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Nidwalden

Stansstad will bei der Gemeindeversammlung über die Bücher

Während andere Nidwaldner Gemeinden ihre Frühlingsversammlungen wegen Corona etwas später als üblich ansetzten, verlegten Hergiswil, Ennetbürgen und Stansstad ihre Vorlagen an die Urne – mit unterschiedlichen Erkenntnissen.
Am vergangenen Sonntag gab's in Hergiswil, Ennetbürgen und Stansstad eine Urnenabstimmung als Ersatz für die ausgefallene Gemeindeversammlung. (Bild: PD)

Matthias Piazza

Gleich für sechs Vorlagen wurden die Hergiswiler am Sonntag an die Urne gerufen. Auch über die Jahresrechnung stimmten sie ausnahmsweise dort ab. Es waren alles Geschäfte, die der Gemeinderat für die Frühlingsgemeindeversammlung vorgesehen hätte. «Der Aufwand, eine Gemeindeversammlung unter den coronaspezifischen Auflagen durchzuführen, wäre uns zu gross gewesen», begründet Remo Zberg diesen Entscheid.

Ein Entscheid, den er auch politisch nicht bereute. Schliesslich wurden sämtliche Vorlagen mit einem Ja-Stimmen-Anteil zwischen 74,2 und 97,1 Prozent angenommen – ganz im Sinne des Gemeinderates. Auch die hohe Stimmbeteiligung von 50 Prozent freute ihn. Jeder zweite der rund 4000 Stimmberechtigten äusserte sich also zu den Vorlagen – rund sechsmal so viel wie erfahrungsgemäss an einer Gemeindeversammlung. Nahmen doch an der Frühlingsgemeindeversammlung des vergangenen Jahres nur 350 Bürger teil, was einer Stimmbeteiligung von knapp 9 Prozent entsprach.

Rund 80 Prozent aller Schweizer Gemeinden kennen die Gemeindeversammlung

Trotzdem will Remo Zberg auch künftig wieder Rechnungen, Budgets, Einbürgerungen und gewisse andere Vorlagen an der Gemeindeversammlung behandeln. «An der Urne kann der Bürger nur Ja oder Nein zu einer Vorlage sagen. Zudem sind Urnenabstimmungen auch einer gewissen Willkür ausgesetzt, da Komitees eine Vorlage zu Fall bringen können, ohne dass der Gemeinderat darauf noch reagieren könnte», sagt Remo Zberg, der momentan auch die Nidwaldner Gemeindepräsidentenkonferenz präsidiert. «An der Gemeindeversammlung kann man über ein Geschäft diskutieren und kommt mit der Bevölkerung direkt in Kontakt. Und für die Vorlagen am letzten Sonntag wäre an der Gemeindeversammlung kein anderes Ergebnis herausgekommen.» Das sei auch der Grundtenor beim Schweizerischen Gemeindeverband. Die Nidwaldner Gemeinden, welche im Normalfall alle Gemeindeversammlungen abhalten, seien damit in grosser Gesellschaft. «Rund 80 Prozent aller Schweizer Gemeinden kennen noch eine Gemeindeversammlung, darunter auch grössere Gemeinden wie Rapperswil-Jona mit rund 26'000 Einwohnern.» Viele grössere Gemeinden ohne Gemeindeversammlung kennen ein Gemeindeparlament, so etwa Kriens, Horw oder Emmen. Für Remo Zberg wäre dies keine taugliche Alternative. «Es dürfte schwierig sein, genug Leute für das Amt des Einwohnerrates zu begeistern. Zudem wären die Geschäfte dann parteipolitisch geprägt und der Prozess würde in der Regel länger dauern.»

Am Apéro mit den Bürgern ins Gespräch kommen

Auch für die Ennetbürger sollte die Abstimmung über die Rechnung am vergangenen Sonntag die Ausnahme bleiben. Denn auch der Ennetbürger Gemeindepräsident Peter Truttmann bricht eine Lanze für die Versammlungsinstitution – trotz der im Verhältnis viel tieferen Stimmbeteiligung. Im Schnitt kommen zwischen 120 und 180 der rund 3400 Stimmberechtigten an eine Versammlung, was einer Stimmbeteiligung von rund 3,5 bis 5,5 Prozent entspricht. Am Sonntag betrug die Stimmbeteiligung an der Urne immerhin 27,4 Prozent. «Für mich ist die Gemeindeversammlung noch immer die repräsentativste Versammlungsform. Man sieht sich und kann am anschliessenden Apéro mit den Bürgern ins Gespräch kommen», begründet Peter Truttmann seine Haltung.

Der Stansstader Gemeindepräsident Beat Plüss, dessen Gemeinde am Sonntag ebenfalls Gemeindeversammlungsgeschäfte an der Urne behandelte, hebt die Debattierkultur auch als Vorteil einer Versammlung hervor. Trotzdem: «Mit einer rund fünfmal höheren Stimmbeteiligung an der Urne ist ein Geschäft viel breiter abgestützt als an einer Gemeindeversammlung. Wir wollen darum über die Bücher gehen.»

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