Nicht mal ein halbes Jahr ist seit der Abstimmung über die kantonalen Aufgaben- und Finanzreform (AFR) 18 vergangen. Und Anfang des nächsten Jahres tritt die Vorlage, welche eine Umverteilung der öffentlichen Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden vorsieht, überhaupt erst in Kraft. Doch schon jetzt spüren diverse Gemeinden negative Auswirkungen dieser «Mega-Reform».
Nach der Stadt Luzern, Horw und Udligenswil machen nun auch vier Landgemeinden ihrem Ärger Luft. So budgetieren Sursee, Schenkon, Eich und Mauensee für das nächste Jahr rote Zahlen. «Die zum Teil massiven Defizite sind unter anderem auf die AFR zurückzuführen», sagte Sursees CVP-Finanzvorsteher Michael Widmer am Mittwoch vor den Medien.
Eich zahlt statt 60 Franken pro Einwohner 405 Franken
Konkret rechnet Sursee mit einem Defizit von 3,8 Millionen Franken, bei Schenkon ist es eines von 620'000 Franken. Noch keine definitiven Zahlen liegen in Eich vor. SVP-Finanzvorsteher Hans Jörg Hauser rechnet aber mit einer Mehrbelastung durch die AFR von rund 660'000 Franken, wie er ausführte. Auch in Mauensee müssen die Zahlen noch von der Rechnungs- und Controllingkommission geprüft werden. FDP-Finanzvorsteher Michael Gisler geht von einer Zusatzbelastung von «mehreren 100'000 Franken» aus, wie er sagte. «Das sind ein bis zwei Steuerzehntel und zwingt uns, künftig wieder über eine Steuererhöhung reden zu müssen.»
Noch fassbarer werden diese Zahlen, wenn die Belastung pro Einwohner angeschaut wird. Zur Erinnerung: Die AFR sieht einen sogenannten Härtefallausgleich vor. Dieser wurde eingeführt, um jene Gemeinden während sechs Jahren finanziell zu unterstützen, welche durch die Finanzreform belastet werden. Konkret dürfte diese Belastung maximal 60 Franken pro Einwohner betragen. In Eich liegt dieser Wert nun aber bei 405 Franken pro Einwohner – inklusive den bereits mitgerechneten Ausgleichszahlungen. In Sursee liegt die Pro-Kopf-Belastung zwischen 120 und 200 Franken, in Schenkon bei 140 Franken. In Mauensee liegen noch keine definitiven Zahlen vor.
Steuerfussabtausch und Ergänzungsleistungen machen zu schaffen
Ein Grund, wieso sich die AFR derart negativ auf die vier Gemeinden auswirkt, liege im Steuerfussabtausch. Während der Kanton seine Steuern um einen Zehntel erhöht, müssen die Gemeinden einen Zehntel runter. Auf das drohende Defizit können die Gemeinden also nur mit Sparmassnahmen oder Kompensationen reagieren.
Ein weiterer Grund sei, dass der Kanton und der Verband der Luzerner Gemeinden (VLG) bei der Berechnung auf veraltete Zahlen aus nur einem Rechnungsjahr setzten, argumentierten die vier Finanzvorsteher. «Darauf haben wir bereits vor der Abstimmung im Mai hingewiesen – ohne Erfolg», monierte Michael Widmer. Ihm zufolge erhält die Stadt Sursee beispielsweise rund zwei Millionen Franken weniger von den ordentlichen Steuern sowie von den Sondersteuern, welche neu zu einem grösseren Teil zum Kanton fliessen. Auch bei den Ergänzungsleistungen zur AHV und IV müsse die Stadt tiefer in die Tasche greifen, als ursprünglich vorgesehen, so Widmer.
Forderungen an Kanton und Gemeindeverband
Dass sich nun Sursee, Schenkon, Eich und Mauensee kritisch über die AFR äussern, überrascht nicht. Die vier Gemeinden waren im Nein-Komitee gegen die Reform, die im Mai vom Stimmvolk mit 56,9 Prozent angenommen wurde.
Überraschender ist jedoch, mit welcher Deutlichkeit die Gemeinden Forderungen an den Kanton und den VLG stellen. «Der Härtefallausgleich muss angepasst werden», so Widmer. Sollte dies nicht möglich sein, fordern die Gemeinden eine Justierung der neuen Aufgabenverteilung in der AFR. «Sollten der Kanton und VLG untätig bleiben, ziehen wir den Austritt aus dem VLG in Erwägung», sagte Schenkons CVP-Finanzvorsteher Ignaz Peter stellvertretend für alle vier Gemeinden.
Bevor sie diese Reissleine ziehen müssen, hoffen die Finanzvorsteher aber auf die Begleitgruppe AFR. Darin sollen sowohl finanzstarke als auch finanzschwächere Gemeinden aus allen Regionen vertreten sein. Eine erste Sitzung soll noch in diesem Jahr stattfinden.