Franziska Herger
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Franziska Herger
Wer in Ob- und Nidwalden nach Projekten, Angeboten und Gruppierungen zum Thema Gleichstellung sucht, findet – nicht viel. Auf Anfang 2017 wurde in Obwalden der Themenbereich Gleichstellung innerhalb der Fachstelle für Gesellschaftsfragen gestrichen, aus Spargründen. In Nidwalden lehnte der Landrat 2010 die Erweiterung der Fachstelle für Gesellschaftsfragen um einen Bereich Gleichstellung ab. Der Frauenanteil in den Kantonsparlamenten schwankte in den letzten drei Legislaturperioden in Nidwalden von 17 über 15 zu heute 22 Prozent, in Obwalden von 33 über 29 zu heute 25 Prozent.
Die Unterzeichnung der Lohngleichheitscharta, die dem Einkommensunterschied im öffentlichen Sektor von nach wie vor 7 Prozent zwischen Frauen und Männern entgegenwirken will, lehnte der Kantonsrat im Mai 2018, der Landrat im letzten Oktober ab. Gibt es also keinen Handlungsbedarf, oder herrscht hierzulande Stillstand, was die Gleichberechtigung angeht? Wir haben acht Frauen aus dem öffentlichen Leben gefragt.
Sandra Roth, Stans, Präsidentin Business and Professional Women OW/NW, Marketingleiterin: «In meinen Augen sind die Möglichkeiten und Voraussetzungen für Männer und Frauen im Berufsleben heute annähernd gleich. Es liegt auch an den Frauen selber, sich etwa in Lohnverhandlungen gut genug zu verkaufen und sich mehr zuzutrauen. Bei BPW bieten wir daher zum Beispiel Mentoringprogramme an, wo man von erfahrenen Geschäftsfrauen lernen kann. Unsere Botschaft an Frauen ist: Steht hin, seid mutig und verkauft euch nicht unter Wert.»
Helen Keiser, Sarnen, CSP-Kantonsrätin und Juristin: «Ich habe nie weniger verdient als männliche Kollegen, nie wegen meines Geschlechts einen Job nicht bekommen. Wir profitieren von unseren Vorgängerinnen, die für uns viel erreicht haben. Wir wissen zwar, dass es auch heute gerade beim Lohn Ungleichheiten gibt, aber das ist für viele nicht richtig greifbar. Vielleicht steht daher das Thema Gleichstellung in unserer Region nicht im Vordergrund. Viele Frauen hier auf dem Land interessieren sich auch wenig für Politik. Am ehesten bei der AHV kommt wieder etwas Entrüstung auf, auch bei mir. Warum sollte das Rentenalter bei Frauen erhöht werden, wenn keine Lohngleichheit besteht?»
Erika Liem, Beckenried, Grüne-Landrätin, Pflegefachfrau, Mütter- und Väterberaterin: «Politisch hatte die Lohngleichheits-Charta in Nidwalden keine Chance, sie wurde mit den Argumenten ‹schafft nur Bürokratie› und ‹wir stehen bereits gut da› gebodigt. Mein Berufsstand der Pflege - ein typischer Frauenberuf – leistet qualitativ hochstehende und anstrengende Arbeit für einen vergleichsweise tiefen Lohn. Zudem leisten Frauen erwiesenermassen den grössten Teil der Pflege von Angehörigen, meistens unbezahlt, und ernten dafür Lohneinbussen und später tiefere Rentenleistungen. Ich erlebe bei der Beratung von Familien immer wieder, dass junge Mütter benachteiligt werden. Sie werden vor allem in Tieflohnbranchen zu Pensen angestellt, die unter der BVG-Eintrittsschwelle liegen, arbeiten auf Abruf oder erhalten eine Kündigung, obwohl sie im gleichbleibenden Pensum weiterarbeiten wollen. Es gibt also noch einiges zu tun!»
