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«Tourismus lebt von Emotionen»

Wo liegen die Herausforderungen im Tourismus im Alpenraum und mit welchen Entwicklungen ist zu rechnen? Auf solche Fragen versucht Branchenkenner Peter Furger Antworten zu geben.
Peter Furger weiss, dass der Tourismus für die Urner Bergregionen unverzichtbar ist. (Bild: Urs Hanhart, Altdorf, 21. November 2018)

Urs Hanhart

Die Enviso Umweltplanung AG führte am vergangenen Mittwoch im Unternehmerzentrum Q4 in Altdorf eine öffentliche Veranstaltung zum Thema «Tourismus im alpinen Raum – Entwicklungen, Chancen und Herausforderungen» durch, die rund 60 Interessierte anlockte. Im Zentrum stand ein längeres Referat von Peter Furger, der die Tourismusbranche aus vielen Blickwinkeln kennt.

Furger entwickelte unter anderem Destinationsstrategien für Regionen und war als Gesamtprojektleiter für die Skigebietsverbindung Andermatt-Sedrun verantwortlich. «In den Berggebieten gibt es Probleme, die zum Teil ans Existenzielle gehen», betont Furger einleitend. An sich habe die Schweiz alle Trümpfe in der Hand, um im Tourismus erfolgreich zu sein. Insbesondere in der Bergbahnbranche sei der Umsatz in den letzten rund zwanzig Jahren aber laufend zurückgegangen. Dies im Gegensatz zu Österreich, Frankreich und Italien, wo man es geschafft habe, die Umsätze zumindest zu halten.

«Ein Strukturenwandel, die das Loch hinunter geht»

«Mit den Strukturen stimmt etwas nicht», so Furger. Deshalb sei viel zu wenig investiert worden. Der Referent unterstreicht: «Für unsere Bergregionen ist der Tourismus unverzichtbar, denn jede vierte Person arbeitet in dieser Branche. Es muss Lösungen geben, sonst werden wir einen rasanten Strukturwandel mit einer Spirale, die das Loch hinunter geht, haben.»

Furger wies darauf hin, dass es 67 Länder gibt, die über Skigebiete verfügen. Der weltweite Konkurrenzkampf sei enorm, zumal es bei der Gesamtzahl der Skierdays eine Stagnation gebe. Am meisten zugelegt beim Bau von neuen Skigebieten habe in den letzten Jahren ganz klar China. Global gesehen sei der Tourismus seit einigen Jahren jene Wirtschaftsbranche mit dem grössten Wachstum in der Grössenordnung von vier bis sechs Prozent pro Jahr – und Europa sei der grosse Nutzniesser. Allerdings entfalle nur ein kleiner Teil davon auf Wintersport.

«Skifahren ist wichtig für uns und wird immer wichtig bleiben», so Furger. «Die grosse Entwicklung aber wird nicht beim Skifahren sein. Das muss man in der Schweiz erst noch kapieren.» Der Erlebnisgast gewinne immer mehr an Bedeutung. Für Ausflügler, die das Bergpanorama und den Schnee geniessen wollen, müsse man geeignete Produkte schaffen.

Der Gast verlangt heutzutage ein Gesamtprodukt

Furger bemängelte, dass in der Schweiz das Potenzial im Tourismus viel zu wenig konsequent ausgeschöpft werde. In den letzten zwanzig Jahren habe man einiges verschlafen und viel sei falsch gelaufen. «Wir leiden an verkrusteten Strukturen, die unbedingt aufgebrochen werden müssen», sagt der Referent. Man habe noch nicht erkannt, dass die Dienstleistungskette geschlossen sein sollte. Der Gast verlange heutzutage ein Gesamtprodukt. Ein weiteres Problem sei die häufig ungenügende Qualität der Hotels und deren fehlenden Betten.

Furger, der früher für die CVP im Grossen Rat des Kantons Wallis politisiert hatte, kritisierte auch die in seinen Augen übertriebene Bürokratie. Aufgrund der vielen, teils unsinnigen Auflagen sei es in der Schweiz enorm schwierig geworden, Projekte zu realisieren. Man müsse einen sehr langen Atem haben, um ein Vorhaben durchzuziehen. Gerade beim Bau der Skigebietsverbindung Andermatt-Sedrun sei es immer wieder zu Verzögerungen gekommen, was die Kosten in die Höhe getrieben habe. Auch am Arbeitsrecht übte Furger Kritik. Es brauche Änderungen, damit Saisonangestellte in den Berggebieten mehr – das heisst über den gesetzlichen Rahmen hinaus - arbeiten könnten.

Für Furger ist klar, was gemacht werden muss, um im Tourismus erfolgreich zu sein. «Wir müssen dort, wo wir gut sind, das Potenzial gezielter nutzen sowie vermarkten und die Produkte möglichst attraktiv gestalten», sagt der Referent. «Zudem brauchen wir professionellere Strukturen. In der Schweiz haben wir es viel zu lange verpasst, diese den Entwicklungen des Marktes anzupassen.» Der Tourismus lebe von Emotionen. «Wenn es gelingt, diese Emotionen zu wecken, dann spielt der Preis keine Rolle», ist Furger überzeugt.

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