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Südpol: Das Haus der verschiedenen Wahrnehmungen

Erhält die freie Szene im Südpol genügend Platz? Nein sagt der Vorstand, der geschlossen zurückgetreten ist. Die Geschäftsleitung widerspricht. Am 5. Juli fällt ein erster Entscheid.
Der künstlerische Leiter des Südpols, Patrick Müller, im Kulturzentrum. (Bild: Nadia Schärli (Kriens, 29. Januar 2013))

Die Sache ist verzwickt und von aussen nicht leicht zu entwirren. Ausgerechnet im 10. Jubiläumsjahr tritt der Vorstand des Vereins Südpol geschlossen zurück. Er sieht keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung mehr. Ein Hauptvorwurf lautet: Der Südpol ist zu wenig ein Haus für die regionale freie Szene (Ausgabe vom 16. Juni).

Nun kontert die Geschäftsleitung: «Wir sind das Haus der freien Szene, auch der freien Szene vor Ort», hält der künstlerische Leiter Patrick Müller fest, der noch bis Ende September im Südpol arbeitet. Müller verweist auf die Kennzahlen im Geschäftsbericht 2017, die ausweisen, dass gut 50 Prozent der Veranstaltungen im Tanz- und Theaterbereich im letzten Jahr von der lokalen freien Szene stammen. «Die Zahlen belegen, dass wir die freie Szene stark gewichten.» Die Leistungsvereinbarung mit der Stadt werde erfüllt. Müller ist überzeugt, dass sich in den letzten Jahren das Bewusstsein für die freie Szene verbessert hat. «Man nimmt sie stärker wahr, sie hat einen Stellenwert bekommen. Auch der Südpol mit seinen Residenzen und Möglichkeiten hat etwas dazu beigetragen.»

Neues Leitbild erarbeitet

Der Südpol sei ein komplexer und entsprechend anspruchsvoller Betrieb, sagt der betriebliche Leiter, Dominique Münch. «Ich behaupte nicht, dass immer alles perfekt ist, aber wir haben entscheidende Verbesserungen und Fortschritte gemacht und sind motiviert, weiter am Betrieb zu arbeiten. Entsprechend ernst nehmen wir Kritik und Verbesserungsvorschläge.» Gemeinsam mit dem Vorstand sei in den letzten Monaten ein neues Leitbild erarbeitet worden. «In den wesentlichen Kernaussagen haben wir uns durchaus getroffen.» Offenheit, Begegnungsort, gute Willkommenskultur sind die Stichworte der neuen Ausrichtung. Es würden bereits Gespräche über die Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern – Musik und dem Luzerner Sinfonieorchester (LSO) laufen, die in ein paar Jahren zu Nachbarn werden.

Was sagen die beiden zum Rückgang der Besucherzahlen im letzten Jahr, verbunden mit weniger Einnahmen aus dem Bereich Kultur? Müller hält fest, dass andere Kulturhäuser mit den gleichen Problemen kämpfen. Finanziell zu schaffen machten aber nicht die Nischen wie die zeitgenössischen Tanz- und Theaterproduktionen. «Diese sind finanziert. Problematischer waren vor allem zwei grosse Konzerte – namentlich jene von Sleaford Mods und Terry Riley –, die nicht so liefen, wie erwartet. Auch der Südpol als Ort zum Feiern hat sich noch nicht durchgesetzt.»

Trotz den Schwierigkeiten sei der Südpol gut für die nähere Zukunft vorbereitet. «Ich habe in all den Jahren noch nie ein solch gut aufgestelltes Team erlebt wie es jetzt ist», betont Müller. «Wir möchten weiterarbeiten und vorwärtsgehen.» Umso mehr bedauern Müller und Münch, dass der Vorstand seine Verantwortung nicht wahrnehme. «Mit diesem Schritt haben wir nicht rechnen können», sagt Münch. Die Differenzen kann die Geschäftsleitung nicht genau benennen.

«Eine Tendenz, nicht einmalig»

Auf der anderen Seite sagt Sabrina Suter, Vizepräsidentin des Vereins Südpol: «Der Südpol ist zu wenig ein Zuhause für die freie Szene.» Das sei keine Frage der Erfüllung des Leistungsvertrages und der Kennzahlen. «Das ist eine Frage des Willkommenseins, des Networkings, des Images. Viele sind schlicht nicht zufrieden, wie es im Südpol läuft.» Dazu komme der schlechte Abschluss des letzten Jahres. «Wenn die folgenden Monate des neuen Jahres auch nicht besser sind, dann ist das nicht einmalig, sondern eine Tendenz.» Suter spricht von verschiedenen Wahrnehmungen: «Wenn zwischen uns und der Geschäftsleitung wirklich alles so gut gelaufen wäre, hätten wir als Vorstand sicher nicht den Rücktritt gewählt.» Am 5. Juli soll an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung ein neuer Vorstand gewählt werden.

Auch die Politik schaltet sich nun in die Diskussion ein. Die CVP der Stadt Luzern hat eine dringliche Interpellation eingereicht. Unter anderem fragt sie, ob es einen Marschhalt brauche.

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