Hans Graber
Eigentlich habe ich den Kanal wirklich voll von diesem Coronazeugs, aber nach wie vor beherrscht es meinen Alltag. Nur ein Beispiel: Obwohl es (noch) keine Maskenpflicht in Läden gibt, habe ich mir das längst angewöhnt.
Ich bin nicht gar so viel unterwegs, aber der Maskenverschleiss ist gigantisch, weil dauernd ein Gummiband reisst. Als ich mal nach einer Abrissorgie keinen vollwertigen (haha!) Ersatz mehr dabei hatte, musste ich die Maske während einer halbstündigen Zugfahrt mit der Hand festhalten, um nicht als Querulant gebrandmarkt zu werden.
Den ersten Stapel Masken hatte ich bei Aldi gekauft, die Anleitung war chinesisch. Ich konnte sie nicht lesen und führte das Problem mit dem Gummizug auf eine falsche Handhabung zurück. Den nächsten Stapel kaufte ich in der Amavita-Apotheke. Das korrekte Aufsetzen liess ich mir erklären. Die Bänder reissen weiterhin. Eine natürliche Abwehrreaktion meines Körpers? Vielleicht schwillt mir einfach der Kamm, wenn ich eine Maske tragen muss.
Auch ein Fläschchen Desinfektionsmittel habe ich stets dabei, mit Sprühmechanismus, gekauft in der Hertenstein-Drogerie. Das Fläschchen leistet formidable Dienste und dient auch in der Beiz gegen Wespen. Desinfektionsmittel mögen sie noch weniger als reines Wasser. Man muss nur aufpassen, dass man nicht übers Essen oder ins Bier sprüht. Andererseits wird einem so ein feuchter Hauch ja kaum gross schaden, und da Desinfektionsmittel über ganz eigenwillige Duftnoten verfügen, geben sie im besseren Fall einer Mahlzeit den letzten Schliff beziehungsweise Pfiff.
Damit der Kampfgeist in der Bevölkerung nicht erlahmt, heckt das Bundesamt für Gesundheit laufend neue Strategien aus. Bei der Bushaltestelle prangt jetzt ein Plakat: «Viren sind wie Stadtmenschen: immer da, wo was los ist. Halten Sie Abstand.» Ich bin mir nicht sicher, ob man «immer» nicht gross schreiben müsste, und habe allgemein Mühe mit der Botschaft.
Alle Viren in einen Topf werfen geht nicht. Es gibt solche und solche, Freund und Feind, wobei das offenbar zuweilen Hand in Hand geht. Noch fragwürdiger dünkt mich das mit dem «Stadtmensch». Weil ich in der Stadt wohne, gehöre ich per Definition dazu und müsste also Abstand halten. Ich vor mir oder wie?
Ich lebe gerne in der Stadt, aber wie viele andere mir bekannte Stadtmenschen bin ich mitnichten «immer da, wo was los ist». Im Gegenteil, wenn in der Stadt «was los» ist, mache ich häufig einen weiten Bogen drum herum und überlasse den Platz ohne Murren herbeiströmenden Auswärtigen, die dann meist in der Mehrheit sind. Es müsste folglich eher heissen: «Viren sind wie Landmenschen und Agglomeriten: Immer, wenn in der Stadt was los ist, kommt eine geballte Ladung zusammen.» (Den einzigen publik gewordenen «Superspreader-Event» im Kanton Luzern gab es aber trotzdem nicht in der Stadt, sondern an einer Kirchenchorprobe in Buttisholz.)
Weil mein Alternativslogan denen vom Land in den falschen Hals geraten könnte, müsste man eventuell eher etwas mit Tieren kreieren: «Viren sind wie Karnickel. Sie vermehren sich, dass Gott erbarm»? Naja, der Vergleich hinkt. Die Karnickel bleiben unter sich, während Viren zur Befriedigung ihrer zügellosen Rammellust uns Menschen missbrauchen. Dann halt so: «Ein Virus ist wie ein renovationsbedürftiger Altbau: Es zieht durch alle Ritzen hindurch.» Nicht schlecht, aber zu doppeldeutig.
Vorerst letzter Plakat-Vorschlag: «Viren sind wie das BAG: Man will allmählich nichts mehr von ihnen hören. Versuchen Sie, Abstand zu halten.»