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Luzern

Ruswiler Künstler: «Ich will jeder Skulptur eine Seele geben»

Der Ruswiler Philipp Stöckli ist pensioniert, aber nicht im Ruhestand. Anstatt auf der Baustelle wirkt der Gipser nun im Kunstatelier – das Modellieren brachte er sich selbst bei.
Künstler Philipp Stöckli bei sich zu Hause in Ruswil mit seinen Skulpturen. (Bild: Dominik Wunderli (5. März 2021))

Stephan Santschi

Philipp Stöckli besuchte in Menznau ein Konzert. Neben der lokalen Feldmusik zeigte eine russische Geigerin ihr Können. Doch es war weniger die Musik, als vielmehr ihre Pose, die ihm in Erinnerung blieb. «Als wir nach Hause kamen, fragte mich meine Frau: Was zeichnest du denn um 2 Uhr morgens noch auf?», erzählt Stöckli und lacht. Nun, es war die Skizze einer Frau mit Geige, den Eindruck wollte er nicht vergessen, um ihn später in einer Gipsskulptur zu verewigen.

Diese kleine Anekdote zeigt, wie sich der 71-jährige Ruswiler für seine Kunst inspirieren lässt. Die Muse kann ihn jederzeit küssen, beim Studieren einer Zeitschrift, beim Passieren eines Schaufensters oder eben an einem Konzert. Philipp Stöckli ist gelernter Gipser mit einer Weiterbildung zum Stuckateur. Er war Vorarbeiter auf vielen Baustellen, er half bei der Renovierung von Kirchen.

Mittlerweile ist er in Pension, doch der Gips ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil in seinem Alltag – nicht mehr beruflich, sondern als zentraler Aspekt eines grossen Hobbys. «Ich mache das mit viel Herzblut. Jede Skulptur ist ein Unikat, jeder möchte ich eine Seele geben.»

Vor sechs Jahren verlor er seine Frau wegen Krebs

Schon während der Lehre spürte Philipp Stöckli seine künstlerische Ader. Der Job war körperlich anstrengend, seinem Interesse an Details, Feinheiten und am genauen Arbeiten tat dies aber keinen Abbruch. Früh begann er berufsbegleitend zu modellieren, animiert durch den Schweizer Bildhauer Alberto Giacometti. Dessen bekannteste Werke sind lange, schlanke Menschen, und genau daran erkennt man auch Stöcklis Schaffen. «Seine Menschen haben mich fasziniert. Ich erinnere mich noch gut, wie Giacometti in schwarzen Kleidern, die voller Gips waren, gearbeitet hat.»

Auch bei ihm selbst komme es vor, dass er einen schönen Pullover beschmutze, wenn er rasch ein Gesicht ausbessern wolle. Stöckli erzählt:

«Wenn ich an meinen Skulpturen arbeite, vergesse ich die Welt.»

Die Kunst und die Freude an den Familien seiner beiden Töchter mit den fünf Enkelkindern halfen ihm, den Verlust seiner Frau Margrit zu verarbeiten. «Vor sechs Jahren starb sie an Krebs. Der Tod gehört zum Leben – auch wenn er sehr hart und nicht einfach zu verstehen ist.»

Philipp Stöckli bringt sich die Kunst selbst bei

Zur Welt kam Philipp Stöckli in Menznau als siebtes von insgesamt 13 Kindern. Er wuchs in bescheidenen, aber schönen Verhältnissen auf; der Vater war Fabrikarbeiter, mit der Imkerei als Zusatzverdienst. «Von unseren Eltern lernten wir Anstand und die Einstellung, nicht aufzugeben.» Hartnäckigkeit war denn auch nötig, um seine Fertigkeiten auf das heutige Niveau zu bringen.

Das Modellieren brachte er sich nämlich im Selbststudium bei, «ich bin ein Tüftler, ich probiere gerne vieles aus». Bevor er die Skulptur in seinem Atelier jeweils mit Gips formt, lässt er ein Gerüst aus Chromstahl und Kupferdraht herstellen. Zum Schluss veredelt er die Gipsskulptur mit Farbe, zuweilen nutzt er Patina, um ihr einen Grünspan-Charakter und damit ein etwas älteres Aussehen zu verleihen. Er sagt:

«In der Kunst ist es wichtig, dass man etwas kann, das andere nicht tun. Kunst soll gefallen, Freude machen und für einen Wow-Effekt sorgen.»

Auf den Verkauf sind seine Werke nicht ausgelegt, und wenn er eines veräussert, investiert er den Grossteil des Geldes wieder in die Materialien für seine Kunst. Dabei stellt er fest, dass seine Kunden auch an ihm als Menschen interessiert sind. Gerne berät er den Käufer in dessen Zuhause, um den perfekten Platz für die Skulptur zu finden. «Wenn ich sie dann stehen sehe, macht mich das stolz», sagt Philipp Stöckli.

Fasnacht, Fussball und eine sanft-kritische Partnerin

Zu betrachten sind seine Werke auf seiner Website oder an Ausstellungen, wie aktuell bis Anfang Sommer im Schloss Schadau in Thun oder in der Vergangenheit im Flaschenmuseum in Willisau, an der Kunstbegegnung Rippertschwand, im Weinhaus Neudorf oder in Ascona. Ans Aufhören denkt der rüstige Senior, der auch als Kulturfasnächtler und Donator des FC Ruswil wirkt, nicht. «Es gibt eine breite Palette, die ich noch realisieren will», auch ausgelernt habe er nicht. «Meine Partnerin schafft es, mich auf eine sanfte Art zu korrigieren», sagt Philipp Stöckli, und lächelnd hält er fest: «Ich bin glücklich.»

Mehr Informationen finden Sie unter www.stoeckliphilipp.ch

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