Philipp Unterschütz
Philipp Unterschütz
Philipp Unterschütz
Wenn man selber nicht reisen kann, träumt man halt davon und freut sich umso mehr über Reiseberichte und Eindrücke von anderen, die in der Ferne unterwegs sind. Zum Beispiel über Bilder und Nachrichten von Christian Perret. Der bekannte Emmetter Fotograf, der 2018 seinen Beruf an den Nagel hängte, um mit seiner Frau einen nächsten Lebensabschnitt auf der Segeljacht «Tringa» zu verbringen, und der vor Weihnachten 2019 die Atlantiküberquerung meisterte, ist seit Anfang Jahr wieder in der Karibik unterwegs.
Man merke hier zwar nicht so viel von Corona, das Leben beeinflusse es aber trotzdem, schrieb Christian Perret Ende Januar. «Die Menschen hier sind fröhlich, hilfsbereit und freundlich. Allerdings wurden die Einreisebestimmungen verschärft, die sehr tiefen Fallzahlen hier bestätigen diese Strategie, und wir fühlen uns sicher.» Dafür könne man die Abwesenheit von all den Charterjachten und Kreuzfahrtschiffen geniessen.
«Keine total überfüllten Ankerbuchten, und trotzdem sind Geschäfte und Restaurants geöffnet.»
Dennoch können die Segler wegen Corona nicht alle Inseln ansteuern.
Im Februar haben sie beschlossen, vorerst auf Martinique zu bleiben und die Zeit, in der keine Touristen mehr einreisen dürfen, zu nutzen. «Wir entdecken wunderbare, jetzt einsame Strände, so wie die Karibik vermutlich früher einmal war. Wir haben viel Zeit, uns den Details zu widmen, ohne Angst zu haben, etwas zu verpassen. Zeit, die traditionellen Segler zu bestaunen, die Fischer und Vögel zu beobachten, die Museen und Friedhöfe zu besuchen und natürlich auch die Rum-Destillerien und die romantischen Restaurants», schwärmt Christian Perret.
Die Nacht im Tropenwald
Und er erzählt, dass die Insel Martinique auch für Wanderer ein Paradies sei. Pures Kopfkino ist seine Schilderung, wie es ist, im Tropenwald in einer Ruine zu übernachten. «Mit der Dunkelheit begann der Gesang von unzähligen, unbekannten Tieren, leuchtende, fliegende Glühwürmchen schwebten herum, es knackte, stöhnte und quietschte in den Bambuswäldern, und die alten Gemäuer trugen zu einer unbeschreiblichen Stimmung bei. Geschlafen haben wir nicht besonders gut, jede Stunde änderte das Konzert den Rhythmus und die Tonlage.»
Tauchen Sie ein:
Auf der Wanderung gab es gar die Gelegenheit, mitten im Urwald ein Süsswasserbad zu nehmen. «Dann ging es richtig los, hinauf und hinunter, durch enge Bachrunsen, über eng verschlungene Wurzeln und durch ein grünes Meer hindurch. Wir wussten gar nicht, dass es so viele Grünvarianten gibt! Und dann die Blumen! Die leuchteten und dufteten, richtige Duftwolken umströmten uns. Wir wanderten in einem riesigen botanischen Garten. Dabei mussten wir aufpassen, wohin wir traten. Unzählige Einsiedlerkrabben, die sich ein Meerschneckenhaus als Wohnung nahmen, krabbelten und rollten über den Weg.»
Die Freiheit der Segler ist nicht mehr grenzenlos
Nach der Rückkehr vom Zeltleben auf ihr Schiff fanden die Perrets, dass dieses gar nicht so klein ist und ein wunderbares, weiches Bett hat. «Es ist auch ein spannendes Erlebnis, wenn man die geschützte Ankerbucht erreicht und erleichtert feststellt, dass die ‹Tringa› immer noch da ist», so Christian weiter. Doch irgendwie holt das Leben halt auch unsere Reisenden wieder ein. Die gewaltige Freiheit als Segler sei zusammengebrochen, findet Christian Perret.
«Inzwischen hat sich auch hier die Coronasituation wegen steigender Fallzahlen verschärft, trotzdem bemerkt man nicht viel. Aber es patrouillieren jetzt mehr Zoll-, Polizei- und Coast-Guard-Boote und Helis», schreibt er in einem E-Mail Ende März.
«Wir haben zu schauen gelernt, woher der Wind bläst, um unsere Wünsche danach zu richten.» Zwar ist es erst März, trotzdem müssen sich die Reisenden überlegen, wie sie auf die kommende Sturmsaison – in Verbindung mit den verschiedenen staatlichen Verordnungen – hin reagieren sollen. Auf Martinique seien viele sichere Hafenplätze ausgebucht. Viele Skipper dürften nicht mehr einreisen und deren vertäute Boote blockierten unzählige Hafenplätze. Dank ihrer rechtzeitigen, unkomplizierten Einreise sind die Papiere der Perrets in Ordnung – und weil der Flugplatz jetzt für Touristen gesperrt ist, werden sie weiterhin einsame Strände und traumhafte Ankerbuchten geniessen. «Wie vieles im Leben, hat alles eine Schattenseite. Wir sind uns jedoch bewusst, dass wir richtige Glückspilze sind», ist Christian Perret überzeugt.