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Kolumne

«Ürner Asichtä»: Eine lebendige und lebensfreudige Gesellschaftsparty

Der Politologe Tobias Arnold über die Wichtigkeit der Fasnacht.

Tobias Arnold hegt eine Faszination für die Passstrassen.
Bild: Bild: Urner Zeitung

«Im Februar, im Februar, isch immer no alles stiif und starr.» Emil Steinbergers Auftritt als Bauer, der mit Pfeife im Mund und Milchkessel in den Armen die Bauernregeln erklärt, hat schon für manch herzhaften Lacher gesorgt. Und doch: Wenn man in diesen Tagen durch die Urner Gemeinden läuft, kommt einem unser Kanton alles andere als «stiif und starr» vor. Es ist Fasnachtszeit! Da sind Jung und Alt unterwegs, es wird sich verkleidet, gelacht und genarrt.

Die Fasnacht ist in unserem Kulturkreis ein wichtiger Fixpunkt. Genauso wie es Weihnachten und Ostern sind. Doch gerade im Vergleich zu Weihnachten und Ostern sehe ich einen wesentlichen Unterschied: Verbringt man den besinnlichen Heiligabend oder das Ostereiersuchen in der Regel im vertrauten Kreis der Familie, geht man an Fasnacht hinaus auf die Strassen und in die Kneipen. Es steht weniger die Familie im Fokus, sondern viel eher die Gesellschaft, oder etwas anders formuliert: das Gesellschaftliche. Die Fasnacht ist, wenn man so will, eine Art Schmelztiegel in unserer Gesellschaft: Ein Ereignis, wo sich alle treffen, die Lust am Verkleiden und am narrischen Treiben haben.

Wichtig: Jeder und jede kann an der Urner Fasnacht mitmachen. Bezeichnend dafür ist etwa die Tradition der Katzenmusik: Nimm einfach eine Trommel in die Hand, marschier los und trage zum einzigartigen hiesigen Sound der Fasnacht bei. Egal ob du CEO eines Unternehmens, Regierungsrat, Handwerker oder Akademiker bist; egal wie dein Bankkonto aussieht; egal welche politische Meinung du vertrittst: An der Fasnacht sind alle willkommen. Und alle dürfen ihre Kreativität ausleben und zeigen, was für Ideen in unserer Gesellschaft stecken; sei dies mit Guggenmusik-Darbietungen oder kreativen Konzepten für den Umzug.

Mit der Fasnacht werden in gewisser Weise auch die Reihen in unserer Gesellschaft geschlossen. Politische Grabenkämpfe werden ausgesetzt, im Vordergrund steht die Freude am Brauchtum. Interessant: In Deutschland und zum Teil in Österreich wird das Ende der Fasnacht mit dem «politischen Aschermittwoch» eingeläutet, wenn Parteiexponenten nach der frohen Fasnachtszeit wieder mit scharfzüngigen Reden gegen den politischen Gegner schiessen. Auch in der Schweiz werden gesellschaftliche Gräben nach der Fasnacht wieder in Erscheinung treten. Die Fasnacht soll und kann nicht über diese Gräben hinwegtäuschen. Doch ich finde, es tut uns gut, diese für ein paar Tage in den Hintergrund zu rücken und stattdessen die lebendige und lebensfreudige «Gesellschaftsparty Fasnacht» zu feiern. Alles andere als «stiif und starr» eben.

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