Christoph Näpflin
Das Kleinhotel Tell mit seinem gemütlichen Speiserestaurant im Seelisberger Kirchendorf ist seit vielen Jahren ein Begriff für Gastlichkeit und Gemütlichkeit. Uschi Truttmann führt das Haus seit 1985. Es ist seitdem auch das Zuhause ihrer Familie.
1980 hatte ihr Mann Martin Truttmann zusammen mit seinem Bruder Aly Truttmann vom benachbarten Hotel Montana das Haus gekauft, um es vor einer Umnutzung zu retten. «Ich habe bereits mit 17 Jahren im Hotel Tell gearbeitet. Dazumal hätte ich nie gedacht, dass ich das Haus einmal selber führen würde», erinnert sich Uschi Truttmann an ihre Jugendzeit zurück.
Nachfolger können von gutem Umfeld profitieren
Am kommenden Sonntag, 2. Dezember, wird sie zusammen mit ihrem Mann Martin zum letzten Mal Gäste empfangen und mit ihren originellen Speisen und Getränken verwöhnen. «Wir sind beide im Pensionsalter und möchten aufhören können, wenn es am Schönsten ist und solange wir noch gesund sind», erklärt Martin Truttmann diesen Schritt, der den beiden alles andere als leicht gefallen ist.
Nun suchen Uschi und Martin Truttmann einen Nachfolger, der das Hotel mit über 20 Betten und das Restaurant mit 100 Plätzen als Eigentümer oder Pächter weiterführen wird. «Unser Nachfolger kann auf eine grosse Stammkundschaft setzen, er trifft auf ein gut eingebettetes touristisches Umfeld, er kann auf die Unterstützung im Dorf zählen und er wird von den vielen Tages- und Ausflugsgästen in Seelisberg profitieren», sind die beiden Wirtsleute überzeugt. Trotz verschiedenen Inseraten, persönlichen Anfragen und zahlreichen Empfehlungen konnten sie bis heute noch keinen Nachfolger finden. Dennoch sind sie zuversichtlich, dass der sehr gut laufende Betrieb im Frühling mit einem Nachfolger weitergehen wird. «Es ist ein wunderbarer Beruf, den wir ausüben durften. Er ist zwar mit intensiver Arbeit verbunden, aber auch mit vielen tollen Begegnungen und Erlebnissen, welche dies mehr als nur wettmachen», schauen Uschi und Martin Truttmann begeistert auf ihre über 30-jährige Wirtszeit zurück. Stolz ist Uschi Truttmann bis heute, dass sie die alles andere als leichte Wirteprüfung gemacht hat. «Dies hat mir Sicherheit gegeben und auch Mut, einen Betrieb zu führen».
Heute ist alles viel hektischer als früher
Auch die Gastronomie geht mit der Zeit und passt sich dem sich ändernden sozialen und gesellschaftlichen Umfeld an. Immer bessere Küchengeräte machen es möglich, alles vorzubereiten und den Gast, wenn der da ist, schnell zu bedienen. Früher hatten die Gäste viel mehr Zeit, es gab keine so grosse Hektik wie heute. «Die Hotelgäste blieben früher eine Woche und länger. Heute reisen sie meist nach einer Nacht wieder ab. Auch beim Essen muss es sehr schnell gehen», vergleicht Uschi Truttmann mit früher.
Nach dem 2. Dezember bleiben Uschi und Martin nur noch viele Erinnerungen und lustige Episoden an ihre Wirtszeit. Zahlreiche Karten, Briefe, Tagebücher und Erzählungen zeugen von den langjährigen Stammkunden. Ihre beiden inzwischen erwachsenen Kinder Fabian und Melanie haben sich für eine andere Berufsrichtung entschieden. Sie werden deshalb nicht die Nachfolge im Hotel Tell antreten.
Gäste aus Belgien, die immer wieder kamen, aber auch der Kontakt mit holländischen Gästen über mehrere Generationen oder mit Gästen aus dem Schwarzwald, welche zufällig im «Tell» Ferien gebucht hatten und dann mehr als 10 Jahre jedes Jahr wieder zurückkamen: All das sind Zeichen, dass Angebot und Betreuung der Gäste mit viel Freude und Herzblut gelebt worden sind. Das Zusammensitzen nach Musikproben und Vereinsanlässen, die gemütlichen Familienfeiern, die vielen Carreisenden, die Silvesterabende mit dem «Biräweichclub» aus Uri, dem Emmetter-Stamm am Freitagabend oder dem täglichen Pensionierten-Treff beim «Znünikaffee», all das endet jetzt zwar für Uschi und Martin Truttmann, lebt aber in den Erinnerungen weiter. «Wir gehen mit vielen schönen und vor allem guten Erinnerungen. Das macht den Abschied etwas leichter», trösten sich Uschi und Martin Truttmann über den immer näherkommenden Schluss im Hotel Tell.