Monika Rüegger, Engelberg, SVP-Präsidentin, Kantonsrätin und Hausfrau: «Für mich ist das Thema Gleichstellung überholt. Frauen haben heute die gleichen Chancen wie Männer. Zur Zeit unserer Eltern hat es absolut Sinn gemacht, dafür zu kämpfen. Aber heute haben wir gesetzlich viel Sicherheit. Lohnungleichheiten lassen sich einklagen. Da würde ich jede Frau motivieren, sich ihre Rechte zu holen. Ich denke, wir müssen uns auch einsetzen für die Gleichberechtigung des Mannes, etwa in Sachen Militärdienst. Und man soll Gleichberechtigung auch anwenden, wenn es um andere Kulturen geht – Stichwort Zwangsehen oder Verhüllung. Hier verschliessen auch Frauen oft die Augen.»
Therese Rotzer, Ennetbürgen, CVP-Präsidentin, Landrätin und Rechtsanwältin: «Ich glaube nicht, dass Nidwalden in Sachen Gleichstellung anders dasteht als andere Kantone. Ich würde mir wünschen, dass Frauen in den Parlamenten besser vertreten wären. Dass sie untervertreten sind, liegt zum einen an der Mehrfachbelastung durch Familie und Beruf und zum anderen auch daran, dass sie schwieriger für politische Ämter zu motivieren sind. Aber Politik ist auch Interessenvertretung. Die Anliegen der Frauen werden eher umgesetzt, wenn sie sich politisch einsetzen.»
Judith Odermatt-Fallegger, Gemeindepräsidentin Oberdorf (FDP) und Familienfrau: «Frauenquoten sind aus meiner Sicht nicht zielführend, ich jedenfalls möchte keine Quotenfrau sein. Das grosse Thema bei uns Frauen ist und bleibt die Vereinbarkeit von Kindern, Beruf und Haushalt. Moderne Männer leisten zunehmend auch zu Hause ihren Beitrag, flexible Arbeitszeitmodelle und Teilpensen sind im Kommen. Diese Modelle eignen sich jedoch nicht für alle Jobs und auch bei der Tagesbetreuung fehlt es noch an genügend geeigneten Angeboten. Arbeitgeber, Gesellschaft und Politik sind weiterhin gefordert, gute Voraussetzungen und gleiche Bedingungen zu schaffen. In der Folge werden sich Frauen zunehmend in führende Funktionen entwickeln oder Verantwortung in der Gesellschaft oder in der Politik übernehmen.»
Ruth Koch, Kerns, SP-Kantonsrätin und Kommunikationsfachfrau: «Heute haben Frauen gleichberechtigt Zugang zu Bildung, zu allen Berufen und in die Politik. Aber es gibt sicher noch Handlungsbedarf. Es dürfte auch bei uns zumindest in der Privatwirtschaft noch Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern geben. Auch die Kinderbetreuung, damit Frauen und Männer auch mit Kindern im Beruf bleiben können, ist zu wenig ausgebaut. Solange es immer noch so ist, dass Frauen aus Lohngründen eher die Familienarbeit übernehmen, ist es schwierig, Gleichberechtigung zu erreichen.»
Margrit Freivogel, Sachseln, alt CVP-Kantonsrätin, alt Gemeindepräsidentin, pensioniert: «Bisher wurde einiges erreicht. Doch seit einiger Zeit – so mein Eindruck – treten wir an Ort. Nach wie vor sind nur wenige Frauen in Regierungsämtern und Chefetagen vertreten. Die Gesellschaft scheint sich damit zufriedenzugeben. Viele Frauen sind heute gut ausgebildet und gut positioniert für eine erfolgreiche Karriere. Sobald sie Kinder haben, stellen sie fest, dass sich an den traditionellen Bildern doch noch nicht so viel verändert hat. Damit sie ihre Laufbahn weiterführen und Beruf und Familie unter einen Hut bringen können, braucht es weitere Anstrengungen von Arbeitgebern und Politik. Eine grosse Herausforderung ist der Schuleintritt. Hier braucht es mehr und bezahlbare Ganztages-Angebote.»
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