Das Hortensia-Haus in Ebikon unterscheidet sich bei einem kurzen Blick im Vorbeifahren kaum von den zahlreichen anderen aneinandergereihten Häusern. Wer dort aber das Gartentor durchschreitet, findet sich im Reich von Hobby-Gärtnerin Retha Scherrer wieder. Im «Bijou-Garden» wachsen botanische Schmuckstücke wie Sambucus racemosa «Golden Lace», Fagus sylvatica «Purple Fountain» und Pinus schwerinii «Wiethorst» – oder für Laien: Traubenholunder, Blutbuche und Zwergschwerin-Kiefer.
Pflanzen begleiten sie ihr ganzes Leben
Ihre halbe Kindheit verbrachte Retha Scherrer im Ausland. Aus beruflichen Gründen reiste ihr Vater mit seiner Frau und den zwei Töchtern nach Mumbai. Mit neun Jahren war Scherrer samt Familie in die Schweiz zurückgekehrt, wo sie nach der Primarschule erfolgreich das Gymnasium abschloss. Während ihrer folgenden Anstellung bei der Swissair lernte Scherrer ihren heutigen Mann kennen, mit dem die 68-Jährige zwei erwachsene Söhne hat. Umgeben von Büschen, Blumen, Farnen, Sträuchern und Bäumen wohnt sie mit ihm seit 40 Jahren in Ebikon und kümmert sich seitdem liebevoll um ihre Pflanzen und seit einigen Jahren auch um ihre Bobtail-Hündin Babsi.
Der Apfel fällt – wo wäre es passender – auch im Garten nicht weit vom Stamm. Scherrers Mutter war nämlich ebenfalls passionierte Hobby-Gärtnerin. «Meine Liebe zur Kreativität führte mich zur Herstellung von Kunstkeramik, die ich mithilfe von Blattabdrücken herstellte», sagt Retha Scherrer. So besass sie einige Jahre ein Atelier namens Garden-Art. Dem damaligen spanischen Kronprinzen-Paar Philippe und Letizia liess die Keramikerin eine selbst hergestellte, grosse Schale mit integrierter Figur zu deren Hochzeit 2004 zukommen – und erhielt prompt eine Dankeskarte des spanischen Königshofs. Das Atelier musste sie trotz diversen Ausstellungen in der ganzen Schweiz schweren Herzens aufgeben, weil es nicht rentierte. «Das Thema Natur blieb mir erhalten und so begann ich ein neues Kapitel mit der Kunst der Pflanzen-Zusammenstellung im Garten nach Farben, Texturen, Strukturen, Blüte und Herbstfärbung», sagt Scherrer, die unter dem Pseudonym Dita Bichsel zudem als Autorin tätig ist.
Sie verwandelte ihren Garten in einen kleinen «Show-Garten für alle Sinne» mit dem klingenden Namen «Bijou-Garden». «Er gedieh prächtig und ich verwirklichte fortlaufend neue Ideen», so Scherrer. Das grösste Juwel in ihrem Garten ist der Nadelbaum mit dem überwältigenden Namen Chamaecyparis lawsoniana Imbricata Pendula (deutsch: Gartenzypresse Imbricata Pendula). «Ich habe ihn bei uns noch nirgends gesehen, auch nicht bei Gärtnereien», sagt Scherrer stolz. Ihre Pflanzenanlage wurde sogar mehrmals von der aus Deutschland angereisten Dr.-Seick-Reisegruppe bewundert. Nun pflege Scherrer ihren Garten seit Jahrzehnten und es werde langsam Zeit, diesen – oder zumindest einen Teil davon – abzugeben. Die Pflanzen würden nämlich einiges an Zeit und Geduld beanspruchen. «Momentan bin ich noch guet ‹zwäg›, man weiss aber nie was passiert, und mit zunehmendem Alter wird die Gartenarbeit zu einer grösseren Aufgabe», erzählt Scherrer.
Gemeinde lehnt Schenkung ab
Deswegen sucht die leidenschaftliche Gärtnerin eine Bleibe, wo ihre botanischen Raritäten in neuer Erde Wurzeln schlagen können. «Im Grunde bin ich bereit, alles, was ausgegraben und verpflanzt werden kann, zu verschenken», so Scherrer. Ein umfangreicher Teil ihrer Pflanzen stehe zudem bereits in grossen Töpfen zur Verpflanzung parat. Auch eine Sager-Hollywoodschaukel im Wert von 3000 Franken ist Teil der Schenkung. Die Raritätensammlung sei bestimmt für einen öffentlichen Park oder Garten, sagt Scherrer. Und: «Es wäre schön, wenn ich die Pflanzen alle gemeinsam abgeben könnte», merkt Scherrer an.
Ursprünglich wollte Scherrer ihren Pflanzen-Fundus bereits 2017 an die Gemeinde Ebikon vermachen. Die Freizeit-Gärtnerin sah ihre Gewächse ideal am unteren Ende der Finnenbahn im Risch Richtung Rotsee, angrenzend ans Naturschutzgebiet. «Die Bepflanzung wäre links und rechts des Holzschnitzelweges angebracht, die Rasenfläche in der Mitte nicht gross beansprucht worden und Wasser wäre dank der Ron vorhanden gewesen», sagt Scherrer. Sie hat mittels Computerprogramm einen detaillierten Lageplan der Bäume und Sträucher mit Vier-Jahreszeiten-Simulation erstellt, blitzte jedoch mit ihrem Vorschlag bei der Gemeinde ab: «Der Ort sei aus topographischen und ästhetischen Gründen nicht geeignet und der Pflegeaufwand wäre auch zu gross», zitiert Scherrer die Gemeinde. Doch die 68-Jährige ist überzeugt: «Mit zusätzlichem Sponsoring seitens Bevölkerung, Firmen und Vereinen hätte das Projekt verwirklicht werden können.»
Vor vier Wochen wagte Scherrer einen neuen Versuch und lud den Ebikoner Gemeinderat zu einem Gartenbesichtigungs-Apéro ein. «Ich wollte den Gemeinde-Mitarbeitern noch einmal eine Chance geben, zu sehen, was sie an Pflanzen erhalten würden. Denn die Wirkung bei einer Besichtigung ist einiges grösser», erklärt Scherrer. Zum wiederholten Mal erhielt sie eine Abfuhr – und sucht nun weiter nach potenziellen Interessenten.
Hinweis
Haben Sie Interesse an der Pflanzenschenkung von Frau Scherrer oder kennen ein geeignetes Plätzchen dafür? Melden Sie sich unter online@luzernerzeitung.ch mit einem entsprechenden Vermerk.