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Luzern

Sie könnte die erste Gemeindeamtfrau Entlebuchs werden: «Ich habe mein Paradies gefunden»

Die gebürtige Belgierin Jolande Unternährer fühlt sich in Romoos sehr wohl. Zeit für sie, um politisch nochmals einen Schritt zu machen.
Jolande Unternährer hat in Romoos tiefe Wurzeln geschlagen. (Bild: Corinne Glanzmann (28. Februar 2020))
Die gebürtige Belgierin Jolande Unternährer in Romoos. (Bild: Corinne Glanzmann, Romoos, 28. Februar 2020)

Ernesto Piazza

Ernesto Piazza

Ein weisser Schaum liegt auf den Wiesen. Zwischendurch drückt die Sonne aus dem Nebel. Doch immer wieder schneit es an diesem Nachmittag in Romoos. Drinnen, auf der Kanzlei, sitzt die (Noch)-Sozialvorsteherin Jolande Unternährer (44, CVP) dort, wo sich normalerweise der Gemeinderat zu seinen Sitzungen trifft. Seit sechs Jahren ist sie vertraut mit dieser Umgebung.

So lange bereits sitzt die mit Erich Unternährer verheiratete, fünffache Mutter im dreiköpfigen Gemeinderat von Romoos. Am 29. März stellt sich die gebürtige Belgierin für eine weitere Legislatur zur Wahl. Diesmal kandidiert sie jedoch als Gemeindeamtfrau und wäre dann die erste Frau in diesem Amt in der langen Geschichte des Entlebuchs.

Der Weg führte von Belgien übers Wallis nach Romoos

Doch wie kommt eine Frau aus Antwerpen überhaupt in das auf knapp 800 Meter über Meer liegende Romoos? «Jole», so wird sie von allen genannt, schmunzelt und erklärt: Früher hätten die Eltern mit ihr alle Ferien, ob an Weihnachten, Fasnacht oder Ostern, im Saastal verbracht. Und so führte sie ihr Weg auch ins Wallis, als es darum ging, ihre Diplomarbeit zu schreiben. Sie hatte politische und soziale Wissenschaften studiert.

Aus diesem Aufenthalt wurden schliesslich mehrere Jahre, sechs davon arbeitete sie in der Tourismusbranche im Marketing. Bis sie ihren Mann kennenlernte. Er weilte in Stalden im militärischen Wiederholungskurs. Sie sagt: «Ich hörte vorher noch nie etwas vom Entlebuch.» Doch sie wusste, soll aus der Beziehung etwas Ernsthaftes erwachsen, «werde ich das Wallis verlassen, nach Romoos ziehen».

Ein weltoffener Vereinsmensch

Die Schweiz faszinierte die gebürtige Belgierin schon immer. Das «Fürobebier» habe sie zwar nicht gekannt, sagt sie lächelnd. Das Vereinswesen hingegen schon. Im Wallis war sie Präsidentin eines Jugendvereins, auch Mitglied einer Guuggenmusig.

Gemeinsam etwas erschaffen, liegt ihr sehr am Herzen – politisch, beruflich, aber auch privat. Und so war sie 12 Jahre bei der Frauengemeinschaft Romoos Bramboden im Vorstand. Auch die Verantwortlichen des Landschaftsspielparks «Zyberliland» wussten früh um ihre Qualitäten. Jole Unternährer ist ein weltoffener Mensch, einer auch ohne Berührungsängste. Sie betont:

«Ich wurde in Romoos extrem gut aufgenommen, fühlte mich schnell als ‹Einheimische›.»

Das habe wohl auch damit zu tun, dass ihr Mann Erich im Dorf ebenfalls stark engagiert sei. «Ich geniesse hier ein schönes, erfülltes Leben. Ich habe mein Paradies gefunden», sagt sie. Das ist wohl auch der Grund, weshalb sie kein Heimweh plagt. «Ich bin dankbar dafür, Teil einer glücklichen Familie zu sein. Ich habe einen sehr verständnisvollen und mich immer unterstützenden Mann und fünf gesunde Kinder.» Zudem schätzt sie die «innige Beziehung» zu ihren Schwiegereltern Emma und Hugo. Diese wohnen ebenfalls auf dem familieneigenen Bauernhof. Jole Unternährers Eltern sind vor einigen Jahren nach Spanien ausgewandert. «Jeden Sonntag telefonieren wir.» Bei speziellen Gelegenheiten wie Erstkommunion oder Firmung sind sie in Romoos anzutreffen.

Wobei Jole Unternährer auch sagt: «Auf einem Bauernhof mit einem Landwirt zusammen zu leben, war für mich anfänglich speziell.» Doch mittlerweile sind die Tätigkeiten zur Gewohnheit geworden. Erich und Jole Unternährer führen den Heumilch-Hof in vierter Generation.

Fähigkeiten ins neue Ressort einbringen

Das kommunale Geschehen hat sie immer interessiert, schon lange bevor sie 2014 in den Rat gewählt wurde. Damals sei sie zwar von der Anfrage überrascht gewesen, «es war noch kein Jahr her seit meiner Einbürgerung». Lange musste sie trotzdem nicht überlegen. Und in den sechs Jahren Exekutive habe sie so viel gelernt, wie nie zuvor. Bei politischen Prozessen, beim Umgang mit Menschen oder beim Treffen von wichtigen Entscheidungen. Jetzt soll für sie nochmals eine neue politische Ära beginnen. Sie sagt:

«Ich bin ein Zahlenmensch.»

Diese Fähigkeiten kann sie in ihrem neuen Ressort zum Tragen bringen. Und weil sie heute schon mit Gemeindeammann, alt-Nationalrat Ruedi Lustenberger (CVP), sehr eng zusammenarbeitet, befürchtet sie nicht, «ins kalte Wasser geworfen» zu werden.

Ein Glas Wein nach einem intensiven Tag

Mit dem Harmonisierten Rechnungsmodell HRM2 wird sie vor allem konfrontiert werden. Herausfordernd werde auch, so die HR-Fachfrau, dem Kanton dieselben Unterlagen zu liefern, wie eine grosse Gemeinde. Im Vergleich zu solchen Kommunen stünden Romoos weniger personelle Ressourcen zur Verfügung. «Für einen Zusammenschluss besteht jedoch kein Bedarf», erklärt Jole Unternährer. Synergien seien aber – sofern sie Sinn machen – zu nützen.

In einer Gemeinde wie Romoos sind «Köpfe und Motivation» für ein Exekutivamt entscheidend, ist die Bäuerin überzeugt. «Umso mehr freut es mich, dass CVP und FDP mit einer gemeinsamen Liste antreten. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.» Bleiben wird ihr im neuen Amt wohl der eine oder andere problembeladene, politische Tag. Danach schätzt sie jeweils, mit ihrem Mann ein Glas Wein zu trinken, die schwierigen Themen im gut funktionierenden Rat zurücklassen zu dürfen.

Unschwer kann man feststellen: Jole Unternährer ist bereit für die Herausforderung «Gemeindeamtfrau». Und mittlerweile hat es auch aufgehört zu schneien.

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