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Luzern

Udligenswiler Bioimker Mario Burri: «Für mich war es der beste Frühling überhaupt»

Dank dem trockenen Frühling hat das Jahr für Bienenfreunde und Honiggeniesserinnen ausserordentlich gut begonnen. Das sagt nicht nur der Bioimker, sondern auch der Präsident des Verbands Bienen Schweiz.
Imker Mario Burri zeigt seine Udligenswiler Bienenvölker. Als Bioimker verwendet er ausschliesslich Holzmagazine. 
(Bilder: Manuela Jans-Koch (Udligenswil, 16. Juni 2020))
Um die Varroamilben bei einer Kontrolle zu entdecken, braucht es ein geübtes Auge.
Mario Burri zeigt eine prall gefüllte Wabe. Der tropfende Honig zeugt vom guten Frühling. 

Salome Erni

Salome Erni

Salome Erni

Mit ruhigen Bewegungen zieht sich Mario Burri die Imkertracht über den Kopf und fasst die gebeizte Holzkiste mit den Imkerutensilien. Vorbei am elterlichen Hof in Udligenswil führt der Weg zu den Bienenstöcken, wo er zur Beruhigung der Bienen bedächtig den Rauch entfacht. Wie sich herausstellen soll, wäre dieser gar nicht nötig gewesen und bald schon legt Burri die Schutzkleidung auf die Seite. Obwohl die Rigi in dunstige Wolkenschleier gehüllt ist, stimmt die wärmende Sonne die Bienen friedlich.

«Für mich war es der beste Frühling überhaupt», fasst Burri seine bisherige Honigernte zusammen. Seit acht Jahren imkert er auf dem elterlichen Biohof und ist heute Co-Präsident des Luzerner Imkerverbands. Zwei- bis dreimal die Woche verbringt er etwa zwei Stunden bei seinen Völkern. Dieses Jahr hat es sich gelohnt: Durchschnittlich neun Kilo Honig konnte der passionierte Bioimker Mitte Mai ernten – pro Bienenstock.

Alle seine Völker kamen gut über den Winter und auch die zahlreichen Jungvölker profitierten vom frühen Frühlingsbeginn. Beinahe wäre es zu trocken geworden, doch die Blumen blühten ausgiebig und boten den Bienen über lange Zeit ein grosses Nahrungsangebot. Für die Honigbienen sei auch positiv gewesen, dass die Bauern lange Zeit nicht mähen konnten. So kam der Löwenzahn zum Blühen und bescherte den Insekten einen Festschmaus. Die Blüte der Obstbäume ist laut Burri ebenfalls optimal gewesen. Die verschiedenen Sorten hätten nicht alle miteinander geblüht und den Insekten damit über lange Zeit reichhaltige Nahrung geboten.

Das ideale Bienenjahr

Schweizweit habe dieses Jahr jedes achte Volk den Winter nicht überstanden. Obwohl dies ein hoher Wert scheint, liegt er im normalen Bereich, sagt Mathias Götti Limacher. Der Zentralpräsident des Verbands Bienen Schweiz kann hingegen bestätigen, dass der diesjährige Frühling ausserordentlich gut gewesen sei für die Imkerei.

Götti Limacher erklärt, was das perfekte Honigjahr ausmacht. Denn auch wenn die Bienen im Winter noch im Bienenstock verweilen, hat dieser Einfluss auf die Honigernte. Ist er zu mild und fehlt die Kälte, begünstige dies die Vermehrung der Varroamilben, was sich dann im nächsten Jahr bemerkbar mache. Die Parasiten schwächen die befallenen Bienen und können zum Tod ganzer Bienenvölker führen. Glücklicherweise sei in diesem Jahr der Befall aber nicht alarmierend, bestätigt auch Burri.

Damit der Frühlingshonig reichlich fliesst, braucht es genügend Regen für das Pflanzenwachstum, doch keinesfalls zu viel: «Wenn es blüht, müssen die Bienen ausfliegen können, da wäre zu feuchtes Wetter hinderlich», sagt Götti Limacher. Auch die Bise oder besonders sonnige Tage können einen Einfluss haben: Der Nektar trocknet schneller auf den Blütenblättern ein, was das Sammeln für die Bienen erschwert. Ob nach dem Rekordfrühling auch der Sommer hervorragend wird, wagt Götti Limacher noch nicht zu prognostizieren. Zurzeit sehe es aber gut aus.

