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Nidwalden

Stanser Parteien uneins über Einbahn-Zukunft

Soll der Versuch für das Stanser Einbahnsystem wieder aufgenommen werden? Bei dieser Frage scheiden sich die Geister.
War ein schwieriger Knotenpunkt am Donnerstag: Der Karli-Kreisel. (Bild  Matthias Piazz, (Stans, 8. August 2019)

Matthias Piazza

Ein Jahr lang hätten versuchsweise die Autos und Postautos auf der Stanser Robert-Durrer- und der Stansstaderstrasse im Einbahnverkehr fahren sollen. Die Velofahrer hätten damit mehr Platz erhalten. Nachdem der erste Versuchstag am vergangenen Donnerstag in einem totalen Verkehrschaos geendet hatte, zog der Gemeinderat am Freitag die Reissleine und unterbrach den Versuch.

«Es war in dieser aussergewöhnlichen Verkehrssituation mit der gesperrten Axenstrasse, dem Rückreiseverkehr und der Autobahnbaustelle in Hergiswil sicher richtig, den Versuch zu sistieren», sagt dazu Andreas Gander-Brem vom Vorstand der Stanser CVP. Auch unter normalen Umständen hätte er allerdings mit Problemen gerechnet. «Schliesslich wurde mit der Aufhebung von je einer Fahrspur die Kapazität für den Autoverkehr praktisch halbiert. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Autos und Postautos in Richtung Stansstad zwei Bahnübergänge überqueren müssen.» Darum habe die CVP auch grossmehrheitlich die Nein-Parole für den Kredit über 125000 Franken beschlossen, der im vergangenen November an der Gemeindeversammlung mit rund zwei Dritteln (333 Stimmen) angenommen wurde.

Verkehrsdiskussion dank geflopptem Versuch

Trotzdem ist Andreas Gander der Meinung, dass dieser Versuch sobald wie möglich wieder fortgesetzt werden solle, das heisst, sobald die Axenstrasse wieder offen sei (gemäss aktuellem Stand ist dies frühestens Mitte September der Fall). «Mit einem längerfristigen Versuchsbetrieb unter normalen Verkehrsbedingungen gewinnt man wertvolle Erkenntnisse.»

Der gewagten Idee eines Einbahnversuchs kann er auch Positives abgewinnen, weil dadurch die Debatte über die Stanser Verkehrsprobleme wieder neuen Auftrieb bekomme. «Wir haben Handlungsbedarf», ist für Andreas Gander klar, der im vergangenen Jahr zusammen mit dem ehemaligen CVP-Landrat Hans-Peter Zimmermann (Stans) mit einem Vorstoss die Idee einer Tieflegung der Zentralbahn zwischen Karli-Kreisel und Bahnhof Stans ins Spiel brachte. Auch eine Umfahrung von Stans ist laut Andreas Gander an die Hand zu nehmen.

«Die Robert-Durrer-Strasse ist ein Flaschenhals, Autos und Velos kommen einander in die Quere. Und eine Verbreiterung dürfte nicht so einfach sein.» Er spricht damit die Abstimmung vor elf Jahren an. Damals lehnten die Stanser an der Urne mit fast 70 Prozent eine entsprechende Vorlage ab. Sie sah unter anderem eine Verbreiterung um 1,5 Meter und drei Minikreisel vor. Vor allem die Anwohner hatten vor der Abstimmung gegen die Pläne der Gemeinde gekämpft. Sie fürchteten eine Verkehrszunahme, eine Wertverminderung ihrer Liegenschaften und den Verlust von privaten Parkplätzen und Garagen.

Am politischen Vorgehen des Gemeinderates in Sachen Einbahnversuch sei nichts auszusetzen, findet Andreas Gander. «Man kann immer diskutieren, ob ein Geschäft an der Urne besser abgestützt wäre. Aber es konnte ja jeder, der wollte, an der Gemeindeversammlung teilnehmen und sich auch vorgängig ausreichend informieren.»

Chaos hätte sich nur wiederholt

Auch Edi Engelberger, Stanser Landrat und Vizepräsident der FDP Stans, lobt die schnelle Reaktion der Behörden. «Nach diesem Fiasko gleich am ersten Tag hat der Gemeinderat mit dem Abbruch des Versuchs das einzig Richtige getan. Das Chaos hätte sich nur wiederholt.» Der Vorstand der Stanser FDP hatte sich im Vorfeld der Abstimmung geschlossen gegen das Einbahnsystem ausgesprochen. «Uns war immer klar, dass der Verkehr zum Erliegen kommt, wenn man die Robert-Durrer- und die Stansstaderstrasse nur noch einspurig macht.»

Als Präsident des Gewerbeverbandes Nidwalden habe er durchs Band sehr negative Reaktionen von den Stanser Ladenbesitzern zum Versuch gehört. «Sie beklagten sich über Umsatzeinbussen. Kunden drohten, nicht mehr im Dorf einzukaufen, wenn sich die Verkehrssituation nicht verbessere.» Die FDP werde sich darum gegen die Wiedereinführung des Versuchs wehren. «Es braucht zusätzliche Massnahmen wie Entlastungsstrassen, um das Stanser Verkehrsproblem zu lösen», ist für Edi Engelberger klar.

SVP will Urnenabstimmung für definitive Einführung

Auch die SVP kann am Einbahnsystem kein gutes Haar lassen. «Das befürchtete Chaos trat ein», sagt dazu Ortspräsident Marc Christen. «Die Fortsetzung des einjährigen Versuchs können wir wohl nicht verhindern, er wurde ja an der Gemeindeversammlung beschlossen. Wir werden uns aber dafür einsetzen, dass über eine allfällig definitive Einführung des Einbahnsystems an der Urne abgestimmt wird.» Auch werde die SVP darauf achten, dass der Kredit von 125000 Franken nicht überschritten werde.

Zurückhaltender äussern sich die Grünen. Nach einem Tag könne man das System nicht beurteilen. «Wir würden es darum begrüssen, wenn der Test weitergeführt wird, damit in der Versuchsphase über einen längeren Zeitraum auch handfeste Ergebnisse abgeleitet werden können», schreibt die Partei in einer Stellungnahme. Dies helfe auch der langfristigen Verkehrspolitik.

Die SP stützt den Entscheid des Stanser Souveräns. Entscheidend sei nicht der Verkehrskollaps vom späten Nachmittag, sondern das seien die Beobachtungen zu den Stosszeiten morgens und mittags. «Waren diese Beobachtungen grundsätzlich positiv, sollte der Versuch fortgesetzt werden, sobald die Axenstrasse wieder befahrbar ist», findet Daniel Niederberger, Stanser Landrat und Medienverantwortlicher der Kantonalpartei. «Wir haben das Gefühl, das System funktioniert unter normalen Bedingungen.» Allerdings brauche es Justierungen. «Insbesondere darf der Postauto-Fahrplan nicht wieder durcheinandergebracht werden.»

Bürger lancierten Online-Petition

Auch im Volk wird das Thema kontrovers diskutiert. Im Internet wurde bereits am vergangenen Freitag eine Petition mit der Forderung lanciert, dass über das Stanser Einbahnsystem kantonal abgestimmt wird. Dieser haben sich bis gestern rund 450 Personen angeschlossen. Ob und in welcher Form dieses Anliegen umsetzbar wäre, wollte man beim Kanton auf Anfrage nicht sagen. Klar ist, dass ein Zwanzigstel der Stanser Stimmberechtigten das Geschäft in Stans an die Urne hätte bringen können. Dafür hätten rund 300 Unterschriften vor der Gemeindeversammlung eingereicht werden müssen.

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