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Uri

Ständerat Josef Dittli: «Man kann sich fast nicht vorstellen, dass es in Europa wieder Angriffskriege gibt»

Bei einem FDP-Online-Talk hat Ständerat Josef Dittli auf die Frühjahrssession zurückgeblickt. Der Krieg in der Ukraine überschattete die Diskussionen.
Ständerat Josef Dittli von der FDP Uri hat in der dritten Sessionswoche ein gedrängtes Programm hinter sich gebracht. (Bild: Keystone)

Christian Tschümperlin

Ständerat Josef Dittli hat sich zum Online-Sessionsrückblick der FDP Uri direkt vom windigen Bundeshausplatz zugeschaltet. Er filmte sich am Donnerstagabend per Handy beim Betreten des Bundeshauses, von wo aus er den Teilnehmenden in Uri seine Eindrücke der vergangenen Session schilderte. Die Plexiglasscheiben im Ständeratssaal sind abgeräumt, wie zu sehen war. Corona ist nicht mehr das präsenteste Thema in Bundesbern. Mittlerweile beschäftigt eine neue Krise das Parlament.

Josef Dittli hat in der dritten Sessionswoche ein gedrängtes Programm hinter sich gebracht. Am Donnerstag waren drei Schulklassen aus Uri zu Besuch im Bundeshaus. Und das Ratsbüro hatte eine Interpellation von ihm zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Schweizer Armee für dringlich erklärt. «Man kann sich fast nicht vorstellen, dass es in Europa wieder Angriffskriege gibt», sagte er am Sessionsrückblick. Beide Kammern verurteilten das Verhalten Russlands und bekannten sich zu den Sanktionen des Bundesrates.

Ruedi Cathry wollte nun von Josef Dittli wissen, ob die Schweiz noch neutral sei. «Rechtlich gesehen ist die Schweiz auch mit der Übernahme der Sanktionen der EU gegen Russland noch neutral», betonte Dittli. Politisch hätte sich die SVP-Fraktion gewünscht, dass sich die Schweiz stärker zurücknimmt.

Abhängigkeit von Russland reduzieren

Auch zur Versorgungslage nahm Josef Dittli am FDP-Talk Stellung. «Schon vor dem Krieg war die Russlandabhängigkeit beim Erdgas ein Thema in der Politik», so Dittli. Diese Abhängigkeit sei zum Glück nicht existenziell, aber dennoch problematisch. «Wenn es bei Nord Stream 1 zu Einschränkungen kommt, kann es im Winter europaweit zu Mangellagen kommen. Der Bundesrat ist dabei, die Versorgungsautonomie zu erhöhen», beruhigte der Urner Ständerat.

Dittli ist der Ansicht, dass man die aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen genau im Auge behalten müsse. «Unsere Nachbarstaaten rüsten jetzt auf.» Sogar die sozialdemokratische Partei in Deutschland spreche sich dafür aus. «Zum Vergleich müsste man sich vorstellen, Cédric Wermuth würde die Schweiz auffordern, das Armeebudget zu erhöhen», meinte Dittli mit einem Augenzwinkern. Die SP Schweiz hat als eines ihrer langfristigen Ziele die Abschaffung der Armee im Parteiprogramm festgehalten. «Es ist nicht erfreulich, wir würden alle lieber im Frieden leben. Aber man muss gegenüber Russland auch ein Zeichen setzen, dass dieses Vorgehen nicht akzeptiert wird.»

In seiner für dringlich erklärten Interpellation fordert Dittli den Bundesrat auf, rasch aufzuzeigen, wie er die Situation der Schweiz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine beurteilt und welchen Handlungsbedarf er sieht. Dittli könnte sich vorstellen, der Armee zusätzliche finanzielle und personelle Mittel zur Verfügung zu stellen und die Beschaffung des F-35-Kampfflugzeuges zu beschleunigen. Dass die Schweiz den «Schutzstatus S» für ukrainische Geflüchtete aktiviert hat, hält Dittli für angemessen. Mit diesem Schutzstatus erhalten die Geflüchteten rasch ein Aufenthaltsrecht, ohne dass sie ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen müssen.

Waffenstillstand wäre das Ziel

Auf die Frage eines Zuschauers im FDP-Online-Talk, ob man statt militärisch nicht diplomatisch aufrüsten müsste und ob auch der Westen gegenüber Russland in der Vergangenheit Fehler gemacht habe, stellte Dittli klar: «Die beste Diplomatie nützt nichts, wenn sich eine Seite nicht daran hält. Trotzdem muss man jetzt versuchen, auf diplomatischem Wege einen Waffenstillstand zu erwirken.» Zur Nato-Osterweiterung, die Russland ein Dorn im Auge ist, verwies Dittli auf die staatliche Souveränität, die es zu respektieren gilt.

Nach so viel Gesprächsstoff über Krieg und Frieden endete die Diskussionsrunde mit einem unverfänglicheren Thema: Einem Vorstoss Dittlis zur Förderung des touristischen Verkehrs. Trotz der schweren Zeit hat der Urner Ständerat seine Zuversicht und seinen Humor nicht verloren und verabschiedete sich mit einem grossen Dank bei den Anwesenden aus dem Sessionsrückblick.

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