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Luzern

Umweltverbände fordern: Luzerner Bauern sollen weniger Schweine halten

Das Luzerner Umweltdepartement verletze Gesetze und verschleppe deren Vollzug systematisch, urteilen WWF, Pro Natura und Co. Nun haben sie eine Aufsichtsbeschwerde bei der Regierung deponiert. Die Bauern, die weniger Tiere halten sollen, können das nicht verstehen.
Zu viel Schweinegülle sorgt für überschrittene Phosphorgrenzwerte in Böden und Seen.  (Bild: Pius Amrein)

Lukas Nussbaumer

Die 32 Seiten starke Aufsichtsbeschwerde von WWF, Pro Natura, Birdlife sowie Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz gegen das Luzerner Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement bei der Gesamtregierung hat es in sich. Das Departement, teilten die Verbände am Montag mit, gehe das Problem der hohen Ammoniak- und Phosphoremissionen im Kanton Luzern «nicht entschlossen» an. So würden die Umwelt- und Gewässerschutzgesetze sowie die Luftreinhalteverordnung nicht eingehalten und deren Vollzug «systematisch verschleppt». Das Departement setze «wider besseres Wissen noch immer auf milde Massnahmen und Freiwilligkeit» (siehe Box).

Der angegriffene Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdirektor Fabian Peter (FDP) äussert sich «aus verfahrensrechtlichen Gründen» nicht zur Beschwerde. Zuständig für Auskünfte sei Regierungspräsident Reto Wyss. Dieser kann auf den Inhalt der Beschwerde nicht eingehen, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Er sagt jedoch:

«Die Vorwürfe sind happig. Wir sind deshalb interessiert, sie zügig zu klären.»

Fabian Peter respektive sein Departement werde «Stellung nehmen können, selbstverständlich aber nicht mitbestimmen, wie die Antwort auf die Beschwerde ausfällt», so der CVP-Politiker.

Anfang Jahr ist den Verbänden «der Kragen geplatzt»

Das Spannungsfeld, in dem sich Fabian Peters Departement befindet, ist hoch. Auf der einen Seite stehen die Umweltverbände, welche die hohen Tierbestände im Kanton seit Jahren anprangern. Auf der anderen Seite lobbyiert die Landwirtschaft, deren Bedeutung mit einem Anteil von sechs Prozent an den Beschäftigten doppelt so hoch ist wie im nationalen Mittel.

Für Kurt Eichenberger, Projektleiter der Aufsichtsbeschwerde und früherer Geschäftsführer des WWF Luzern, gewichtet das Bau- und Umweltdepartement die Argumente der Bauern aber zu stark. Jüngster Beleg sei die Anhörung einer Gruppe von betroffenen Bauern durch das Departement Anfang Jahr. Der Prozess zur Erarbeitung des Phosphorprojekts III sei abgeschlossen und die Landwirte gar nicht legitimiert gewesen für eine weitere Erörterung ihrer Positionen. «Trotzdem ist das Department auf die Gruppe eingegangen und wollte den Prozess nochmals aufnehmen. Da ist uns der Kragen geplatzt», so Eichenberger. Für die Ausarbeitung der Aufsichtsbeschwerde man aufgrund ihres hohen Detaillierungsgrads ein halbes Jahr gebraucht habe.

So klar die Haltung von Eichenberger und der Verbände ist – wirksamste Massnahme für eine Reduktion der Ammoniak- und Phosphorbelastung wären weniger Tiere – so verständlich sei die Reaktion der Landwirte. «Sie taten das, was sie durften. Die Beschwerde geht nicht gegen die Bauern.» Absolut unverständlich sei jedoch etwa, wenn das Departement die Ziele zur Ammoniaksenkung bis 2030 um 10 auf 20 Prozent senke, obwohl die Reduktion letztlich 70 Prozent betragen müsste.

Luzerner Bauernpräsident: Wortwahl der Umweltverbände passt in 1960er-Jahre

Jakob Lütolf präsidiert den Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband – und er versteht die 145 Landwirte, die den Kanton vor zwei Wochen vor Gericht gezerrt haben, weil sie die Verordnung zum Phosphorprojekt III als zu einschneidend erachten. Er kann jedoch nicht nachvollziehen, warum die Umweltverbände derart harsche Worte wählen. Der Landwirt aus Wauwil sagt:

«Die Tierbestände sind nicht zu hoch, sie müssen in Nährstoffbilanzen ja ausgewiesen werden. Auch das Gewässergesetz wird eingehalten.»

Für Lütolf sind die Phosphorprojekte rund um den Baldegger-, Sempacher- und Hallwilersee «eine Erfolgsgeschichte, weil eine deutliche Reduktion erreicht werden konnte». Die Wortwahl von WWF, Pro Natura und Birdlife passe in die 1960er- und 70er-Jahre, als die Schweinebestände tatsächlich zu hoch gewesen seien.

Was die Ammoniakbelastung angehe, befände man sich wegen des beschlossenen Massnahmenplans Ammoniak und den in den nächsten Jahren aus wirtschaftlichen Gründen sinkenden Tierbeständen «auf einem guten Weg». Ausserdem würden immer mehr Bauern ihre Gülle mit Schleppschlauchverteilern ausbringen und die Jauchesilos abdecken, was ebenfalls zu einer Senkung des Ammoniakausstosses aus der Landwirtschaft führen werde.

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