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Luzern

Sursee wird zur Bühne: Ein Spaziergang durch die Jahrhunderte

Das Somehuus Theater feiert seinen 40. Geburtstag mit Geschichte und Geschichten aus Sursee.

Die ganze Welt sei eine Bühne, deklarierte Shakespeare. Da es sich beim Somehuus in Sursee um ein Kleintheater handelt, wird nicht gerade die ganze Welt in Beschlag genommen, aber doch das historische Städtchen. Eigentlich ist das 1979 gegründete Theater Somehuus ein klassisches Kleintheater, das Kunstschaffenden jeglicher Couleur eine publikumsnahe Bühne bietet. In unregelmässigen Abständen bringt das als Verein organisierte Theater aber auch Eigenproduktionen mit Laienschauspielern zur Aufführung. Mit «Späck vo vorgeschter» wird nun das 40-jährige Bestehen gefeiert – da darf es auch mal etwas grösser sein.

«Es ist das erste Theater, das extra für uns geschrieben wurde», erklärt die Vereinspräsidentin Lisa Birrer-Brun, die als Produktionsleiterin seit drei Jahren am Projekt arbeitet. Momente aus dem Leben in Sursee wollten Sie darstellen. Diese fanden sich in historischen Dokumenten und in den Erzählungen von alteingesessenen Einwohnern. Fünf solche Geschichten verarbeiteten die Autoren Georges Müller und Ueli Blum dann zu Szenen, die unter freiem Himmel an verschiedenen Standorten rund um das Städtchen aufgeführt werden. Natürlich hätten sie noch viel mehr Material gehabt, sagt Lisa Birrer-Brun: «Die Herausforderung war, für jede Geschichte auch die passende Bühne zu finden.»

Zwei Jahre Vorbereitungszeit

In Sursee zeigte man sich offen für das Projekt: «Die Stadt wie auch die angefragten privaten Landbesitzer haben uns die Spielorte unkompliziert zur Verfügung gestellt.»

Nach über zwei Jahren Vorbereitungszeit ging es dann im vergangenen Winter richtig los. Unter der Leitung der Oltener Regisseurin Käthi Vögeli wurden die Rollen besetzt und die Probetätigkeit aufgenommen. 27 Darsteller, von der Schülerin bis zum Pensionär; eine Herausforderung? «Ein Laientheater ist immer auch eine Schulung,» sagt Käthi Vögeli. «Aber richtig eingesetzt haben Amateure ein grosses Potenzial.»

Damit sie dieses Potenzial auch ausleben können, wird die Produktion professionell begleitet. Nicht nur die Regie, auch Technik, Maske und Kostüme liegen in den kundigen Händen erfahrener Berufsleute. In einer Szene ist mit Donne Cantabile ausserdem noch ein kompletter Frauenchor beteiligt. Der beträchtliche Aufwand führte zu einem ebensolchen Budget: 100 000 Franken sind veranschlagt, fast das doppelte der bisherigen Eigenproduktionen. Aber ebenso gross ist das Interesse. «Über 75 Prozent der Karten wurden schon vor der Premiere verkauft», sagt Lisa Birrer-Brun. Immerhin musste man keine aufwendigen Kulissen bauen, da der Ort selbst das Bühnenbild ist. Freilich, ein paar Requisiten waren dann doch nötig, zum Beispiel ein Auto aus den 60er-Jahren mit dazugehörigem Wohnwagen.

Sie erzählen von geplatzten und erfüllten Träumen

Und was wird denn hier nun gezeigt und berichtet aus alter Zeit? Pro Abend werden drei Gruppen von maximal 30 Zuschauern zu den Spielorten geführt, wo sie Zeugen werden von Szenen, die sich so abgespielt haben könnten. Ganz vertraute Situationen sind darunter wie auch solche, die wir uns heute nur schwer vorstellen können. Da gerät eine Familie auf dem Weg in den Urlaub aneinander und rasch zeigt sich, dass der Stau nicht ihre grösste Sorge ist. Zwei Mägde rechnen bitterböse mit ihrem kirchlichen Herrn ab, doch können sie der Autorität des Abts wirklich widerstehen? Ein Arzt bereitet sich mit Frau und Kindern auf die Reise nach Amerika vor, aber warum will er Sursee überhaupt verlassen?

Jede der fünf kurzen Geschichten erzählt auf ihre Weise von einer Vision. Das kann durchaus lockere Unterhaltung sein, wenn der Gastarbeiter auf der Vespa rumkurvt, der wohlhabende junge Landwirt im 19. Jahrhundert Liebesbriefe im rasanten Takt von WhatsApp-Nachrichten verschickt und ein Pouletschenkel als Monstranz behandelt wird. Doch Freud und Leid sind stets nah beieinander. Träume können platzen, sie können aber auch wahr werden. Jede Szene entwickelt einen Spannungsbogen, lässt das Publikum hoffen und leiden und oft genug nachdenklich zurück.

Das engagierte Schauspiel der Akteure, die stimmigen Gewänder und Szenerien an sich sind schon ergreifend. Noch grösser ist das Vergnügen wohl, wenn man über historisches Hintergrundwissen verfügt. Die vorgängige Lektüre des Programmhefts ist deshalb auf jeden Fall empfehlenswert. Und dann sind ja da noch die Charaktere, welche den Weg zu den Schauplätzen weisen. Sie führen in die Thematik ein, geben Anekdoten zum Besten – ganz nach individuellen Talenten mal gespielt, mal gesungen – und sorgen so dafür, dass die Besucher während des ganzen Rundgangs stets den verlockenden Duft des «Späck vo Vorgeschter» in der Nase haben.

Aufführungen bis 27. September, jeweils Do, Fr, Sa (ausser 31. August). www.somehuus.ch

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