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Uri

Als ein Schultag noch 2,4 Rappen kostete

Am kommenden Montag ist in den meisten Urner Gemeinden wieder Schulbeginn. Grund genug für einen kurzen Rückblick auf die Vergangenheit der Urner Schulen.
Schulunterricht im März 1954 in einem Klassenzimmer in Unterschächen. (Bild: Fotoarchiv Aschwanden, Staatsarchiv Uri)
Eine Schulklasse um das Jahr 1950 auf der Schulreise auf dem Schartihöreli. (Bild: Fotoarchiv Aschwanden, Staatsarchiv Uri)
Ein Klassenfoto aus Bürglen aus dem Jahre 1933. Abgebildet sind Schülerinnen und Schüler mit dem Jahrgang 1925 (Bild: Fotoarchiv Aschwanden, Staatsarchiv Uri)

Carla Arnold*

Carla Arnold*

Carla Arnold*

Das Schulwesen im Kanton Uri entstand im Spätmittelalter und entwickelte sich erst in der frühen Neuzeit weiter. Die erste Schulordnung stammt aus dem Jahre 1579. Als oberstes Ziel wird dort festgelegt, dass die Schüler schreiben lernen, ebenfalls werden Strafen für ungehorsame Kinder definiert.

Bereits Ende des 17. Jahrhunderts gab es in allen Urner Gemeinden eigene Dorfschulen. Diese Schulen wurden von den Pfarreien geführt und die Priester übernahmen oft den Schulunterricht. Auf dem Plan der sogenannten Deutschen Schulen standen vor allem Lesen und Schreiben, manchmal auch Rechnen.

Erste Grundschule nur für Oberschicht und Geistliche

Die erste Grund- und Lateinschule unterhielt das Land Uri in Altdorf. Die Schule blieb aber aufgrund der Kosten oft nur für die Oberschicht und für Jugendliche zugänglich, die den geistlichen Lebensweg einschlagen wollten. Immerhin wurde bereits im Jahre 1697 eine Schule für die Mädchen im Kloster der Kapuzinerinnen vom Oberen Heiligen Kreuz in Altdorf gegründet.

Lange Zeit herrschte ein mangelndes Schulinteresse, vor allem beim «gemeinen Volk». Der Bürgler Schulmeister Franz Xaver Triner, der sein Geld nebenbei als Kunstmaler und Organist verdiente, beschwerte sich im Jahre 1799: «Es ist zu bedauern, dass in einer so ansehnlichen Gemeinde so wenig Leüthe auch nur zur Noth Lesen und schreiben können, den Meisten Ligt wenig an der Schule, weith mehr aber an der Viehzucht, wass wird der Jugend an Aufklärung Ligen, wenn die ältern in der Thumheit schlummern!»

Damals gab es noch keinen obligatorischen Schulunterricht, deshalb kamen die Kinder oft unregelmässig zur Schule. Entsprechend stark schwankte die Grösse der einzelnen Klassen. Die Schulkinder fehlten bei schlechter Witterung oder wenn zu Hause ihre Mithilfe benötigt wurde. Viele Familien hatten nur wenig Geld zur Verfügung. Wenn die Kinder nicht zur Schule gingen, konnte auch das tägliche Schulgeld, das etwa 2,4 Rappen betrug, gespart werden. Im Winter mussten die Schulkinder neben dem Schulgeld auch einen Scheit Holz mitbringen, damit das Schulzimmer geheizt werden konnte. Dazumal gab es nur in Flüelen, Bürglen und Altdorf eigene Schulhäuser. Andernorts wurde im Pfrundhaus (Altenheim) oder Pfarrhaus unterrichtet, manchmal sogar beim Schulmeister zu Hause.

Unterricht, der nur im Winter stattfindet

Die Anzahl der Schulstunden variierte von Gemeinde zu Gemeinde, in einigen waren es fünf bis sechs Stunden, in anderen vier, mancherorts gar nur drei oder zwei Stunden Schulunterricht pro Tag. Auch bei der gesamten Schulzeit gab es grosse Unterschiede im Vergleich zu heute. Ende des 18. Jahrhunderts fand vielerorts nur während des Winters Schulunterricht statt. Viele Kinder konnten nur einen oder zwei Winter lang die Schule besuchen. Dies hatte zur Folge, dass die meisten Menschen nicht richtig schreiben und lesen konnten. Am Ende des 18. Jahrhunderts bestanden noch kaum Ausbildungsstätten für Lehrer. Die erste Lehrerbildungsstätte der Eidgenossenschaft nahm 1780 im luzernerischen Zisterzienserkloster St. Urban den Betrieb auf. Der Schulleiter Pater Nivard Crauer entdeckte bald, dass gute Lehrmittel die Voraussetzung für eine sinnvolle Lehrtätigkeit darstellen und entwickelte deshalb verschiedene Schulbücher, unter anderem: Anleitungen zur Rechtschreibung und zum Schönschreiben und auch ein Lehrmittel zur Rechenkunst. Diese Schulbücher fanden aufgrund ihres günstigen Preises ab dem Ende des 18. Jahrhunderts auch im Kanton Uri Verwendung. Davor wurden die Klassen mit Gebetbüchern, Katechismen und Handschriften unterrichtet.

Seit 1874 wird obligatorisch die Schulbank gedrückt

Die Zeit der Aufklärung beschleunigte den Wandel der Schulbildung. Der bekannte Pädagoge Jean Jacques Rousseau forderte, dass die Erziehung auf das Kind ausgerichtet werden müsse. Diese neuen pädagogischen Grundsätze manifestierten sich auch in der Urner Schulordnung von 1805. Unmündigen Kindern musste jetzt mit Freundlichkeit, Geduld und Liebe entgegentreten werden.

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreichte man eine Schulbildung für alle, nachdem in der Bundesverfassung von 1874 die Kantone verpflichtet worden waren, einen obligatorischen unentgeltlichen Primarschulunterricht anzubieten.

In der Sammlung Bilddokumente des Staatsarchivs Uri gibt es zahlreiche Fotos zum Thema Schule. Bilder aus dem Fotoarchiv Aschwanden geben interessante Hinweise, wie es früher in den Klassenzimmern aussah. Ein Klassenfoto aus dem Jahre 1933 beweist, dass in Bürglen über 50 Kinder in der gleichen Klasse unterrichtet wurden.)

*Carla Arnold, die Autorin des Beitrags zum Schulanfang, ist wissenschaftliche Archivarin beim Amt für Staatsarchiv der Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Uri. Der Beitrag erscheint im Rahmen der in loser Folge publizierten Serie «Aus dem Urner Staatsarchiv».

Quellen: Robert Fäh, Urner Schiefertafel, aus der Urner Schulgeschichte; Hans Stadler-Planzer, Geschichte des Landes Uri, Frühe Neuzeit, S. 271-272; Geschichtsfreund Nr. 33, 1878, S. 273- 314; Historisches Neujahrsblatt, 1897, S. 35; www.urikon.ch.

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