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Luzern

SP-Regierungskandidat Jörg Meyer: Der hartnäckige Generalist

Finanzen, Bildung, Gesundheit: Jörg Meyer hat schon in vielen Bereichen gearbeitet und will nun mit der SP zurück in die Luzerner Exekutive. Der 50-Jährige wird über die Parteigrenzen hinweg akzeptiert – hat aber ein Manko.
SP-Regierungsratskandidat Jörg Meyer sagt: «Wir müssen wieder alle relevanten Kräfte aus der Bevölkerung an einen Tisch bringen.» (Bild: Boris Bürgisser, Luzern, 13. Februar 2019)

Niels Jost

Noch fünf Minuten dauert es bis zum vereinbarten Zeitpunkt, doch Jörg Meyer steht schon parat. Lockeres Hemd, sportlicher Blazer, eine Mineralwasser-Flasche unter dem Arm geklemmt, zwei Gläser in der Hand. Nach kurzem Small Talk führt der 50-jährige Direktor von Xund, dem Bildungszentrum Gesundheit Zentralschweiz, in eines der Klassenzimmer, wo insgesamt über 2500 junge Frauen und Männer ausgebildet werden. Der Empfang passt zu seiner Person: unkompliziert, ungezwungen, umgänglich.

Parat sei auch seine Partei, die SP, sagt Meyer gleich zu Beginn des Gesprächs. Nach vier Jahren der Abstinenz im Luzerner Regierungsrat soll die viert- grösste Partei im Kanton wieder mitbestimmen können. Meyer sagt:

«Die Konkordanz ist tief im politischen Verständnis der Schweiz verankert, ohne sie funktioniert unsere Politik nicht richtig. Deshalb müssen wir sie wiederherstellen.»

Man merkt: In diesen beiden Sätzen steckt mehr als eine übliche Phrase eines Politikers – vielmehr ist es die klar formulierte Vorstellung Meyers, neue Lösungen in die zuweilen verfahrene politische Situation im Kanton Luzern zu bringen. Zu stark sei die Politik in den vergangenen Jahren von Abbaumassnahmen geprägt gewesen, zu oft eine gewisse Sensibilität in der Kommunikation vergessen gegangen. «Wir müssen wieder alle relevanten Kräfte aus der Bevölkerung und eine kritische soziale Stimme an einen Tisch bringen. Nur so können wir gemeinsame Lösungen finden.»

Meyer, der Vielinteressierte – vom Controlling bis zur Philosophie

Dass die SP ausgerechnet mit Jörg Meyer in die Regierung will, kommt nicht von ungefähr. Meyer ist Generalist, kennt sich sowohl im Finanzwesen als auch im Bildungs- und Gesundheitsbereich aus, wie sein Lebenslauf zeigt: Die KV-Lehre hat der gebürtige Horwer bei der Luzerner Kantonalbank abgeschlossen, absolvierte dann die Höhere Fachschule für Sozialarbeit.

Später bildete sich Meyer in den Bereichen Controlling, Rechnungs- und Personalwesen sowie Philosophie und Management weiter, mit viel Ausdauer, Biss und Hartnäckigkeit – wie beim Bezwingen seiner 22 Viertausender, fügt der begeisterte Bergsteiger an. Ähnlich breit waren seine beruflichen Tätigkeiten: In Führungsposition arbeitete er sowohl bei der Caritas als auch beim Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern. Seit 2014 ist er Direktor von Xund, wo er 100 Mitarbeiter und 450 Dozenten führt.

Meyer, der Wirtschaftspolitiker

Die Frage nach seinem Wunschdepartement als Regierungsrat lässt Meyer offen. Als Neu-Mitglied sei es ohnehin vermessen, ein Departement zu wählen. Den grössten Handlungsbedarf ortet das Mitglied der Wirtschaftskommission (WAK) aber bei den Finanzen, wie er sagt:

«Wir müssen wieder dafür sorgen, mehr Einnahmen fair und ausgewogen zu generieren, damit der Kanton seine Aufgaben korrekt erfüllen kann.»

