notifications
Luzern

Trotz Debakel: Schulsoftware Educase ist im Luzerner Kantonsrat kein Thema

Kanton und Luzerner Gemeinden steckten viel Geld und Arbeit in ein Schulverwaltungsprogramm, das nun nie als fertiges Produkt eingesetzt wird. Doch die politische Aufarbeitung lässt auf sich warten.
Seit Einreichung des ersten Vorstosses im Juni 2021 zum Thema Educase sind bereits vier Kantonsratssessionen ohne Diskussion darüber verstrichen. In einer Woche folgt die fünfte. (Bild: Patrick Hürlimann (Sursee, 24. Januar 2022))

Alexander von Däniken

Wenn sich in einer Woche die 120 Luzerner Kantonsrätinnen und Kantonsräte in Sursee zur Märzsession treffen, spielt eines der grossen Themen der letzten Monate keine Rolle: das Scheitern bei der Schulverwaltungssoftware Educase. Zur Erinnerung: Allein der Kanton Luzern bleibt auf Investitionen von knapp einer Million Franken sitzen. Die Gemeinden haben nebst Geld in unbekannter Höhe viel Zeit und Energie in ein Projekt gesteckt, über dessen definitives Ende Kanton und Entwicklerfirma noch immer verhandeln. Die GLP-Fraktion will das Debakel von einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) untersuchen lassen und hat einen entsprechenden Antrag eingereicht. Das Parlament entscheidet in der Regel in der kommenden Session über den Antrag. Dieser fehlt nun auf der Traktandenliste.

Laut Kantonsratspräsident Rolf Bossart (SVP, Schenkon) ist der Antrag auf Traktandierung einer PUK für die nächste Session in der Geschäftsleitung des Kantonsrats lange und intensiv diskutiert worden. Die Geschäftsleitung habe beschlossen, die PUK nicht zu traktandieren, weil die formellen Voraussetzungen aktuell nicht gegeben seien. Es sei nicht um einen Entscheid für oder gegen die PUK gegangen, sondern nur um die Frage, ob diese für die kommende Session traktandiert werden könne. Konkret heisst es im Kantonsratsgesetz: «Bevor ein Mitglied des Kantonsrates einen Antrag auf Einsetzung einer Untersuchungskommission stellen kann, muss in einer Anfrage Aufschluss über die besonderen Vorkommnisse verlangt worden sein. Die Aufsichts- und Kontrollkommission kann einen solchen Antrag aufgrund ihrer Untersuchungen ohne vorangehende Anfrage stellen.» Zwar hat GLP-Kantonsrat Urs Brücker bereits im letzten Juni eine Anfrage zum Thema eingereicht. Sie ist aber noch nicht im Kantonsrat behandelt worden und unterscheidet sich laut Bossart auch inhaltlich zu sehr von der beantragten PUK, um sich damit ein umfassendes Bild machen zu können.

«Parlamentarische Notbremse»

Rolf Bossart betont, dass es seitens Geschäftsleitung keinerlei Absichten gebe, etwas zu verzögern oder zu verhindern. Im Gegenteil: Es seien auch in anderen Kantonen Erkundigungen eingeholt worden, wie mit einem solchen Antrag umgegangen werde. Man müsse sich aber an die Regeln halten, zumal eine PUK «die parlamentarische Notbremse sei, die dann eingesetzt werden soll, wenn die ordentlichen Kontrollinstrumente nicht mehr genügen». Aus diesem Grund müssten dem Kantonsrat durch die Behandlung der Anfrage über die besonderen Vorkommnisse zuerst die Grundlagen für den Entscheid verschafft werden, ob eine PUK eingesetzt werden soll. Bossart erwähnt, dass es noch andere Wege gebe, um die Vorkommnisse rund um Educase zu untersuchen. Auch erlaube das Kantonsratsgesetz der bestehenden Aufsichts- und Kontrollkommission des Kantonsrats (AKK), direkt einen Antrag zu stellen – ohne vorangehende Anfrage.

Mit dieser Auslegung des Gesetzesartikels ist die GLP-Fraktion nicht einverstanden. «Das Gesetz besagt bloss, dass eine Anfrage vorliegen muss. Und eine beantwortete Anfrage liegt vor, von Behandlung ist in keiner Weise die Rede», meint GLP-Fraktionspräsidentin Claudia Huser. Der Weg über die AKK komme nach wie vor nicht in Frage. «Die Probleme rund um Educase betreffen alle Gemeinden und interessieren auch die Öffentlichkeit. Das wäre mit einer AKK-Abklärung nicht per se gegeben.»

Die GLP werde deshalb an der Fraktionssitzung vom kommenden Mittwoch zwei Alternativen diskutieren. Entweder werde eine Anfrage eingereicht, die Aufschluss über diese Auslegung des Gesetzes geben soll. Aktuell seien diese Grundlagen nicht einsehbar und daher für Nicht-Geschäftsleitungsmitglieder kaum nachvollziehbar. Oder die Grünliberalen reichen nochmals eine Dringliche Anfrage ein. So oder so ist die Partei laut Claudia Huser enttäuscht, dass die politische Aufarbeitung eines Debakels von grossem Ausmass so viel Zeit in Anspruch nehme.

Kommentare (0)