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Nidwalden

«Ultreia!» Immer weiter auf dem Jakobsweg!

Anfang des 14. Jahrhunderts wurde die Kapelle St.Jakob in Ennetmoos zum ersten Mal schriftlich als Pilgerort erwähnt. Auch im Jahr des Pfarrjubiläums ist das Pilgern ein wichtiges Thema.
Sie unterhielten sich über das Pilgerwesen in Ennetmoos, von links: Agnes Stöckli, Gaby Kündig, Pfarreileiter Markus Blöse und Thomas Wallimann auf dem Muschelbrunnen. (Bilder: Rafael Schneuwly (Ennetmoos, 24. März 2022))
Die «Pilgerecke» in der Kirche St.Jakob in Ennetmoos. (Rafael Schneuwly / Nidwaldner Zeitung)
Jakobswegschilder weisen den Pilgern den Weg Richtung Santiago de Compostela beziehungsweise Finisterre in Nordspanien.

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

«Nur wo du zu Fuss warst, bist du auch wirklich gewesen.» Dieser Satz von Johann Wolfgang von Goethe passt für die meisten Europäer zu einer Pilgerreise. Doch muss man beim Pilgern wirklich zu Fuss gehen? Diesen und anderen Fragen ist eine vierköpfige Ennetmooser Gesprächsgruppe nachgegangen.

Gaby Kündig machte ihre ersten Pilgerschritte im April 2021: «Als Ennetmooserin bin ich mit dem Jakobsweg vertraut. Doch war die Motivation zweitrangig. Ich hatte während der Pandemie einfach Zeit und wanderte deshalb während zehn Tagen meist allein von hier nach Fribourg.» Im Mai geht es weiter: zu Fuss von Fribourg nach Santiago de Compostela. Für diese Strecke will sich Gaby viereinhalb Monate Zeit nehmen.

Agnes Stöckli gehört der Jakobsgruppe in Ennetmoos an, die regelmässig kurze Strecken zurücklegt. 1999 schloss sie sich zum ersten Mal in Einsiedeln der Gruppe an; zusammen wanderten sie bis nach Genf. Die fehlenden Schweiz-Etappen von Konstanz nach Einsiedeln absolvierte Agnes Stöckli acht Jahre später allein: «Obwohl die Jakobswege im Normalfall gut ausgeschildert sind, verirrte ich mich in Konstanz und kam todmüde im Etappenort Tobel an.» Eine Fortsetzung der Wanderung von Genf Richtung Santiago de Compostela kann sich Agnes Stöckli nicht vorstellen.

Thomas Wallimann hielt sich nicht an die Empfehlung von Goethe, als er die Strecke nach Galizien vor dreissig Jahren mit dem Rennrad zurücklegte. Unter der Führung des Ennetmooser Pfarrers Walter Mathis waren sie eine Gruppe von vier Velofahrern und drei Autos mit zehn Begleitpersonen, die alle auf ihre Weise pilgerten. Heute zieht er folgendes Fazit: «Vom Pilgern, das damals noch kaum ein Thema war, hatte ich keine Ahnung. Wichtig waren die sportliche Leistung während vierzehn Tagen, die horrenden Tempi und die nicht immer perfekte Orientierung ohne GPS und Handy. Doch mit der Zeit wurde mir bewusst, dass auch ein Sportweg zu einem Pilgerweg werden kann.»

Auch Markus Blöse erinnert sich gut an seine bisher einzige Pilgerwanderung. Der junge Theologiestudent machte sich mit einem Freund auf den Weg von seinem Heimatdorf nach Rom. Als sie das nah gelegene Bonn durchquert hatten, wanderten sie so lang am Stadtrand entlang, bis sie am Abend wieder beim Ausgangspunkt ankamen. Die Fortsetzung der Pilgerreise war kurz, denn sie gelangten nur bis nach Trier und nicht bis zum Papst. Zudem wurden sie an den Pfarrtüren, wo sie anklopften, regelmässig abgewiesen. Heute weiss er: «Es kommt nicht darauf an, wo wir hinkommen, sondern wo wir sind.»

Pilger in Ennetmoos

Ennetmoos ist zwar kein Etappenort, doch kommen regelmässig Pilger an der Kirche St.Jakob vorbei. Dort tragen sie sich häufig im Pilgerbuch ein. Am 20. Juni 2016 schrieb ein Wanderer: «Müde, kraftlos und erschöpft komme ich heute um 14.00 Uhr an. Deshalb musste ich in der Kirche nach dem Stempeln eine halbe Stunde lang auf einer Bank schlafen.» Dann bedankt sich der Pilger für die Unterkunft, mit der er nicht gerechnet hatte. Wahrscheinlich konnte er im Pilgerzimmer des Pfarrhauses übernachten, das bei Notfällen zur Verfügung steht. Zudem nehmen Privatpersonen Wanderer für eine Nacht in ihrer Wohnung auf, wenn diese nicht mehr weiterwissen. Thomas Wallimann und seine Frau beherbergen auf diese Weise im Jahr zwischen zwanzig und dreissig Pilger.

Immer wieder kommt es zu dramatischen oder skurrilen Begegnungen. Pfarreileiter Markus Blöse erinnert sich an einen Pilger, der sich am Stanserhorn hoffnungslos verirrt hatte. Ein anderer war mit einem grossen Kreuz unterwegs und ein Dritter trug eine Art Franziskanerkutte, die gut zur Fasnacht gepasst hätte. Und wieder ein anderer hatte die Asche seines Hundes dabei, die er unterwegs zum richtigen Zeitpunkt verstreuen wollte.

«Chiläkino» am Hohen Donnerstag

Seit fünfzehn Jahren wird in Ennetmoos in der Nacht vor Karfreitag in der Kirche St.Jakob ein Film gezeigt; dieses Mal zum Thema «Pilgern». Trotz der späten Stunde finden sich in der Regel zwischen siebzig und hundert Personen ein. Unter ihnen befinden sich jeweils viele Junge. Auch dieses Jahr wird es nicht anders sein, denn mit den Jugendlichen wird im Religionsunterricht der ORS über das Pilgern gesprochen. Und so werden wohl auch in Zukunft immer wieder Reisewillige aus Ennetmoos mit dem Wort «Buen camino!» verabschiedet: «Ich wünsche dir viel Glück auf dem Weg zum hl. Jakob!»

Hinweis: Filmvorführung «Dein Weg» in der Kirche St.Jakob, 14. April, um 22 Uhr.

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