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Selbstgebastelter Urner «Stiärägrind» mischt mit

Masken gehören zur Fasnacht wie Katzenmusik und Konfetti. Eine kleine Gruppe hat sich entschieden, ihre «Grindä» selber herzustellen. Unsere Zeitung hat den Protagonisten beim Kleistern über die Schultern geschaut.
Bernadette Walker (links) schaut, dass der «Stiärägrind» von Peter Schuler auch richtig sitzt. (Bild: Remo Infanger, Altdorf, 19. Dezember 2018)

Remo Infanger

Auf den Tischen stehen keine «Fasnachtschüächli», sondern «Wiähnachtsgüätsli», die Wände zieren Sterne statt Konfetti, und im Radio ist anstelle von Guggenmusik der Weihnachtshit «A Wonderful Christmastime» von Paul McCartney zu hören. Von fasnächtlicher Stimmung kann also nicht die Rede sein. Noch nicht, denn es ist erst Mitte Dezember, als unsere Zeitung Bernadette Walkers Bastelkurs für Fasnachtsmasken besucht.

«Weihnachtslieder und Fasnachtsmasken? Nein, das beisst sich nicht», entgegnet die Kursleiterin mit einem Augenzwinkern. «Schliesslich beginnt für manche die Fasnachtszeit ja bereits am 11. November. Und nicht zuletzt gehört die Vorfreude bekanntlich zu den schönsten Freuden.» Sechs Kursteilnehmer sind in der MSA-Baracke in Altdorf gerade dabei, Masken aus Pappmaschee zu kleistern, darunter Peter Schuler. Mit viel Fingerspitzengefühl verpasst der Flüeler der Grundform seiner «Maschgärä» – einem Stierkopf – den letzten Schliff, bevor es ans Anmalen geht – stets unter dem wachsamen Auge von Kursleiterin Bernadette Walker.

Es dreht sich nicht alles um die Maske

«Ziel des Kurses ist es, dass nach fünf bis sechs Abenden jeder Teilnehmer zwei ‹Grindä› nach seinen Ideen herstellt», so Walker. Zwar hätte sie einen dicken Ordner mit Vorlagen, Beispielen oder Fotos von angefertigten Masken vergangenen Jahren bei sich, doch dieser soll bloss als Inspiration dienen und helfen, wie ein hergestelltes Werk am Schluss aussehen kann. «Es ist mir ein Anliegen, dass jede Person mit persönlichen Vorstellungen und Wünschen in den Kurs kommt, die wir dann im Team umsetzen», betont die 60-jährige Attinghauserin. Es gehe nicht nur um das Basteln an sich und darum, dass jeder Teilnehmer am Ende ein Produkt mit nach Hause nehmen kann. Vielmehr stehe das Zusammensein und der gemeinsame Entstehungsprozess im Zentrum. «Vom Heizungsspezialisten über die Hausfrau bis zur Ergotherapeutin sind wir ein bunt zusammengewürfelter Haufen, der mit der Fasnacht ein gemeinsames Hobby teilt – und die Offenheit, neue Leute kennenzulernen», sagt die Komplementärmedizinerin.

Anordnen der Sichtpartie als Herausforderung

Dass Teamwork in der MSA-Baracke grossgeschrieben wird, wird sofort klar, als Schuler überlegt, wie er seinen «Stiärägrind» am besten auf seinem Kopf befestigt. Schnell fallen Lösungsvorschläge seiner Kursgenossen, während diese weiterhin ihre Masken modellieren. Mit Walkers Hilfe tackert der Heizungsspezialist schliesslich zwei dicke Kartonstreifen an den Hinterkopf seiner Maske – so, dass sie fürs Erste grob sitzt. Schaumstoff auf der Innenseite sorgt dann in einem zweiten Schritt dafür, dass der «Grind» nirgends drückt und schliesslich eine optimale Sicht aus der Maske auf das bunte Fasnachtstreiben gewährleistet. «Zu den schwierigsten Teilen gehört das Anordnen der Sichtpartie», sagt Schuler. Will man aus den Augen oder aus dem Mund herausblicken? Wie gross sollen die Gucklöcher sein, damit man möglichst wenig vom eigenen Gesicht sieht, man selber aber genug vom Geschehen auf der Strasse mitbekommt? Das seien Fragen, die sehr früh geklärt werden müssen.

Für die Weihnachtszeit «missbraucht»

Er habe schon immer gerne zuhause an Dingen herumgetüftelt – zuletzt an einer selbst gemachten Weihnachtskrippe. «Mir hat dann aber die richtige Kleistertechnik gefehlt», sagt Schuler. Über ein Inserat sei er dann auf den Kurs aufmerksam geworden, erinnert sich der Flüeler. «Ich dachte mir, wenn man die Arbeitstechniken fürs Maskenbasteln lernt, kann ich diese auch für meine Krippe gebrauchen. Darum werde ich das Gelernte im nächsten Jahr einfach für die Weihnachts- statt Fasnachtszeit missbrauchen», scherzt er. Zu den «angefressendsten Fasnächtlern» gehöre er nämlich nicht. «Aber wer weiss, jetzt, wo ich einen ‹Grind› habe, könnte sich das auch ändern. Ich kann mir vorstellen, bei einer Katzenmusik mitzulaufen und ein bisschen ‹ga petschgä›», sagt er und nimmt den Stierkopf noch mal genau unter die Lupe. Schuler ist überzeugt:

«Etwas Selbstgemachtes hat schliesslich einen ganz anderen Wert als ein gekauftes Kostüm.»

Und warum ein Stier als Sujet? «Ich bin kein gebürtiger Urner, sondern ein ‹Lachoniger›. Der Stier als Wappentier und seine Geschichte dahinter haben mich aber schon immer fasziniert.» Als zusätzlichen Gag steckt Schuler noch eine kleine Säge in eines der Stierhörner – in Anlehnung an die Hornkuh-Initiative. Was nach der Fasnacht mit der Maske geschieht, weiss er noch nicht. Im Estrich verstauben lassen möchte er sie aber auf keinen Fall. Dem pflichtet auch Bernadette Walker bei. «Ich gehe zwar nie mit dem gleichen ‹Grind› zwei Jahre hintereinander an die Fasnacht», sagt sie. «Doch man kann ihn zum Beispiel abändern, indem man der Maske eine neue Perücke überzieht.» Die Masken finden nach der vierten Jahreszeit aber auch andere Anwendung. «Ich gebe die Werke gerne an Schauspieler oder Theatervereine weiter», erzählt Walker.

Ganz nach dem Motto «Geht nicht, gibt’s nicht»

Bernadette Walker leitet den Kurs zum ersten Mal. «Als leidenschaftliche Fasnächtlerin habe ich vor ein paar Jahren damit begonnen, zuhause Masken herzustellen, zunächst für den Eigengebrauch, später auch zusammen mit Familie und Freunden», sagt sie. So entstanden schon unzählige Masken in den verschiedensten Sujets, von alten Menschen über Tierköpfe bis zu Charakteren aus Filmen. Walker ist überzeugt:

«Geht nicht, gibt’s nicht!»

Das gesammelte Know-how wollte sie aber mit mehr Leuten teilen. «Also entschied ich mich, einen Kurs für Gleichgesinnte anzubieten.» Ob sie die Bastelabende 2019 erneut durchführen kann, weiss die Kursleiterin noch nicht genau. Walker ist aber zuversichtlich: «Lust dazu hätte ich jedenfalls.»

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