Der Waldhonig in Udligenswil ist auf gutem Kurs

Trotz den emsig herumschwirrenden Bienen öffnet Burri mit geübten Griffen sorgfältig das hölzerne Magazin. Routiniert wird eine Honigwabe herausgehoben. Es ist die eines Wirtschaftsvolkes, bei dem in diesem Frühling bereits einmal geschleudert wurde. Dass die Wabe schon wieder prall gefüllt ist, sieht man am tropfenden Honig und dem Gewicht: «Zwei bis drei Kilo» seien es.

Der Herr über 14 Bienenvölker blickt hoffnungsvoll in den Sommer. Im Wald überprüfte Burri die Tannläuse und zieht ein positives Fazit. Die zuckerhaltige Ausscheidung der Läuse, der sogenannte Honigtau, dient den Bienen als Futter und ist somit eine wichtige Voraussetzung für den Sommerhonig. Heftige Sommergewitter mit Hagel könnten dem Honigglück jedoch noch im Weg stehen. Starker Regen schwemmt die Lauspopulation von den Bäumen, weshalb die Bienen den süssen Honigtau nicht mehr aufnehmen können.

Die Honigernte variiert stark

Burri und Götti Limacher sind sich einig, dass das letzte Jahr besonders schlecht war. Der schwere und späte Kälteeinbruch im sowieso schon regnerischen Frühling und der Schneefall bei voller Blüte der Obstbäume seien gar nicht vorteilhaft gewesen. Doch auch der Sommer habe kaum Honig gegeben. Dies führte zu einer rekordtiefen Honigernte im Jahr 2019.

Götti Limacher betont, dass Schwankungen bei diesem Naturprodukt aufgrund von Blütenangebot und Wetterlage ganz normal seien. Man solle demütig sein, wenn nach schlechteren Jahren wieder honigreichere folgen. Er sagt:

«Dann gibt es halt in mageren Honigjahren auch mal Konfi auf das Brot.»

Umso grösser sei dann aber die Freude, wenn man wieder regionalen Honig geniessen könne, so Götti Limacher.

Die Preise des Honigs bleiben ohnehin auf einem konstanten Niveau. Gut einen Drittel des Honigs bezieht die Schweiz aus eigener Produktion, der Rest wird importiert. Dass ein Imker seinen Honig nicht verkaufen könne, sei höchst selten der Fall und selbst wenn, könne er problemlos gelagert werden. «Letztes Jahr waren wir ausverkauft», fügt Götti Limacher an. Trotz der hohen Nachfrage lebt in der Schweiz fast niemand vollständig von der Imkerei – zu herausfordernd seien die Wetterschwankungen.

«Jeder Honig ist fein» – trotz regionaler Unterschiede

Auf die Frage, ob es Honigjahre mit qualitativ besserem Honig gebe, erwidert Götti Limacher mit einem Lachen, dass doch jeder Honig fein sei. Man könne zwar keine groben Qualitätsunterschiede feststellen, doch der Geschmack unterscheide sich je nach Jahr, Imker und Wetterlage. Er hängt in erster Linie vom Nahrungsangebot der Bienen ab. Je nach Standort und Wetter sind andere Pflanzen für die Honigernte besonders ausschlaggebend, oft seien es im Frühling Obstbäume, Raps oder Löwenzahn, so Götti Limacher. Bei ihm in Maienfeld «schenke die Linde» im Sommer jeweils ein und präge damit das Aroma, meint er.

Im Unterschied zum Ausland gibt es in der Schweiz kaum reinen Sortenhonig, da die Schweizer Landschaft dafür zu klein strukturiert ist. Die vielfältigen Geschmäcker im Schweizer Mischhonig beschreibt Götti Limacher aber begeistert: Gelb, intensiv duftender Honig habe oft einen hohen Löwenzahnanteil, während Bergkräuter würzige Komponenten liefern. Wegen dieser Unterschiede gebe es bei Honigdegustationen auch immer wieder Leute, die erzählen, ein bestimmter Honig erinnere sie an ihre Kindheit. Götti empfiehlt, diese Vielfalt des heimischen Honigs einmal am eigenen Zmorgetisch mit zwei verschiedenen Honiggläsern auszuprobieren.

Auch der Udligenswiler Mario Burri ist sichtlich stolz auf seinen eigenen Honig und überreicht zum Abschied eine verlockend gelbe Kostprobe. Säuberlich legt er seine Imkerutensilien zurück an ihren Platz und hängt den Schleier auf, damit sie bereit sind für ihren nächsten Einsatz.

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