Auch die Wirtschaftspolitik solle wieder mehr werden als die blosse Steuerpolitik (siehe «Nachgefragt» am Ende dieses Textes).

Meyers breite Interessen zeigen sich auch in seinen Vorstössen, die er zu verschiedensten Themen eingereicht hat, etwa zum Schutz vor Cyber-Angriffen, zur Tourismussituation oder zu den Prämienverbilligungen.

Meyer, der «gemässigte» SPler

In diesen Vorstössen finden sich nicht selten auch Unterschriften bürgerlicher Politiker. Das zeigt: Meyer gilt als «gemässigter» Sozialdemokrat, scheut Gespräche über die Parteigrenzen hinweg nicht. Das zeigt die Aussage von Priska Wismer-Felder:

«Jörg Meyer ist konsensfähig und kompromissbereit.»

Die CVP-Kantonsrätin aus Rickenbach ist eine von diversen Mitte-rechts-Politikern aus Meyers Unterstützungskomitee. Sie unterstützt den SP-Kandidaten aus Überzeugung für die Konkordanz. Hätte die SP aber nicht besser eine Frau nominieren sollen? «Das wäre tatsächlich wünschenswert gewesen, aber ich gewichte die Konkordanz höher», sagt Wismer.

Selbst politische Kontrahentinnen schätzen den Menschen Meyer. FDP-Kantonsrätin Heidi Scherer nimmt ihn als «recht umgänglich» wahr, und SVP-Kantonsrätin Vroni Thalmann-Bieri schätzt es, dass er auch ausserhalb des Ratsbetriebs gesprächig sei oder an Ausflügen teilnehme.

Meyer, der provozierende Politiker

Zum Politiker Meyer sagen die beiden WAK-Mitglieder aber: «Er hält manchmal zu hartnäckig an seiner Meinung fest und tritt gar provozierend auf», so Scherer. Auch Thalmann findet, dass Meyer manchmal zu beharrlich sei und eine teils «lehrmeisterliche Art» habe. Sie hinterfragt deshalb, ob er im Regierungsrat auch Mehrheitsentscheide vertreten könnte, die ihm nicht passen.

Meyer selber erachtet diese provokative Seite an ihm nicht unbedingt als Nachteil. «Ich kann hart für eine Sache kämpfen. Dann lasse ich nicht so leicht locker, etwa beim Bundesgerichtsurteil zu den Prämienverbilligungen. Aber ich kann auch Hand bieten und Mehrheitsentscheide akzeptieren.»

Meyer, der Stadt- und Agglomensch

Trotz seiner Akzeptanz über die Parteigrenzen hinaus: Ein Manko hat Meyer. Wohnhaft ist er mit seiner Frau und Tochter seit 25 Jahren in Adligenswil, sein Arbeitsort ist in der Stadt Luzern – Meyer ist ein Stadt- und Agglomensch. Um gewählt zu werden, ist er aber auch auf Stimmen von Mitte-rechts angewiesen. Auf Stimmen aus der Landschaft.

Dessen ist sich der 50-Jährige bewusst. Schon früh, nach seiner Nominierung im Herbst, war er deshalb mit Wahlplakaten auf der Landschaft präsent. Seit Wochen tritt er nun zudem an Anlässen auf, sucht das Gespräch, von Beromünster über Ruswil, Hitzkirch bis ins Entlebuch. Und auf seiner Webseite erwähnt er explizit seine Menznauer Wurzeln.

Doch reicht das? «Ich nehme mich selber als geselligen Menschen wahr, kommuniziere auf Augenhöhe und finde einfachen Zugang zu allen möglichen Leuten und Regionen. Das ist eine Eigenschaft, die ein Regierungsrat als Volksvertreter braucht.»

SP-Regierungsratskandidat Jörg Meyer (50) ist Direktor des Bildungszentrums Gesundheit Zentralschweiz Xund. Seit 2013 ist der Adligenswiler im Kantonsrat und aktuell Vize-Fraktionschef. Meyer ist verheiratet und hat zwei Töchter (eine ist 2011 an Leukämie verstorben). Zu seinen Hobbys zählen Bergsteigen, Jassen, Lesen und früher Handball.

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