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Luzern

Stimmrechtsalter 16 ist im Kanton Luzern einen Schritt weiter: Eine entsprechende Einzelinitiative nimmt erste Hürde

Eine Einzelinitiative des jüngsten Kantonsrats erreicht das nötige Quorum. Nun wird eine Kommission das Stimmrechtsalter 16 genauer prüfen.
Die Klimastreiks (hier am 6. April in Luzern) hätten gezeigt, dass die Jugend politisch ist und mitbestimmen will, findet der Grüne Kantonsrat Samuel Zbinden.
(Bild: Dominik Wunderli)

Roseline Troxler

Das Stimmrechtsalter 16 Jahre ist einen Schritt weiter. Der Luzerner Kantonsrat hat am Dienstagmorgen einer entsprechenden Einzelinitiative von Samuel Zbinden (Grüne, Sursee) mit 55 Ja-Stimmen zugestimmt. Zwar gab es 60 Gegenstimmen. Doch das nötige Quorum lag bei 40 Stimmen, einem Drittel der Kantonsräte. Nun wird sich die Staatspolitische Kommission mit dem Thema beschäftigen.

Der Abstimmung über die Initiative ging eine kontroverse Diskussion voraus, die fast zwei Stunden dauerte. 23 Kantonsrate äusserten sich im Vorfeld der Abstimmung zur Einzelinitiative. Für die Initiative stimmten schliesslich Grüne, SP, GLP, Teile der CVP und vereinzelt der FDP. Im Vorfeld hatten sich die vier Jungparteien der CVP, Grünen, Grünliberalen und SP des Kantons Luzern in einem überparteilichen Komitee zur Einführung des Stimmrechts ab 16 Jahren zusammengeschlossen.

Gegen die Initiative stellte sich die Luzerner Regierung. Regierungspräsident Paul Winiker von der SVP meinte zwar, dass Junge länger von der Politik betroffen seien und man die Partizipation der Jungen fördern müsse. Aber: «Rechte und Pflichten gehören halt in einer Demokratie zusammen.» Halbheiten seien nicht richtig.

Kanton Glarus ist einziger Kanton mit Stimmrechtsalter 16

Der Initiant Samuel Zbinden ist mit 21 Jahren jüngster Luzerner Kantonsrat. Er fordert mit der Initiative, dass das aktive Stimmrecht ab 16 Jahren möglich ist. Es umfasst die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen. Das passive Stimmrecht soll bei 18 Jahren bleiben, was bedeutet, dass Luzernerinnen und Luzerner auch künftig erst mit 18 Jahren in ein Amt gewählt werden können. Dieser Vorschlag entspricht dem Modell, das im Kanton Glarus bereits gilt. Glarus ist der einzige Kanton mit Stimmrechtsalter 16.

Der grüne Kantonsrat Samuel Zbinden betonte in seinem Votum vor der Abstimmung:

«Verlieren können wir gar nichts. Das Stimmrechtsalter 16 kostet nichts, zerstört keine Arbeitsplätze und schränkt niemanden in seiner Freiheit ein.»

Mit Erfolg rief er den Kantonsrat auf, ein Statement abzugeben, dass die 16- und 17-Jährigen ernst genommen würden.

Ganz anders äusserte sich SVP-Präsidentin Angela Lüthold (Nottwil) vor der Abstimmung: «Das Stimmrechtsalter 16 ist der falsche Weg, politisches Interesse und Verantwortungsbewusstsein der Jugendlichen zu fördern.» Auch ohne Stimmrechtsalter 16 könne man sich politisch engagieren. Ähnlich sieht das die FDP-Fraktion, die mehrheitlich ebenfalls gegen die Überweisung stimmte. So findet Sabine Wermelinger, die für die FDP im Gemeinderat von Flühli sitzt, dass die Identitätsfindung im politischen Bereich länger daure als anderswo. «Mit Stimmrechtsalter 16 Jahre geben wir einer Generation, die noch nicht weiss, was sie will, eine Stimme.»

CVP-Fraktion ist geteilter Meinung

Uneinig ist sich in dieser Frage die CVP-Fraktion, wobei die Mehrheit gegen die Überweisung des Anliegens an die zuständige Kommission stimmte. Ludwig Peyer (Willisau) meinte im Vorfeld, dass eine Aufsplittung des aktiven und passiven Stimmrechts keinen Sinn mache: «Sie entbindet eine Gruppe von der Pflicht, nötigenfalls Verantwortung zu übernehmen.» Claudia Bernasconi, Gemeindepräsidentin von Greppen, hingegen ist eine der CVP-Politikerinnen, die das Stimmrechtsalter 16 begrüsst. Sie sagte: «Es ist unsere Aufgabe, Jugendliche zu befähigen und ihnen eigene Entscheide zuzutrauen.» Eine Bevormundung hingegen führe zu Passivität. Argumente gegen das Stimmrechtsalter 16 seien dieselben, die vor gut 30 Jahren gegen das Stimmrechtsalter 18 ins Feld geführt worden seien.

Ähnlich klingen die Voten seitens SP und GLP. Marianne Wimmer (SP, Ebikon) betonte: «Das politische Interesse zeigt sich am hohen Anteil jugendlicher Kandidaten bei den jüngsten kantonalen und nationalen Wahlen.» Und sie führte aus, «dass unsere Entscheidungen vor allem die jüngste Generation betreffen». Und Claudia Huser (GLP, Luzern) äusserte sich zum Vorurteil, dass die Jugend faul und desinteressiert sei. Sie entgegnete: «Eine ganze Bewegung von Jungen geht auf die Strasse und will etwas ändern. Ermöglichen wir ihnen nun, auch Verantwortung zu übernehmen und eine Stimme abzugeben.»

Kontrovers aufgefasst wurde das Votum von SVP-Kantonsrat Pius Müller (Schenkon):

«Den Fünfer und s'Weggli gibt es nicht. Die Mehrheit der Jugendlichen interessiert sich bloss für Netflix, Handy und Party.»

Mehrere Votanten zogen auch einen Vergleich zum Frauenstimmrecht, das der Kanton Luzern seit 50 Jahren kennt. Jonas Heeb (Grüne, Horw) etwa erinnern die Argumente an den Kampf fürs Frauenstimmrecht. «Damals hiess es, Frauen wollten nicht abstimmen und seien nicht mündig genug. Dasselbe sagt man heute über die Jungen.»

Nun befasst sich Kommission mit dem Anliegen

Mit 55 Ja-Stimmen hat die Initiative zwar nicht die Mehrheit, aber das nötige Quorum im Kantonsrat erreicht. Damit wird der Inhalt des Begehrens nun der zuständigen Staatspolitischen Kommission zugewiesen. Die Kommission wird von SVP-Kantonsrat Fredy Winiger (Kleinwangen) präsidiert. In der Kommission ist ein weiterer SVP-Kantonsrat vertreten, zudem zwei Kantonsräte der SP, einer der GLP, zwei FDP-Politiker, zwei Grüne und vier CVP-Kantonsräte. Mit dieser Zusammensetzung ist es also gut möglich, dass die Kommission dem Kantonsrat das Stimmrechtsalter 16 zur Annahme empfehlen wird. Stimmt das Parlament der Vorlage zu, kann danach die Luzerner Bevölkerung entscheiden, ob künftig bereits 16- und 17-Jährige an die Urne gehen dürfen.

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