Urs-Ueli Schorno und Alexander von Däniken
Urs-Ueli Schorno und Alexander von Däniken
Urs-Ueli Schorno und Alexander von Däniken
Am 23. September stimmt die Luzerner Stimmbevölkerung unter anderem über die kantonale Initiative «Für eine hohe Bildungsqualität im Kanton Luzern» ab. Das Volksbegehren strebt eine regional verankerte, qualitativ hochstehende Bildung an, ohne Schulgebühren und Zwangsferien und mit guten Rahmenbedingungen für Schüler und Lehrpersonen. Dem Initiativkomitee, der Luzerner Allianz für Lebensqualität, sind SP, Grüne, Personalverbände und soziale Organisationen angeschlossen. Regierung und Kantonsrat lehnen die Initiative ab und verzichteten auf einen Gegenentwurf.
Die vor einem Jahr eingereichte Initiative verlangt im Kern, dass Kanton und Gemeinden mit genügend Mitteln die Qualität der Bildung nachhaltig garantieren, dass auf der Sekundarstufe II keine Schulgelder mehr erhoben werden und dass das Langzeitgymnasium erhalten bleibt. Lehrpersonen müssten zudem über die notwendigen Diplome verfügen. Diese Grundsätze sollen neu in der Kantonsverfassung festgeschrieben werden. Die Luzerner Allianz für Lebensqualität reichte die Initiative ein, weil ihrer Ansicht nach die aktuelle Finanzpolitik des Kantons den Service public gefährde. Die Politik solle nicht von fehlenden Finanzen, sondern von Leistungen bestimmt werden.
Pro: Urs-Ueli Schorno, Redaktor
Alle wollen eine hohe Bildungsqualität im Kanton Luzern. Die Regierung und die Parteien, die Lehrerschaft, die Allianz für Lebensqualität. Uneinigkeit herrscht hingegen darüber, wie diese Standards erfüllt werden sollen.
Die Allianz will dazu mit ihrer Initiative vier Grundsätze in die Verfassung schreiben: Das Lehrpersonal soll über die nötigen Ausbildungen verfügen. Die Schule braucht eine regionale Verankerung. Das Bildungsangebot soll breit sein. Heftiger Widerstand ertönt dann reflexartig beim vierten Punkt: Schulgebühren auf der Sek-II-Stufe sollen abgeschafft werden. Auf die 1,9 Millionen Franken könne man kaum ohne weitere Sparübungen verzichten, warnt Bildungsdirektor Reto Wyss (CVP).
Das Sparargument mag oft funktionieren – doch hier lässt es aufhorchen: Im Jahr 2020 etwa sind für die gymnasiale Bildung rund 82 Millionen Franken vorgesehen. Da erscheinen die 1,9 Millionen Franken im Verhältnis doch als eher bescheidene Summe, die eine Regierung anderswo sparen – oder eben: einholen! – können muss, wenn ihr das Volk den Auftrag dazu gibt.
Die Gegner sagen, die meisten Forderungen seien bereits erfüllt. Zudem wäre ein Verfassungsartikel das falsche Mittel, um Zwangsferien, höhere Gebühren oder Schulschliessungen zu verhindern. Doch ausgerechnet die Regierung verstrickt sich in Widersprüche – in der Finanzplanung befürchtet sie den Verlust von Bildungsqualität, in der Abstimmungsbotschaft zeigt sie sich hingegen optimistisch, dass man auf guten Wegen sei. Wie soll man hier als Bürger die Politik beim Wort nehmen?
Weil sich die Vertrauensfrage akut stellt, und weil das Sparargument nicht zieht, ist ein Ja zur Initiative die richtige Antwort – auch mit dem Verfassungsartikel als Instrument zur Kontrolle.
Contra: Alexander von Däniken, Ressortleiter Kanton
Bildung ist gut, gute Bildung besser. Diese Binsenwahrheit soll – frei übersetzt – Eingang in die Luzerner Kantonsverfassung finden. Die Bildungsinitiative stellt dazu vier Forderungen auf: Im Kanton angestellte Lehrerinnen und Lehrer verfügen über die notwendigen Diplome, auf Sek-II-Stufe werden keine Schulgelder mehr erhoben, auf Sek-II-Stufe bietet der Kanton neben Kurz- und Langzeitgymnasium «eine breite Palette» an dualen Ausbildungen und «schulisch organisierter Grundbildung». Und: Das Angebot der Volksschule ist kommunal, jenes der Sekundarstufe II regional verankert werden.
Schon jetzt ist die Volksschule in Gemeindehand. Die Kantonsschulen sind zwar unter kantonaler Obhut, aber mit Rücksicht auf regionale Interessen. Nicht umsonst wird die Schliessung der Kantonsschulen Beromünster und Schüpfheim seit Jahren nur halbherzig diskutiert, aber nicht durchgezogen. Eine noch stärkere Regionalisierung der Sek-II-Angebote ist finanziell unrealistisch.
Die Forderung nach Lehrern, die über ein entsprechendes Diplom verfügen, kann nur bedingt umgesetzt werden. Seit der Einführung des integrativen Förderunterrichts (IF) in Regelklassen steigt zum Beispiel der Bedarf an IF-Lehrpersonen. Diese können nicht hergezaubert werden. Dafür hat die PH ihr Angebot angepasst und sorgt nach Möglichkeiten für genügend Nachwuchs. Es dürfte noch etwas dauern, bis genügend Lehrpersonen mit dem IF-Diplom in der Tasche auf den Markt kommen – Verfassungsartikel hin oder her.
Die Forderung, Schulgelder auf der Sekundarstufe II abzuschaffen, könnte zum Bumerang werden. Müsste der Kanton auf die Einnahmen von rund 1,9 Millionen Franken pro Jahr verzichten, spart er sie einfach andernorts ein. Das mag man bedauern, ist aber die finanzpolitische Realität.