Kristina Gysi
«Die Teilzeitarbeit fristet in der Baubranche derzeit noch ein Mauerblümchendasein», sagt Urs Schwarzenberger, Geschäftsführer des Maler- und Gipsergeschäfts Schwarzenberger in Alpnach und Sarnen. Laut ihm hat das wohl etwas mit der «alten Schule» zu tun: «In weiten Teilen des Baugewerbes ist es halt noch immer so, dass der Mann arbeitet und die Frau zu den Kindern schaut», sagt er. «In der Malerbranche sind aber viele Frauen tätig, die gerne eine Möglichkeit hätten, auch nach der Familiengründung weiterzuarbeiten.» Die Anstellung in einem Teilzeitverhältnis sei in diesem Zweig des Baugewerbes deshalb besonders gefragt.
Aus diesem Grund ist Schwarzenberger Mitglied eines Projekts, das die Teilzeitarbeit im Maler- und Gipsergewerbe etablieren will. «Teilzeitbau» möchte die Branche durch das Angebot von Teilzeitjobs attraktiver gestalten und es den Arbeitnehmern erleichtern, den Beruf und das Privatleben miteinander zu vereinbaren. Schwarzenberger ist vom Vorhaben überzeugt:
«Durch dieses Angebot können wir gute Arbeitnehmer bei uns im Unternehmen behalten und jene Leute weiterhin beschäftigen, die sonst vielleicht etwas Anderes suchen müssten, zum Beispiel aufgrund privater Veränderungen.»
Schwarzenberger wurde von der Projektleitung direkt angesprochen – aufgrund seiner Erfahrung: Der Geschäftsführer bietet in seinem Unternehmen schon lange Teilzeitjobs an. Etwas, das allgemein immer mehr aufkomme: «Als ich in der Lehre war, gab es Teilzeitarbeit eigentlich nicht. Es ist gut, dass sie immer gängiger wird.» Nun eben auch in der Baubranche.
Wunsch nach Abwechslung
Das Planen ist durch das Angebot der Teilzeitarbeit nicht schwieriger, sagt Schwarzenberger: «In unserer Branche muss man ohnehin immer neu organisieren und flexibel bleiben.» Immer wieder gebe es Veränderungen und Notfälle – zum Beispiel, wenn jemand den Kaffee an die Wand leere, sagt er lachend. Der Mehraufwand halte sich bei ein bis zwei Teilzeitarbeitenden also in Grenzen. «Wenn es mehr sind, wird es aber schwierig, weil wir ein kleines Team zwischen acht und zehn Personen sind.»
Eine im Team ist Sabrina Ettlin. Die 27-Jährige arbeitet als Malerin bei Schwarzenberger, im Winter ist sie zusätzlich in einem Pensum von 40 bis 60 Prozent in der Gastronomie tätig. Das Teilzeitangebot spielt ihr in die Hände: «Durch die Arbeit im Restaurant habe ich eine tolle berufliche Abwechslung und auch mal andere Leute um mich», sagt sie. Sie komme aus dem Malerberuf, habe vor fünf Jahren aber entschieden, noch etwas Anderes sehen zu wollen. Nach einer Wintersaison in der Gastronomie wusste sie, dass sie beides machen möchte: Malen und Servieren. Nun ist sie zufrieden mit ihren zwei Teilzeitjobs. Zumindest dann, wenn sie beide ausüben kann. Durch den Lockdown wird sie im Restaurant derzeit nicht gebraucht. Das Vollzeitpersonal reiche aus, um das Take-away-Angebot zu bewältigen. «Ich vermisse es sehr, im Restaurant zu arbeiten», sagt sie mit einem kurzen Seitenblick zu ihrem Chef. Schwarzenberger nickt verständnisvoll. Die Abwechslung fehle einfach.
Weniger Temporäre, mehr Teilzeitangestellte
Schwarzenberger räumt auch den finanziellen Vorteil ein, den die Beschäftigung von Teilzeitarbeitenden bietet:
«Klar, Arbeitnehmer die weniger arbeiten, kosten auch weniger»,
sagt er. Tiefere Lohnkosten stünden bei dem Angebot aber nicht im Vordergrund. Er sehe einen Nutzen darin, weniger temporäre Arbeitskräfte zu beschäftigen: «So kennen die Kunden ihre Maler und die Maler ihre Kunden», sagt er. «Zudem schaffen beständige Mitarbeiter geschäftsintern ein gutes Klima, weil man einander kennt, eingespielt ist, und weiss, was man hat.» Das solle aber auf keinen Fall heissen, dass temporäre Mitarbeiter per se weniger wertvoll oder gar unproduktiver seien, betont Schwarzenberger.
Das Projekt wäre eigentlich im Spätjahr 2020 zu einem Ende gekommen. Wegen Corona wurde es aber um einige Monate verlängert. Schwarzenberger möchte aber auch nach Projektschluss weitere Teilzeitarbeitende beschäftigen: «Es ist wirklich eine gute Sache. Gerade für Paare, die sich die Kinderbetreuung teilen wollen oder für jene, die einer zweiten Beschäftigung nachgehen möchten.» Wenn weiterhin Bedarf da sei, werde er also auch in Zukunft Teilzeitjobs vergeben.