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Luzern

Ruswiler Gemeindepräsident Leo Müller: Stiller Chrampfer hört auf – will aber weiter Gas geben

Leo Müller hat Ende August nach zehn Jahren als Gemeindepräsident demissioniert. Fortan will sich der CVP-Nationalrat politisch auf Bundesbern konzentrieren – und 2019 erneut kandidieren.
Der noch amtierende Gemeindepräsident Leo Müller beim Dorfbrunnen Ruswil: Im Hintergrund sieht man das Restaurant Rössli, die CVP-Geburtsstätte. Bild: Pius Amrein (27. August 2018)

Ernesto Piazza

Leo Müller (CVP) lächelt. Der Ruswiler (Noch)-Gemeindepräsident wirkt sichtlich entspannt. In wenigen Tagen geht für ihn die Ära Kommunalpolitik zu Ende. In den vergangenen zehn Jahren hätten sich viele Unterlagen angehäuft, sagt der 60-jährige Familienvater von drei erwachsenen Kindern. Erst kürzlich habe er seiner Frau Helene gesagt: Es sei ihm beim Sichten und Ordnen fast schlecht geworden.

Akten entsorgen, archivieren oder seinem Nachfolger Franzsepp Erni (CVP) übergeben: Beim Räumen seines Büros gingen ihm viele Gedanken durch den Kopf. Beispielsweise an die Umzonung im Ortsteil Rüediswil. An die Einsprachen, welche dort bereinigt werden mussten. Auch um schliesslich den Weg für die Ansiedlung der Migros freizumachen. Oder an das Schaffen der Voraussetzungen, damit im Gebiet Grindel Gewerbe angesiedelt werden konnte. «Ich habe die Gemeinde fast wie mein eigenes Geschäft geführt», weiss der Inhaber einer Anwaltskanzlei, der ebenfalls das Notariatspatent besitzt. Es sei ihm immer ein Anliegen gewesen, die heute knapp 7000 Einwohner zählende Landgemeinde voranzubringen.

Freie Abende sind die Ausnahme

Seine Demission kündigte der Agraringenieur vor rund zwei Jahren selber an. Sie war also keineswegs ein Schnellschuss. «Alles unter einen Hut zu bringen, geht zeitlich nicht mehr», sagt Müller. Neben seiner Tätigkeit als Anwalt sitzt er für die CVP in einem etwa 50-Prozent-Pensum im Nationalrat und arbeitet mit offiziell 30 Prozent als Gemeindepräsident.

Er ist Mitglied der CVP-Leitung des Kantons Luzern und der Mutterpartei. Weiter sitzt der Ruswiler beim Agrarkonzern Fenaco im Verwaltungsrat, ebenso bei der Schweizer Zucker AG. Zudem nimmt er Vorstandsfunktionen in diversen bäuerlichen Organisationen wahr und wirkt in Stiftungsräten mit. Ihn jedoch als Hansdampf in allen Gassen zu bezeichnen, würde ihm nicht gerecht. Aber Müller hat einen sehr eng getakteten Terminkalender. Oft brauche es viel Disziplin diesen einzuhalten. Freie Abende sind die Ausnahme. «Vielleicht der Sonntag», sagt er. Den versucht er nach Möglichkeit, seiner Familie zu widmen. Ohne eine verständnisvolle, unterstützende und selber anpackende Frau könnte er sein Arbeitspensum nicht bewältigen. «Sie hält mir den Rücken frei.»

Leo Müller ist auf einem landwirtschaftlichen Pachtbetrieb in Ruswil aufgewachsen. Mit dem Hintergrund war naheliegend, dass er den Beruf Landwirt lernte. Dieser Ausbildung liess er ein FH-Studium als Agraringenieur folgen und absolvierte später in Bern ein Jus-Studium, welches er mit dem Lizenziat abschloss. Als Müller nach siebenjährigem Arbeitsaufenthalt in Kehrsatz (BE) 1992 nach Ruswil zurückkehrte, war seine Person schnell gefragt. 1996 wurde er auch CVP-Ortsparteipräsident und schaffte drei Jahre später auf Anhieb den Sprung in den Grossrat, den heutigen Kantonsrat.

Kein Mann, der das Rampenlicht sucht

Er habe schon in jungen Jahren gerne gestaltet und sei grundsätzlich ein neugieriger Mensch, erklärt der 60-Jährige. «Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, für Probleme Lösungen zu finden.» Müller ist kein Mann, der das Rampenlicht sucht. Politische Freunde wie Gegner charakterisieren ihn als ehrgeizigen Chrampfer und akribischen Schaffer. Sein unbändiger Wille etwas zu erreichen, treibt ihn an. So kann er durchaus um halb sechs aufstehen und den Tag mit einer 30 bis 40-minütigen Joggingrunde beginnen. Die Einheit rege nicht nur den Kreislauf an, sie gebe ihm Kraft und Energie.

Die Zonenplanrevision im Jahre 2010 mit der Definition von drei grösseren Wohngebieten sowie der Gewerbesiedlung Grindel, die Erneuerung des Dorfkerns Rüediswil, die neue Sporthalle Wolfsmatt, die Ausgliederung des Alterszentrums in eine öffentlich-rechtliche Organisation und der Spatenstich für den Dorfkern Ost sieht Müller als Meilensteine in seiner zehnjährigen Amtszeit. «Zudem ist die Verwaltung organisatorisch neu aufgestellt und Ruswil finanziell für die Zukunft gut gerüstet.»

«Man ist nicht mehr bereit, aufeinander zuzugehen»

Doch der Gemeindepräsident musste sich auch mit Kritik auseinandersetzen. Die Abstimmung beim Dorfkern West beispielsweise sorgte für Wirbel. Er sagt: Diesen demokratischen Entscheid, der mit einer klaren Niederlage für den Ruswiler Gemeinderat endete, müsse man akzeptieren. Oder das neue Parkplatzreglement: Ein Beschwerdeführer zog bis vor Bundesgericht und erhielt teilweise Recht. Leo Müller erklärt: «Am meisten weh machen mir unfair geführte Auseinandersetzungen und unqualifizierte Behauptungen.» Das politische Klima sei generell rauer geworden. «Man ist nicht mehr bereit aufeinander zuzugehen.»

Seinem Nachfolger will er keine Ratschläge mit auf den Weg geben. Wichtig sei, mit Freude und Engagement an die Sache zu gehen. Sicher müsse man für das Gemeindehaus zeitnah eine Lösung finden. Ein neuer Werkhof und der Umbau der alten Mehrzweckhalle sind weitere Projekte.

Heute sagt Müller zu seiner bereits angekündigten Demission: «Ich bin froh, dass ich die zwei Jahre noch angehängt habe. Auch wenn die letzten Monate sehr intensiv waren.» Der jetzige Zeitpunkt sei für ihn der richtige. Doch trotz spürbarer Erleichterung fühlt er sich zu jung, um nicht weiter aufs Gaspedal zu drücken. Von der neu zur Verfügung stehenden Zeit soll die Familie mit profitieren. Aber vor allem will er sich 2019 erneut als Nationalrat zur Verfügung stellen. Die Arbeit in Bundesbern – nicht zuletzt in der Kommission Wirtschaft und Abgaben (WAK) – fasziniert ihn.

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