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Nidwalden

Die Innendekorateurin Andrea Röllin weiss, wie Anpacken geht

Andrea Röllin beschäftigt sich als Leiterin der Manufaktur bei der Scheuber AG mit dem  Polstern von antiken Polstermöbeln und dem Herstellen von modernen Sitzmöbeln. Ein Besuch zeigt: Ihr Alltag in dem seltenen Handwerk ist anstrengend aber schön.
Jeder Handgriff sitzt: Andrea Röllin bei der klassischen Polsterung eines antiken Sofas. (Bild: Ruedi Wechsler (Ennetbürgen, 4. Februar 2021))
Jedes Arbeitsstück ist anders, das gefällt Röllin besonders.  (Bild: Ruedi Wechsler)

Ruedi Wechsler

Ruedi Wechsler

Seit gut zwei Jahren ist die Manufaktur Polsterei der Scheuber AG in Ennetbürgen in Frauenhand. Andrea Röllin übernahm sie 2018 vom langjährigen Werkstattchef und Polsterer Roberto Bertoni. Röllin wollte beruflich mehr Verantwortung übernehmen. Genau das hat sie hier gefunden.

Nicht immer ist die Arbeit leicht und filigran

Sie schwärmt von der Vielseitigkeit der klassischen Polsterung und sagt: «Ich kann von Hand mit den verschiedensten Materialien wie Federn, Federntuch, Kokosfasern oder Rosshaar den Aufbau am Holzgestell bis zum Bezug des Stoffs ausführen.» Dazu gehören das Garnieren, das Formen und Abnähen der Kanten, das Abheften und die Schnürungen. Nicht immer sei das leicht:

«Das Formen der Kanten ist sehr anstrengend und muss ganz exakt ausgeführt werden.»

Durch das Abnähen werden die Kanten stabil und kompakt. Viel Energie und Kraft für Finger und Hände erfordern auch die Schnürungen. «Das ist herausfordernd und da können die Finger gegen Abend schon mal brennen», ergänzt die smarte Polstererin. Anhand des Zuschnitt-Plans wird der Bezugsstoff von ihr zugeschnitten und genäht. Dieser wird dann mit mehreren hundert Stück Ziernägeln oder Gimpen (mit Seide umsponnener Baumwollfaden) im 3 Millimeter tiefen Falz des Holzgestells von Hand befestigt respektive geklebt.

Nicht alltägliches Werkzeug wie Gurtenspanner, Magnethammer, Dreikantnadel, gebogene Nadel, Abheftnadel, Bostich und Haarzieher wird für die Polsterung verwendet. Sehr gerne arbeitet Andrea Röllin an grossen Sitzbänken für Restaurants oder Hotels. «Da trifft man bei Einzelanfertigungen auf unterschiedlichste geschweifte Formen.» Wie vielseitig ihr Beruf ist, zeigt folgende Aussage: «Bei Kunden montiere ich mit meinem Team Vorhangschienen, Vorhänge, Rollo oder Plissee. Zu meinen Aufgabenbereich zählt ebenso die Lehrlingsausbildung, Bestellungen, die Koordination der Auslieferungen, Termine mit Kunden und die Aufteilung der Polsterarbeiten.»

Vier Jahre dauert die Ausbildung

Positiv bewertet sie die Zukunft ihres Berufs. Momentan beschäftigt die Scheuber AG 20 Angestellte, davon sechs Lernende. Vier von ihnen werden innerhalb vier Jahren zum Innendekorateur mit Fachrichtung Polstern. Diese Berufsbezeichnung gibt es nur noch drei Jahre. Ammon ist im ersten Lehrgang der Berufsausbildung nach der Bildungsreform und wird nun zum Raumausstatter ausgebildet. Im Nähatelier und im Verkaufslokal (Detailhandel) sind zwei Lernende in Ausbildung. Die Nachfrage nach Lehrstellen und Schnuppertagen sei gross, aber es mangelt an genügend Lehrstellen. Die Lehrlingsausbildung wird im Betrieb schon seit Jahren grossgeschrieben. Das Fachwissen und die Auswahl an Stoffen sei riesig und man finde für alles eine Lösung, so Röllin.

Begeistert erzählt sie von ihrem vielseitigen Handwerk: «Vom Holz bis zur Baumwollfaser, die Geschichte und Stilkunde sind nur einige Stichworte, die unser Handwerk auszeichnen. Man muss diesen Beruf lieben.» Die Wertschätzung der Kundschaft ist die grösste Genugtuung für Andrea Röllin und ihr zehnköpfiges Werkstatt-Team und ergänzt: «Wenn wir ein schönes fertiges und frisch bezogenes Möbelstück liefern, und die Kunden damit glücklich machen dürfen, ist das für unser Team die schönste Bestätigung.»

Sie erwähnt den optimalen Teamgeist und lobt ihren Vorgänger Roberto Bertoni: «Roberto teilt mit mir seine Erfahrung und die Arbeiten, und er ist sehr hilfsbereit.» Bertoni gibt die Blumen zurück: «Ich schätze an Andrea die gute Zusammenarbeit, auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung sind. Ebenso ihr handwerkliches Flair und ihre Fingerfertigkeit.»

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