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Luzern

Sympathisch im Auftreten, hart in der Diskussion – so politisierte der abtretende Krienser Stapi Cyrill Wiget

Nach 16 Jahren in der Exekutive tritt Cyrill Wiget (Grüne) zurück. Er erzielte zahlreiche Erfolge, doch es gelang ihm nicht alles.
Der abtretende Krienser Stadtpräsident Cyrill Wiget (Grüne) auf dem Dach des Stadthauses.  (Bild: Patrick Hürlimann (Kriens, 13. August 2020))
(Bild: Dominik Wunderli (Kriens, 23. August 2015))
Setzten zahlreiche Projekte gemeinsam um: Cyrill Wiget (rechts) und Matthias Senn.
(Bild: Nadia Schärli (Kriens, 9. Februar 2017))
Cyrill Wiget (links) beim Medienrundgang durch das neue Krienser Stadthaus. (Bild: Philipp Schmidli (21. Dezember 2018))
Cyrill Wiget posiert mit einem Elektrovelo im Jahr 2002.
(Bild: Archiv Luzerner Zeitung)
Cyrill Wiget in seinem Velogeschäft Velociped, dem er sich nun wieder verstärkt widmen will. (Bild: Patrick Hürlimann (Kriens, 13. August 2020))

Stefan Dähler

Stefan Dähler

Stefan Dähler

Stefan Dähler

Stefan Dähler

Stefan Dähler

«Die Krienser liegen mir am Herzen», sagte der Ende Monat zurücktretende Stadtpräsident Cyrill Wiget (Grüne, 57) einst am Rande eines Medientreffens. Dass das mehr ist als nur eine Floskel, glaubt man ihm gerne. Wiget ist im Umgang mit den Leuten offen, herzlich und sympathisch.

Dies dürfte dazu beigetragen haben, dass er vor 16 Jahren für die Grünen in Kriens erstmals einen Exekutivsitz erobern konnte. Damals wurde er Leiter des Umwelt- und Sicherheitsdepartements. Vor fünf Jahren gelang ihm dann als erster Grüner im Kanton Luzern die Wahl in ein Gemeindepräsidium. Die Freude war damals gross:

Wer in ihm den netten Grussonkel-Stapi sieht, unterschätzt Wiget jedoch. Als Inhaber eines Velogeschäfts und Cafés brachte er auch eine unternehmerische Sicht in die grüne Politik ein. Er trug so dazu bei, dass die Ortspartei ein eigenes Profil entwickeln und bei den letzten Wahlen die SP überflügeln konnte. Wenn es um politische Inhalte ging, konnte Wiget knallhart für die Anliegen kämpfen, die er für richtig hielt, was bei seinen politischen Gegnern nicht immer nur auf Gegenliebe stiess. Wirkte er als Stapi zu wenig ausgleichend? Er sieht das nicht so:

«Wir sind gewählt, um uns hart für die Interessen der Gemeinde einzusetzen. Weil ich viel Zeit und auch Herzblut investiert habe, bin ich hart in der Sache, aber fair in Umgang und Ton.»

Erfolgreiche Projekte seien immer Zusammenarbeitsprojekte gewesen, bei denen Menschen miteinander ringen. «Ich erinnere mich gerne an die Lösung mit der Stadt Luzern und Horw für die Nutzung der See-Energie, mit der Genossenschaft Sonneberg für den Bioweinberg, oder die Einsätze zusammen mit Horw und Luzern beim Kanton für das gelungene Freigleis.»

Lange Zusammenarbeit mit Matthias Senn

In der Zusammenarbeit hebt Wiget Bauvorsteher Matthias Senn (FDP) hervor, mit dem er – die Zeit im Einwohnerrat mitgerechnet – insgesamt 24 Jahre gemeinsam in der Krienser Politik aktiv war. «Bei der Planung der Zentrumsentwicklung, des Stadions Kleinfeld, des Parkbads, des Bypasses oder der Entwicklung in Luzern Süd haben wir viel und gut zusammengearbeitet.»

Kriens sei in dieser Zeit moderner geworden und habe eine zukunftsgerichtete Infrastruktur erhalten. Seit 2019 nennt sich Kriens zudem Stadt, nicht mehr Gemeinde. «Auch dafür habe ich mich eingesetzt, weil ich uns Kriensern mehr Selbstbewusstsein beim Einsatz für einen noch attraktiveren Lebensraum mitgeben wollte.» Zur attraktiven Stadt gehöre immer auch der Naherholungsraum in der Natur, auch dafür habe er viel Energie investiert.

Zwar sorgten die Kostenüberschreitungen bei den letzten zwei Teilprojekten des neuen Zentrums zuletzt für viel Kritik. «Das wäre nicht notwendig gewesen, schade, es hat den Abschluss getrübt. Doch langfristig wird der Effekt des Projekts positiv sein.»

Er blickt auch auf Misserfolge zurück

In einigen Dingen sei er aber auch gescheitert, sagt Wiget rückblickend. «Es ist mir nicht gelungen, den Stadtrat strategischer auszurichten, wie dies bei der Departementsreform 2016 vorgesehen war.» Dafür müsste im Gegenzug die Verwaltung gestärkt werden. Mit diesem Anliegen sei er intern aufgelaufen. «Stadträte sehen sich noch zu stark als Leiter eines Departements und sind zu stark operativ tätig. Aus meiner Sicht ist das nicht mehr zeitgemäss und auch fast nicht mehr leistbar, die Geschäfte sind zu komplex geworden. Ich hoffe, dass nun die Neuen diesen Umbau vornehmen.» Angekündigt haben sie dies ja bereits. Auch mit dem Wahlversprechen für eine stärkere Zusammenarbeitskultur mit dem Parlament, mit den Nachbargemeinden oder der Verwaltung sei er «nicht so weit gekommen, wie ich hätte kommen wollen».

