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Zug

Soziale Fürsorge: Für das Zuger Forschungsprojekt fehlen noch finanzielle Mittel

Die soziale Fürsorge soll historisch aufgearbeitet werden. Ein Forschungsteam hat bereits mit der Arbeit begonnen, die Finanzierung steht aber noch nicht ganz. Die treibende Kraft hinter der Wiedergutmachungs-Initiative hat ein ungutes Gefühl.
Einige Kinder wurden etwa im Kinderheim Walterswil in Baar untergebracht. (Bild: Einwohnergemeinde Baar)
In Schlafsälen wie jenem vom Kinderheim Marianum in Menzingen schliefen die Kinder. (Bild: Staatsarchiv Zug)

Andrea Muff

Andrea Muff

Die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen gehören zu einem dunklen Kapitel der Schweizer Geschichte und damit auch zum Kanton Zug. Es geht aber nicht darum, mit dem Finger auf eine Gemeinde oder Institution zu zeigen. Es geht vielmehr darum, die Geschehnisse rund um die soziale Fürsorge im Kanton Zug historisch aufzuarbeiten. Im Sommer 2018 hat die Zuger Regierung für ein solches Forschungsprojekt 400 000 Franken aus dem Lotteriefonds gesprochen. Benötigt werden für das Projekt insgesamt 950 000 Franken. Der Kanton Zug sucht derweil nach Finanzierungsmöglichkeiten.

Auf der kantonalen Homepage ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass noch immer ein Betrag von 373 000 Franken ausstehend ist. Beteiligt haben sich bisher neben dem Kanton Zug, die Stadt Zug, die Gemeinden Menzingen, Risch und Cham, die Guido-Fluri-Stiftung, die Reformierte Kirche Kanton Zug und die Gemeinnützige Gesellschaft Zug. Noch nicht eingerechnet ist der Beitrag der Vereinigung der Katholischen Kirche Zug. Diese plant, einen Beitrag von rund 100 000 Franken zu leisten. Wie die aktuelle Aufstellung zeigt, hat nicht jede der elf Zuger Gemeinden einen Beitrag geleistet. So war Hünenberg etwa mit dem Vorgehen des Kantons und der Höhe des Betrags nicht einverstanden, wie die ehemalige Gemeindepräsidentin Regula Hürlimann im Dezember gegenüber unserer Zeitung erklärte.

Andreas Hostettler, Direktor des Innern, bestätigt, dass derzeit vertiefte Gespräche mit Bürger- und Einwohnergemeinden, Verbänden und Institutionen stattfänden. Inzwischen sei auch das Projektbudget um 50 000 Franken reduziert worden. Der FDP-Regierungsrat gibt zu: «Wie auf der Webseite ersichtlich, hat der Kanton schon viele positive Signale und Zusagen erhalten, doch da und dort sind nach wie vor Vorbehalte spürbar.» Er fügt hinzu: «Ich bin zuversichtlich, dass wir einen guten Weg finden werden.» Die Finanzierung sollte bis voraussichtlich Frühsommer stehen.

Regierungsrat befürwortet die Aufarbeitung

Das Projekt wurde während der Amtszeit seiner Vorgängerin Manuela Weichelt-Picard ins Leben gerufen. Hostettler sagt: «Ich befürworte die historische Aufarbeitung der sozialen Fürsorge und stehe hinter dem Forschungsprojekt. Der Kanton Zug will und soll hier seinen Beitrag leisten und seine Verantwortung wahrnehmen.» Es gehe vor allem darum, den Betroffenen zuzuhören. «Nebst Aktenstudium wird das Forschungsteam auch mit Betroffenen reden, damit ihre Erfahrungen für die Nachwelt festgehalten werden.»

Schritt sei notwendig für die Schweiz als Ganzes

Guido Fluri, die treibende Kraft hinter der Wiedergutmachungs-Initiative und Chamer Unternehmer, hat über die Guido-Fluri-Stiftung bereits 100 000 Franken für das Zuger Forschungsprojekt beigesteuert. Fluri kämpfte mit der Initiative bereits auf nationaler Ebene um Gehör und beobachtet die Situation im Kanton Zug genau. Es sei nicht einfach, die eigene Geschichte aufzuarbeiten, erklärt Fluri. Aber der Schritt sei notwendig, nicht nur für die Opfer, sondern für die Schweiz als Ganzes. «Gerade darum ist für mich unverständlich, dass es just in unserem reichen Kanton mit der finanziellen Unterstützung bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung harzt.» Er fügt hinzu: «Es vermittelt ein ganz ungutes Gefühl, wenn wir uns die Dimension des Leides vor Augen führen.»

Guido Fluri betont weiter, wie wichtig ein solches Forschungsprojekt für den Kanton Zug ist. «Wir sind in vielen Bereichen ein Vorzeigekanton. Wir blicken mutig in die Zukunft», sagt er. «Aber, davon bin ich überzeugt, wir können nicht in die Zukunft bauen, wenn wir die Vergangenheit aus dem Blickfeld verlieren.» Für ihn gehe es um die gesellschaftliche Verantwortung für das Gestern, Heute und Morgen. Guido Fluri findet klare Worte: «Stellen Sie sich vor, wie sich ein Betroffener, der Jahrzehnte lang unter dem Missbrauch und der Ausbeutung gelitten hat, bei dieser Debatte fühlen muss. Das Trauma nimmt seinen Fortgang.»

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