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Obwalden

Obwaldner Parteien wollen Kampfwahlen um Gerichtspräsidium

Bei den Kantonsgerichtspräsidien kommt es in Obwalden am 9. Februar 2020 voraussichtlich zur Kampfwahl. Während sich alle Parteien hinter die Wiederkandidatur von Monika Omlin und Lorenz Burch stellen, tritt der Kantonsgerichtspräsident II Roland Infanger ohne deren Unterstützung an.
Roland Infanger (links) nach der Vereidigung zum Kantonsgerichtspräsidenten vor sechs Jahren. Rechts sein Vorgänger Guido Cotter. (Robert Hess, Sarnen,
7. Juni 2013)

Franziska Herger

Die Parteien portieren eine neue Gegenkandidatin, die 39-jährige Juristin und Gerichtsschreiberin Andrea Imfeld-Gasser aus Ramersberg. Und erklären in einer Mitteilung auch deutlich, warum: «Die auf der Hand liegende permanente Überforderung sowie Führungsprobleme beim Präsidium II dürfen und können die Parteien nicht mehr tatenlos hinnehmen», heisst es da, und: «Ein Wechsel ist nun im Gesamtinteresse der Bevölkerung dringend angezeigt.»

Zurückgehend auf 2014 hätten die kantonale Rechtspflegekommission (RPK) und das Obergericht immer wieder einen starken Pendenzenanstieg und hohen offenen Bestand beim Kantonsgericht festgestellt. Auch seien seit 2014 überjährige Fälle stark angestiegen und könnten dem Kanton bei nicht zeitgerechter Erledigung grosse Probleme bescheren. Eine vertiefte Analyse habe immer wieder ergeben, dass die Schwierigkeiten speziell beim Kantonsgerichtspräsidium II bestünden. Infanger ist, wie an der jüngsten Kantonsratssitzung gesagt wurde, seit September krank geschrieben. Es bestehe Hoffnung, dass er ab Neujahr wieder arbeiten könne.

Er sei konsterniert von der Position der Parteien, sagt Roland Infanger auf Anfrage. «Ich finde sie haltlos und sachlich nicht begründet», so der Kantonsgerichtspräsident. Haben man doch im Präsidium II den tiefsten Pendenzenstand seit Jahren, unter anderem durch eine in diesem Sommer beschlossene fairere Verteilung der Fälle zwischen den drei Gerichtspräsidien.

Zu hohe Pendenzen und Zusatzkosten

Im Kantonsrat war in den letzten Jahren immer wieder auch von der grossen Pendenzenlast im Präsidium II zu hören. Zuletzt sagte RPK-Präsident Albert Sigrist (SVP, Giswil) im Mai dieses Jahres, die Entwicklung bereite grosse Sorgen. Zur Hilfestellung haben das Obergericht sowie der Kantonsrat seit 2016 ausserordentliche Pensen an Aushilfspersonal respektive zusätzliche Gerichtsschreiberpensen bewilligt. Dies, obschon sonst beim übrigen Staatspersonal ein Anstellungsstopp gilt. «Bis Ende 2019 beliefen sich die Zusatzkosten dafür beim Gerichtspräsidium II auf über 250000 Franken», schreiben die Parteien.

Dem Kantonsgerichtspräsidenten II seien verschiedene Hilfen zur Seite gestellt worden, sagt Ivo Herzog, SVP-Fraktionspräsident und in dieser Angelegenheit Sprecher der Obwaldner Parteien. «Seither ist viel Wasser die Sarneraa hinabgeflossen, ohne grosse Verbesserungen. Dass sich die Pendenzenlast bis Ende dieses Jahres stabilisiert habe, sei «das Minimum, das wir erwarten konnten. Doch die zusätzlichen Stellenprozente können kein Dauerzustand sein, die anderen Gerichtspräsidien müssen ja auch mit ihren Mitteln auskommen. Es herrscht grosse Skepsis darüber, ob sich die Lage in Zukunft unter dem jetzigen Gerichtspräsidenten verbessern würde.»

Ein Blick zurück: Der Sarner Roland Infanger war 2013 mit 62 Prozent der Stimmen zum Kantonsgerichtspräsidenten gewählt worden - entgegen der Empfehlung der Rechtspflegekommission, und auch damals schon ohne Parteiunterstützung, mit Ausnahme der SVP. Die anderen Parteien und die Kommission hatten einen auswärtigen Kandidaten bevorzugt.

Gelegenheit ergriffen, «einen schon vor sechs Jahren unliebsamen Gerichtspräsidenten loszuwerden»?

Diesmal versagt auch die SVP dem 55-jährigen Infanger die Unterstützung. «Wir haben Roland Infanger, wie dann ja auch das Volk, damals nach bestem Wissen und Gewissen unterstützt», sagt Ivo Herzog. «Heute sieht man das anders. Die Politik hat eine Aufsichtspflicht, daher musste man reagieren. Das hat auch die SVP erkannt.»

Im Vorfeld hatten die Parteien auf stille Wahlen gehofft, also einen Verzicht Infangers auf eine weitere Kandidatur. Diesbezüglich habe man auch mit ihm das Gespräch gesucht. «Man versuchte, ihm darzulegen, dass die Parteien eine andere Lösung bevorzugen würden», sagt Herzog.

Die Parteien hätten mit ihm nie inhaltlich das Gespräch gesucht, entgegnet Infanger. «Stattdessen teilte man mir schon Anfang Oktober mit, man erwarte, dass ich nicht mehr antrete. Andernfalls werde man eine Gegenkandidatur unterstützen.» Doch er habe nicht vor, seine Kandidatur am Mittwoch zurückzuziehen. «Ich kann nicht akzeptieren, dass die Politik mich deinstallieren will, wenn die Situation im Präsidium so gut ist wie schon lange nicht mehr. Entweder sind die Parteien über die Sachlage nicht im Bilde, oder ich kann nur darauf schliessen, dass hier die Gelegenheit ergriffen wird, einen schon vor sechs Jahren unliebsamen Gerichtspräsidenten loszuwerden.» Ihm gehe es auch um die Unabhängigkeit der Justiz: «Ich stelle mich dem Volk zur Verfügung. Es wird entscheiden müssen, wie schon 2013.»

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