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Luzern

«U20»: «Du hast keine Ahnung!»

Fachmittelschülerin Celine Stadelmann über die Schwierigkeit, sich Fehler einzugestehen und anderen recht zu geben.

«Eine Giraffe hat mehr als sieben Halswirbel, schau dir doch den langen Hals an!», sage ich. «Nein, alle Säugetiere haben sieben. Ich weiss das, weil ich in Biologie aufgepasst habe», meint der Besserwisser mit einem überlegenen Grinsen. Langsam wird mir klar, dass ich (leider) im Unrecht bin. Doch was macht man nun? Zugeben, dass man falsch lag? Unmöglich. Irgendetwas zusammenreimen und weiter dagegenhalten? Macht nur Sinn, wenn es um Meinungsfragen geht, nicht aber bei einer faktisch belegten Aussage wie meiner kleinen Giraffenmisere. Bleibt nur noch die Möglichkeit, schnell ein genervtes «ist ja auch egal» zu murmeln und die Augen zu verdrehen. In solchen Momenten könnte ich den Besserwisser an seinen sieben Halswirbeln packen und richtig durchschütteln. Niemand mag Menschen, welche immer recht haben oder zumindest haben wollen.

Andererseits, wie würde es sich anfühlen, wenn ich im Recht wäre? Förmlich suhlen würde ich mich im Unwissen meines Gegenübers. Ich liebe es, recht zu haben. Die «Klügere» zu sein. Und ich wage zu behaupten, dass wir dieses Gefühl alle lieben. Weiter noch, sind wir nicht alle gemeinhin der gehasste Besserwisser? Verabscheuen wir nicht alle, zugeben zu müssen, falsch zu liegen? Ich bin mir sicher, für viele sind die Worte «du hattest recht» schwieriger als «Danke», «ich liebe dich», mein persönlicher Favorit «nein» oder, für die Lustigen unter euch, «Worcestersauce». Und was bringt es uns, immer im Recht zu sein? Wir bleiben in unserer eigenen «Bubble» von Meinungen und Fakten, welche auf uns zugeschnitten sind. Denn, wer immer recht hat, hört anderen nicht richtig zu, oder lässt sie nicht aussprechen. Und insgeheim ist uns doch allen klar, dass wir nicht immer recht haben. Warum also nicht einfach einmal sagen, «oh, stimmt, du hattest recht»?

Hinweis: In der Kolumne «U20» äussern sich Kantonsschüler zu frei gewählten Themen. Ihre Meinung muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen.

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