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Luzern

Theologin Nicola Ottiger zur neuen Professorin für ökumenische Theologie ernannt – «Gott bleibt für mich das absolute Geheimnis»

Die Universität Luzern hat Dr. Nicola Ottiger zur Honorarprofessorin für ökumenische Theologie ernannt. Für die 51-Jährige gehören Glauben und Leben zusammen.
Die Theologie hilft ihr bei der eigenen Standortbestimmung: Nicola Ottiger ist neue Leiterin des Ökumenischen Instituts an der Universität Luzern. (Bild: Pius Amrein, (Luzern, 9. August))

Monika Wegmann

Die Wege der Menschen sorgen oft für Überraschungen: So wollte Nicola Ottiger in jungen Jahren Lehrerin werden, wurde jedoch Verwaltungsangestellte. «Die Arbeit gefiel mir, aber mir fehlte die intellektuelle Herausforderung, mein Wissensdurst galt religiösen und philosophischen Fragen», begründet sie den Entscheid von 1994, Theologie an der Hochschule Luzern zu studieren und zu promovieren.

Seit 2005 ist sie als Dozentin für Dogmatik und Fundamentaltheologie und seit 2007 auch für Liturgiewissenschaft am Religionspädagogischen Institut (RPI) der Universität Luzern tätig. Per Anfang August ist sie zur Honorarprofessorin und Leiterin des Ökumenischen Instituts an der Theologischen Fakultät ernannt worden, womit ihr langjähriges Engagement im Bereich der Systematischen Theologie gewürdigt wird.

Zwei Leidenschaften verbinden

«Ich bin glücklich, dass ich Theologie und Lehre verbinden kann. Das sind zwei Leidenschaften von mir», erläutert die 51-Jährige. Sie bleibt zeitlich reduziert Dozentin am RPI. «Dies ermöglicht mir die Leitung des Ökumenischen Instituts, das die drei Landeskirchen und der Kanton Luzern 1998 gegründet haben.» Hier erfolge eine wissenschaftliche Reflexion über nach wie vor wichtige ökumenische Fragen. Zum Beispiel: «Wie kann das Verhältnis der christlichen Kirchen in der säkularen und gleichzeitig religiös pluralen Gesellschaft gestaltet werden? Ökumene ist wichtig, sie hilft bei der Suche, miteinander zu einer neuen Einheit zu finden.» Es gebe etliche Fragen zu lösen, den Weg des christlichen Glaubens in der Zukunft, Einbezug der christlichen Migranten und den interreligiösen Dialog.

«In der Deutschschweiz funktioniert das Miteinander meist gut, doch die theologischen Fragen sind nicht vom Tisch»

sagt Nicola Ottiger eindringlich. Die gesellschaftlichen Entwicklungen und die schwierige kirchliche Situation, die derzeit viele Austritte zur Folge hätten, erforderten gemeinsame Überlegungen der christlichen Gemeinschaften.

Sehr wichtig ist ihr die Schnittstelle zwischen akademischer Theologie und kirchlicher Praxis. «Es geht darum, wie man die religiöse Lehre vermittelt, dieser Punkt ist zentral.» Hier brauche es auch einen kritischen Blick, ist Ottiger, welche die Nähe zur Basis pflegt, überzeugt. «Denn ohne die Lebenswelt der Menschen zu kennen, kann man keine Theologie vermitteln. Glauben und Leben gehören zusammen. Ich nehme das ernst und höre zu. Viele Menschen sind auf der Suche – oder erfinden sich ihre Religion selber.» Nicht zuletzt, weil insbesondere die römisch-katholische Kirche oft ein schlechtes Renommee hat. Dennoch:

«Wir dürfen den Dialog mit den Menschen nicht aufgeben. Es stellt sich die Frage, wie man heute über den Glauben reden – und wie ihn feiern soll.»

Nicola Ottiger ist sich bewusst, dass der christliche Glaube es heute im Alltagsleben der Menschen schwer hat. Glaube ist nicht «Wohlfühlspiritualität» und sollte nicht in Beliebigkeit verfallen. Es brauche ein Fundament, ist sie überzeugt. Deshalb bleibe die Vermittlung der religiösen Inhalte eine grosse Herausforderung. «Die Frage nach der Wahrheit hat eine lange Tradition. Das Christentum bietet etwas anderes als die Esoterik. Ich verstehe den christlichen Glauben als Einladung von Gott.» Für die Theologin bietet er Orientierung für ein gerechtes und befreiendes Zusammenleben. «Es geht um die spirituelle Orientierung in existenziellen menschlichen Fragen, verbunden mit sozialem Verhalten und Gerechtigkeit. Das ist die Aufgabe der Religion.»

Frauen kämpfen und hoffen weiter

Wichtig ist Nicola Ottiger zudem die feministische Theologie. Da gehe es um berechtigte Anliegen an den Glauben aus Sicht der Frauen. Sie betont, dass Frauen und Männer gleichberechtigt forschen sollten. An der Theologischen Fakultät Luzern habe dies eine lange Tradition. Mit Blick auf die Kirche stellt sie fest: «Dem Priestertum der Männer liegt kein Dogma zugrunde. Frauen haben die gleiche Berufung und das gleiche Können. Ich habe die Hoffnung, dass Engagement, Zeit und der Heilige Geist helfen.» Traditionen könne man überwinden. Sie hält es für denkbar, dass aus der Kirche Europas eine Initiative zum Priestertum für Frauen kommen könnte:

«Ich sehe Chancen für die Frauen in der römisch-katholischen Kirche.»

Sobald es um theologische Fragen geht, wird Nicola Ottigers Engagement spürbar. Wo steht sie als Katholikin heute? Ernst sagt sie: «Gott bleibt für mich das absolute Geheimnis. Es gehört zum Menschsein, darüber nachzudenken. Mit wissenschaftlichem Schaffen kann ich mich in den Diskurs einbringen. Die Theologie hilft bei der eigenen Standortbestimmung im Glauben. Auch mein Glauben kennt Zweifel. Die Suche nach der Wahrheit ist immer Grundlage der kritischen, wissenschaftlichen Reflexion.»

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