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Obwalden

Sie erlernen das ABC des Skifahrens ohne Grenzen

Der Verein Querfeld führte auf der Klostermatte in Engelberg einen Skikurs für Kinder mit einer Behinderung durch. Die Kinder und ihre Betreuerinnen und Betreuer liessen sich gleichermassen begeistern.
Kinder und Betreuerinnen wärmen sich auf. (Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 18. Dezember 2021))
Ein perfektes Tandem: Olivia Wallimann mit ihrem Schützling, dem achtjährigen Jan. (Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 18. Dezember 2021))
Der fünfjährige Louis übt mit seiner Betreuerin Margot Roelofs die richtige Skiposition. (Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 18. Dezember 2021))
Der achtjährige Jan und seine Betreuerin Olivia Wallimann machen Pause. (Bild: Rafael Schneuwly (Engelberg, 18. Dezember 2021))

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Rafael Schneuwly

Ältere Semester mögen sich an den Hit «Alles fährt Ski» von Vico Torriani aus dem Jahr 1963 erinnern. Damals war der Physiotherapeut Thomas Schumacher noch nicht geboren, doch vielleicht liess er sich vom Lied beeinflussen und gründete rund fünfzig Jahre später den Verein Querfeld. Der passionierte Skifahrer weiss, dass die Kinder sich auf die Kurse freuen: «Die Motivation der Kinder ist meistens sehr gut. Denn sie wollen das tun, was andere im gleichen Alter auch tun. Das Problem ist eher manchmal, dass wir oder die Eltern zu schnell zu viel von den Kindern verlangen.» Deshalb legt Thomas Schumacher grossen Wert auf die Zusammensetzung des Helferteams: «Für Kinder, die zum ersten Mal auf den Ski stehen, geht es um ganz andere Themen als bei denen, die schon etwas weiter sind. So werden die Therapeutinnen eher bei den kleineren Kindern und Anfängern eingesetzt, um die Bewegungsabläufe, die Koordination und das nötige Gleichgewicht zu erlernen.»

Natürlich steht die Freude am Sport im Vordergrund, doch betont Susanne Häller, die technische Leiterin, die beruflich als Ergotherapeutin arbeitet, dass viele Bewegungen, auf die ein Skifahrer achten muss, auch in der Kinderphysiotherapie geübt werden. Susanne Häller kennt sogar Therapeuten, die den Kindern Skischuhe geben, um die Standfestigkeit für gewisse Übungen zu erhöhen. So verhilft dieser Sport manchen Patienten zu einem harmonischen Bewegungsablauf, den sie im Alltag kaum erleben.

Intensives Kursprogramm

Am vergangenen Samstag war es wieder so weit. Bei schönstem Sonnenschein trafen sich sechs Kinder und fast gleich viele Erwachsene zum Kurs. Thomas Schumann fand die numerische Parität einerseits gut, andererseits begrüsst er es, wenn sich die Kinder gegenseitig unterstützen und animieren. Der Beginn spielte sich im gewohnten Rahmen ab: Begrüssung durch den Leiter und anschliessend die Kennenlern- und Aufwärmphase. Der Ausbildungsstand war verschieden, denn die Behinderung der Kinder ist unterschiedlich und zudem gab es Anfänger und solche, die schon zum vierten Mal am Kurs teilnahmen.

Im Grunde genommen ist die Ausbildung bei Querfeld nicht viel anders als bei der Skischule Engelberg, wird das ABC des Skifahrens mit Schwüngen, Bremsen und der Talfahrt gelehrt. Nur läuft fast alles langsamer und vorsichtiger ab. Zwischen den erwachsenen Betreuern und den Kindern entwickelte sich ohne Ausnahme ein herzliches Verhältnis, geprägt von Empathie und Geduld. Wenn die Kinder müde oder hungrig waren oder für einmal keine Lust hatten, wurde eine Pause eingelegt und es gab eine Verpflegung. Doch wurde die Ausbildung nie aus den Augen verloren, denn die Verantwortlichen von Querfeld hoffen, dass die Kinder eines Tages in der Lage sind, ohne grosse Hilfe zusammen mit ihren Eltern Ski zu fahren.

Zufriedenheit auf allen Seiten

Bei allen Beteiligten war Lob zu vernehmen. Betreuerin Olivia Wallimann, welche mit dem achtjährigen Jan ein Tandem bildete, lobte die Fortschritte ihres Schützlings. «Ich bin mit Jan sehr zufrieden, auch wenn er noch Respekt zeigt. Ich kann mir vorstellen, dass er eines Tages zum Dachverband Plusport wechselt, der für die Nachwuchsförderung im Sport und somit auch für das Skifahren bei den Paralympischen Spielen verantwortlich ist.» Jan, der noch nicht gerne allein fährt, erzählte stolz von seinem Besuch beim Lauberhornrennen und stufte sich selber als mutig ein; schliesslich fahre er zusammen mit seiner Begleiterin mitten durch das Gestöber der Schneekanonen.

Auch die Familie Fiechter aus Langenthal, deren Sohn Louis zum ersten Mal dabei war, ist von der Arbeit mit den Kindern begeistert. «Für uns steht fest, dass Louis weitere Kurse in Engelberg besuchen wird, und wir Eltern hoffen, dass wir eines Tages mit ihm zusammen Ski fahren können.» Auf dieses Ziel – die Inklusion in die Gesellschaft – kam auch Thomas Erne, der Geschäftsleiter der schweizerischen Stiftung Cerebral, zu sprechen, der am Samstag auf Besuch war. Die Stiftung ist neben den Brunni-Bahnen in Engelberg einer der wichtigsten Partner von Querfeld und unterstützt den Verein finanziell stark. Wer die Organisation ebenfalls kennen lernen möchte, kann das dreimal in den nächsten zwei Monaten machen: Dann werden die nächsten Skikurse in Engelberg stattfinden.

Mehr über den Verein auf www.querfeld.org.

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