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Trotz Finanzdebakel: Emmer Verwaltung soll weiter wachsen dürfen

Wie weiter nach dem Nein zum Budget 2018? Diese Frage stellt sich jetzt in Emmen. Für den Gemeinderat ist klar: «Sparen über alles» ist nicht der richtige Weg.
Aussenansicht der Gemeindeverwaltung Emmen im Gersag. Bild: (Pius Amrein / LZ)

Politische Katerstimmung machte sich am Sonntag in Emmen breit. Das Volk hatte das Budget 2018 inklusive Steuererhöhung von 2,05 auf 2,17 Einheiten abgelehnt. Weil damit schon das zweite Budget für 2018 gescheitert ist, muss sich jetzt der Luzerner Regierungsrat einschalten: Der Emmer Gemeinderat muss der Regierung in den nächsten Tagen einen Budgetvorschlag zur Genehmigung unterbreiten. Ist die Regierung nicht einverstanden, darf sie eigenmächtig Korrekturen vornehmen.

Budget soll noch vor den Sommerferien stehen

Relevant ist dies insbesondere in Bezug auf den Steuerfuss. Der Regierungsrat ist berechtigt, die Steuern für Emmen zu erhöhen, falls er das für richtig erachtet, um die Gemeindefinanzen wieder ins Lot zu bringen. Mit welchem Steuerfuss Emmen an die Regierung herantreten wird, entscheidet der Gemeinderat an seiner Sitzung am Mittwoch. Gut möglich, dass dann das ursprünglich geplante Budget mit einer Steuererhöhung von 2,05 auf 2,25 Einheiten wieder aktuell wird. Dies allein schon deswegen, um einer Zwangs-Steuererhöhung durch den Kanton zuvor zu kommen.

Der kantonale Finanzdirektor Marcel Schwerzmann sagt auf Anfrage, man wolle den Emmer Budgetvorschlag möglichst rasch prüfen, damit die Gemeinde noch vor den Sommerferien ein rechtskräftiges Budget erhält. «Ziel ist, die Handlungsfähigkeit der Gemeinde Emmen rasch wiederherzustellen», sagt Schwerzmann. Tatsächlich kann Emmen aufgrund des budgetlosen Zustands seit Anfang Jahr nur noch die gesetzlich notwendigen Ausgaben tätigen. Praktisch sämtliche Investitionen sind blockiert.

Deshalb ist Dickerhof zurückgetreten

Auch wenn der Kanton bei den Emmer Finanzen jetzt mitbestimmt, geht in der Gemeinde die Arbeit nicht aus. Die Emmer Politik muss nun dafür sorgen, dass sich das Budget-Desaster von 2018 nicht wiederholt. Die Meinungen darüber, wie dies gelingen soll, gehen immer noch auseinander. Der abtretende Finanzvorsteher Urs Dickerhof (SVP) findet nach wie vor, dass das ursprünglich vom Gemeinderat geplante Budget mit einem Steuerfuss von 2,25 richtig gewesen wäre. «Danach wäre es darum gegangen, die Finanzlage Emmens zu stabilisieren, um anschliessend den Steuerfuss in drei Jahren um einen Zehntel herunterzuschrauben, in fünf Jahren um einen weiteren Zehntel.» Das wäre aber ein längerer Prozess gewesen. Und das sei auch der Grund für seinen Rücktritt: «Es ist richtig, dass diese Aufgabe jetzt von einer neuen Persönlichkeit im Gemeinderat mit einer längeren Perspektive angegangen wird»

Kündigungen von Gemeinde-Mitarbeitern nehmen stark zu

Doch für viele Bürgerliche geht es nicht ohne rigorose Sparmassnahmen. Aber «Sparen über alles» kommt für den Gemeinderat auch nicht infrage. Das wird deutlich in seiner Antwort auf zwei bürgerliche Vorstösse im Parlament. So kritisierte die FDP das Personalwachstum in der Gemeindeverwaltung (von 230 auf 250 Mitarbeiter zwischen 2013 und 2016) und forderte einen Wachstumsstopp.

Dies sei nicht realistisch, schreibt der Gemeinderat. Denn mit dem Bevölkerungswachstum würden auch die Aufgaben laufend zunehmen. Das betreffe insbesondere Bereiche mit gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen. So musste beispielsweise wegen zunehmender Fallzahlen bei der KESB Personal ausgebaut werden. Und weil im Schulhaus Gersag immer mehr Kinder unterrichtet werden, brauchte es einen zusätzlichen Abwart. Der Gemeinderat findet dramatische Worte, um seinen Spielraum bei der Verwaltung zu verteidigen: «Wenn das Ziel der Produktivitätssteigerung zur Obsession wird, führt das zu häufigeren Absenzen, verminderter Leistung und fördert Burn-outs bei Arbeitnehmenden.» Und dies sei in Emmen schon längst keine Theorie mehr, sondern zeige sich in einem Anstieg von Kündigungen, den der Gemeinderat als «bedrohlich» bezeichnet.

So haben zwischen Januar und Mai 2018 bereits 22 Mitarbeiter die Verwaltung freiwillig verlassen. Das sind mehr als im gesamten Jahr 2017. Die Fluktuation komme die Gemeinde teuer zu stehen, schreibt der Gemeinderat. Die Kündigung eines einzigen Mitarbeiters verursache Zusatzkosten von etwa 100'000 Franken. Noch teurer wird es bei Langzeitabsenzen, etwa infolge von Burnout. Die Kosten dafür belaufen sich gemäss Berechnungen des Gemeinderats auf 239'000 Franken pro Jahr.

Gemeinderat will seinen Lohn nicht senken

Nichts wissen von Sparen will der Emmer Gemeinderat auch beim eigenen Lohn. Die CVP hatte in einer Motion gefordert, dass die Emmer Gemeinderatslöhne auf das Niveau der grossen Nachbargemeinden gesenkt werden. Tatsächlich haben die Emmer Gemeinderäte, hochgerechnet auf ein 100-Prozent-Pensum, die höchsten Löhne in der Agglomeration Luzern. Die 177'000 Franken, die sie für ihr 80-Prozent-Pensum erhalten, entsprechen einem Vollzeit-Lohn von 221'000 Franken. Zum Vergleich: Ein Luzerner Stadtrat verdient nur 200'000 Franken pro Jahr.

Doch der Emmer Gemeinderat will an seinen Löhnen nicht schrauben, wie er in der Antwort auf die CVP-Motion klarmacht. Er ist einzig bereit, die Einkünfte aus Nebenbeschäftigung klarer zu regeln. Hingegen könnte sich der Gemeinderat eine Verkleinerung des Gemeindeparlaments vorstellen. Dies hatte ebenfalls die CVP gefordert. Eine Reduktion von 40 auf 32 Einwohnerrats-Sitze könnte bereits im Hinblick auf die nächsten Wahlen im Jahr 2020 umgesetzt werden.

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