernt die Werte der Juso vor: soziale Gleichberechtigung und das Engagement gegen Rassismus und Sexismus. Ihre Kollegin Céline Walker, Geografiestudentin in Zürich, führte die Klassen 6d und 6c daraufhin in die Thematik des Klimawandels ein. Nach der Vorstellung einiger Daten und Fakten teilte sie die Gruppe in ein Pro-Massnahmen- und ein Kontra-Massnahmen-Lager ein.

Das Schlüpfen in für sie ungewohnte Meinungen meisterten die Schülerinnen und Schüler mit Bravour. «Es bringt nichts, wenn wir viel tun und andere tun nichts», hiess es aus der Kontra-Gruppe. Mehrere Länder müssten aber doch zusammenarbeiten, so die Entgegnung. Das Pingpong-Spiel der Meinungen begann und gipfelte in einer Pointe: «Wenn andere schon etwas tun, müssen wir ja nichts mehr tun.» – «Das könnte auf andere aber demotivierend wirken.» – «Nein, denn wenn sie erst einmal angefangen haben, sehr viel Geld zu investieren, werden sie nicht mehr damit aufhören», hallte es zurück. Ungewöhnliche Vorschläge zur Bekämpfung des Klimawandels sorgten für etwas Humor. So meinte Alin (17) aus Schattdorf:

«Wenn wir das Cannabis legalisieren, könnten wir eine Steuer auf das Kraut schlagen und so den Klimawandel bekämpfen.»

Linus Huber (18) aus Altdorf schien etwas konsterniert ob der gesellschaftlichen Entwicklung in der Schweiz: «Viele Leute sehen nur die wirtschaftlichen Einschränkungen und sind schlecht informiert über die Hintergründe.» Annika Naujoks aus Schattdorf hatte aber auch eine Kritik an die Adresse der Klimastreikenden parat: «Bevor man anderen Leuten Vorschriften macht, sollte man selber etwas tun.»

Ausländerpolitik ist in Uri weniger ein Thema

Fabian Affentranger von der JSVP leitete derweil eine Diskussion zur Pflege-Initiative, über die bald abgestimmt wird. Rückblickend hielt er fest: «Im Grossen und Ganzen haben die Schülerinnen und Schüler die Pflege-Initiative befürwortet.» Mit einem Wähleranteil von 25 Prozent ist die SVP die wählerstärkste Partei im Kanton. Die SVP setzt sich ein für die Förderung von Jungunternehmen, besonders KMU, für den Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen und den Ausbau der Axenstrasse, wie die Schüler herausfanden. «Ausländerpolitik ist in Uri weniger stark präsent», so Affentranger.

Während also JSVP und Juso für ihre Sache weibelten, war man bei der Jungen Mitte Uri sichtlich bemüht, entstandene gesellschaftliche Gräben wieder zuzuschütten. In der Diskussion ging es um Schwarz-Weiss-Denken und Polarisierung. Emilie Gisler aus Altdorf von der Jungen Mitte fand es schade, dass in der Gesellschaft die Unterteilung in gute und böse Menschen so weit verbreitet sei, beispielsweise in Geimpfte und Ungeimpfte. «Gut und schlecht, das beginnt schon in der Schule, wo es Schüler mit guten und schlechten Noten gibt», so Gisler. In Schweden und Finnland habe man die Schulnoten in unteren Klassen abgeschafft und das funktioniere gut.

In zwei Punkten herrschte Einigkeit

Derweil setzte man bei der Jungen GLP voll auf Trendthemen: «Wir fordern einen klimaneutralen Finanzplatz, einen besseren Schutz der Rechte der LGBTQ-Community, Tierschutz nach Biosuisse-Standards und die Legalisierung von Cannabis», erklärte Bernadette Orglmeister von der JGLP Uri, deren Gründung erst im Mai dieses Jahres erfolgt war.

Trotz vieler unterschiedlicher Standpunkte, in zwei Dingen waren sich selbst JSVP und Juso einig: dass man etwas gegen die staatliche Überwachung tun müsse und dass Forschung und Innovation bei der Bekämpfung des Klimawandels unabdingbar seien. Und Fabian Affentranger fand, dass selbst die Erwachsenen noch etwas von den Jugendlichen lernen könnten:

«Es wurde sehr lösungsorientiert diskutiert und die Jugendlichen scheuten sich nicht davor, ihre Meinung zu ändern, wenn Argumente der Gegenpartei überzeugender waren.»

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