Wie ein grauer Wurm wird sich die drei Kilometer lange Tangente Zug/Baar ab 2021 durch die Ebene zwischen dem Baarer Autobahnanschluss und den Zuger Berggemeinden schlängeln. Bis es soweit ist, laufen die Bauarbeiten für das 200-Millionen-Franken-Projekt auf Hochtouren. Am Tag der offenen Baustelle konnte sich die Bevölkerung am Samstag ein Bild vom Stand der Bauarbeiten machen.
Seit Sommer 2016 ist die zwei- bis vierspurige Umfahrungsstrasse in Bau. Ziel des aktuell grössten Strassenbauprojekts im Kanton Zug ist es, die Ortszentren von Zug und Baar zu entlasten und den Verkehr von der Autobahn schneller in die Zuger Berggemeinden zu bringen. Im Zentrum von Baar sollen ein Drittel weniger Autos unterwegs sein. «Ich stehe diesem Projekt sehr positiv gegenüber. Am Morgen und Abend stehen heute Kolonnen in Baar. Die Tangente entlastet uns» sagt vor Ort Ernst Niederberger aus Baar. «Im Prinzip ist es wie im Sandkasten», am Hauptinstallationsplatz an der Inwilerriedstrasse erklärt der stellvertretende Projektleiter Falk Stolper den Stand der Arbeiten. Mit Blick auf einen kürzlich aufgeschütteten Lärmschutzwall zu beiden Seiten der Strasse sagt er: «Im Sandkasten bringt man die Wälle mit einer Schaufel in Form, wir tun es mit Bagger und Walze.»
Der Grund gleicht einem «Wackelpudding»
Auf der Strasse ist die erste Lage Schotter bereits aufgeschüttet. Als nächstes sind die Kies- und Asphaltschichten am Zug. Leider gleicht der Grund einem «Wackelpudding», wie Stolper sagt. Das führe dazu, dass die Vibrationen von den Bauarbeiten bis in die angrenzenden Quartiere der Inwilerriedstrasse zu spüren sind. «Das hat man aber schon während der Planungsphase gewusst», sagt er. Um den Grund zu festigen, sei deshalb zuunterst eine Geotextile eingesetzt worden. Die Geotextil-Rollen stehen derzeit unter der 65 Meter langen Fussgängerbrücke Inwilerstrasse, wo später als Teil der Renaturierungsmassnahmen ein Teich entstehen soll. Ein Dolendeckel verweist auf eine Drainageleitung unter der Tangente. Das Wasser auf der ganzen Strassenfläche von der Ägeristrasse bis zur Nationalstrasse wird gefasst und fliesst in ein Entwässerungsbecken, wo es gereinigt und in die Lorze abgeführt wird.
Während der Planungsphase kam es auch zu einer Überraschung. In der Nähe vom Knoten Industriestrasse haben Zuger Archäologen Raritäten aus der Eisenzeit entdeckt. «So etwas erlebt man nicht alle Tage. Ich habe beobachtet, wie sie buddelten und pinselten, es war eine Sisyphusarbeit», sagt Karl Habeler aus Baar. Die Fundstücke werden derzeit im Amt für Denkmalpflege und Archäologie untersucht und werden später im Museum für Urgeschichte Zug ausgestellt.
«Wo sehe ich den Veloweg von Baar nach Ägeri», will René Zurfluh aus Baar wissen. «Der Veloweg führt weiterhin entlang der Hauptstrasse», sagt Stolper. Einige Zuhörer werden sich daraufhin einig, dass sie punkto Velowege etwas mehr erwartet hätten. Bei der Unterführung Zugerstrasse trifft die Gruppe wieder auf Falk Stolper. Die Mitarbeiter der Tangente wechseln sich an den Infopoints ab.
Stolper erklärt der Gruppe nun die Spundwände. Diese ragen 24 Meter tief und wurden aus statischen Gründen angebracht. Weil dadurch das Grundwasser nicht mehr frei zirkulieren kann, wird ein Teil bereits im November wieder entfernt. Dann müssen auch die Stromleitungen erneut unterbrochen werden, weil die Bauarbeiter in den Sicherheitsbereich der Leitung gelangen. «Was geschieht mit dem Regenwasser, das in die Unterführung fällt?», will ein Zuhörer wissen. Dieses werde über Schächte abtransportiert, erwidert Stolper. Und warum wird am Knotenpunkt Zugerstrasse kein Kreisel gebaut? «Dann hätten wir die Unterführung länger machen müssen, das ist eine Kostenfrage.»
Sorge vor mehr Individualverkehr
Am Infopoint Geissbühl Tunnel ist eine Gruppe Anwohner von der Inwilerriedstrasse, die ihre Namen partout nicht in der Zeitung lesen wollen, in eine Diskussion vertieft. Der Tunnel wurde als Lärmschutzmassnahme gebaut und soll dazu beitragen, das Landwirtschaftsland über dem Tunnel zu erhalten. Einer der Anwohner will jede Wette eingehen, dass an der Lichtsignalanlage Knoten Margel grössere Rückstaus entstehen werden. «Ich nehme immer dasjenige Verkehrsmittel, das mich schneller ans Ziel bringt», fügt ein Zweiter an und verweist darauf, dass es nicht nur sinnvoll ist, den Individualverkehr attraktiver zu machen. Langfristig, so ein Dritter, führt halt doch nichts an neuen Verkehrsformen wie Carsharing vorbei.