Insbesondere bedauert es Wiget, dass man im Streit um die Nebeneinkünfte der Stadträte keinen Weg gefunden hat, diesen intern zu lösen. Stattdessen warfen ihm die anderen Stadträte in einer öffentlichen Mitteilung vor, den Vorschlag des Stadtrats nicht mitzutragen. «Weil ich nicht hinter diesem stehen konnte, wollte ich lediglich, dass jemand anders zum Dossier Auskunft gibt. Schade, es hat uns allen am Ende geschadet», sagt er. Der Stadtrat arbeitete danach zwar weiter professionell zusammen, das persönliche Verhältnis wirkte jedoch von aussen betrachtet belastet.

Grosser Einsatz im Bypass-Dossier

Wigets Wirken als Stapi war aber mehr als diese eine Geschichte. Den Kampf für eine stadtverträglichere Lösung beim Autobahnprojekt Bypass führte er mit grossem Engagement, was ihm gar den Respekt der SVP einbrachte. «Es wäre die absolute Krönung, wenn wir in ein paar Jahren sagen können, dass wir für Kriens einen Park über der Autobahn erkämpfen konnten.»

Einsatz zeigte Wiget zuletzt auch für die sozialräumliche Entwicklung im neuen Stadtteil rund um den Mattenhof, das Konzept für die Umgestaltung der Luzernerstrasse und etwas vorher für das Gesamtverkehrskonzept. «Nun haben wir gute Konzepte als Grundlage für die künftigen Planungen erstellt und mit der Sicherung des Areals Grabenhof vor kurzem noch einen grossartigen Erfolg erzielt.» Auf diesem soll eine grosse Freizeitanlage für den neuen Stadtteil rund um den Mattenhof entstehen.

Wiget teilte bereits 2019 mit, dass er für eine weitere Legislatur nicht mehr zu Verfügung steht. Dies im Gegensatz zu seinen Kollegen, die nun nicht mehr wiedergewählt worden sind. Dass er ohne die Konflikte noch eine Legislatur angehängt hätte, sei durchaus möglich. «Doch der Rücktritt war die absolut richtige Entscheidung. Ich habe den Erneuerungswunsch in der Bevölkerung gespürt und damit ein Zeichen gesetzt.»

Per Zufall in Kriens gelandet

Cyrill Wiget hat die Stadt sehr lange und stark mitgeprägt. Dass es gerade Kriens war, ist allerdings einem Zufall geschuldet. Er ist im Kanton Basel-Land aufgewachsen, hat danach in Luzern Theologie studiert und als Religionslehrer gearbeitet. Dann kam die Idee auf, eine Selbsthilfewerkstatt für das Veloflicken und -bauen zu gründen. «In Kriens wurde damals 1988 gerade ein Lokal frei», erinnert sich Wiget. Es hätte genauso gut auch in einer anderen Gemeinde stehen können.

Die Leitung des Velogeschäfts gab Wiget bis heute nicht ganz ab, was ihm teilweise auch vorgehalten wurde. Um eine zusätzliche Einnahmequelle neben der Politik sei es ihm nie gegangen, sagt Wiget. Viel mehr sieht er sein Geschäft als Massnahme zur Veloförderung. «Für Autos gibt es schon lange eine gute Infrastruktur und gute Qualität. Ich wollte dazu beitragen, dass das auch für Velos der Fall ist. Politisch mit besserer Infrastruktur, geschäftlich mit Service und Qualität.»

Ein weiterer Grund ist, dass Wiget immer auch ein Bein im Gewerbe haben wollte, sodass er frei über den Moment des politischen Rücktritts entscheiden konnte. «Ich fühlte mich immer als politischer Unternehmer oder unternehmerischer Politiker», sagt er. «Das Velo als Produkt dazu ist meine Leidenschaft. Ich bin überzeugt, dass es für die städtische Mobilität, die Umwelt und auch für die eigene Gesundheit ein Segen ist.»

Nun will sich Wiget wieder verstärkt auf seine Firma, die ihren Sitz nur wenige Meter vom Stadthaus entfernt hat, konzentrieren. Er freut sich darauf, wieder mehr Zeit für die Weiterentwicklung des Unternehmens und die über 30 Mitarbeitenden zu haben. «Der Takt für Stadtrat und Gewerbe nebeneinander wurde mir zu hoch, das ist ungesund. Man kommt nie dazu, gründlich über etwas nachzudenken. Diese Hektik führt letztendlich zu Lösungen, die zu wenig durchdacht sind.»

Wiget will weiterhin Einfluss nehmen

Ganz lässt die Politik Wiget aber nicht los. «Ich werde auch als Unternehmer versuchen, in Kriens Einfluss zu nehmen, etwa für ein verkehrsberuhigtes Zentrum.» Weiter wird er sich innerhalb der Partei engagieren. Das Ziel sei es, mehr Frauen an Bord zu holen, hier haben die Krienser Grünen Nachholbedarf. Was er sonst noch so genau plant, lässt Wiget noch offen. Mit einem Augenzwinkern sagt er:

«Wer also hofft, dass ich nun
ruhig werde, freut sich zu früh.»

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