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Nidwalden

«Superzug» der Zentralbahn vermisst die Schienen millimetergenau

Die Zentralbahn prüft ihre Gleise neu während normaler Passagierfahrten – dank einer Lasereinrichtung am Zug. Das ist eine Premiere in Westeuropa.
Die Gleismesstechnik misst mit sechs Lasersensoren die relevanten Geometriedaten der Geleise. (Bild: Eveline Beerkircher, Luzern, 21. Februar 2019)
Die Messdaten werden direkt in einen im Zug eingebauten Technikkasten übermittelt. (Bild: Eveline Beerkircher, Luzern, 21. Februar 2019)
Ein Mitarbeiter der Zentralbahn beim Kasten unter dem Zug. 
(Bild: Eveline Beerkircher, Luzern, 21. Februar 2019)

Matthias Piazza

Matthias Piazza

Matthias Piazza

Bahnhof Luzern Gleis 14, kurz vor 9 Uhr: Ein Zentralbahn-Zug steht bereit für die Fahrt nach Stans. Leute steigen ein, wie jeden Tag. Und doch ist an diesem Donnerstagmorgen etwas anders. Einige schauen verwundert unter den Zug und fragen sich, was es mit diesen blauen Laserstrahlen auf sich hat, die auf die Schienen gerichtet sind.

Damit hat es in der Tat etwas Besonderes auf sich, wie die zahlreichen Medienvertreter von den Verantwortlichen der Zentralbahn gestern erfuhren, während der Fahrt dieses «Laserzuges» nach Stansstad. Eine der elf dreiteiligen Fink-Kompositionen wurde im vergangenen Herbst mit sechs Lasern, Computern und einem Server ausgerüstet, wofür zwei Sitzplätze geopfert wurden. «Alle 25 Zentimeter vermessen die Laser die Schienen und prüfen damit, ob sie noch in ihrer Position sind und ob sie abgenutzt sind und ersetzt werden müssen», erklärt Gunthard Orglmeister, Leiter Infrastruktur bei der Zentralbahn. «Die Toleranz, um einen sicheren und komfortablen Zugbetrieb zu gewährleisten, beträgt dabei wenige Millimeter», hält er fest. Die sechs Computer, die im Zug mitfahren – für jeden Laser einer – erfassen die Daten und übermitteln sie per Mobilfunknetz an die Zentralbahn-«Zentrale» in Stansstad.

Russische Firma lieferte das System

Diese Laseranlage hat schon mehrmals das ganze knapp 100 Kilometer lange Streckennetz der Zentralbahn «gesehen», dies, weil Fink-Kompositionen auf dem ganzen Netz eingesetzt werden. Dass während normaler Zugfahrten bei normaler Reisegeschwindigkeit der Zustand der Schienen elektronisch erfasst werden kann, ist gemäss Gunthard Orglmeister eine Premiere in Westeuropa. Auf das System aufmerksam wurde er vor drei Jahren an einer Eisenbahn-Messe in Berlin, als Infotrans das System vorstellte. Die russische Firma aus Samara, einer Industriestadt im Südosten des europäischen Teils Russlands, rüstete auch schon den Hochgeschwindigkeitszug Sapsan, der zwischen Moskau und St. Petersburg fährt, mit einer solchen Anlage aus und durfte auch die ZB damit beliefern.

Früher musste der Streckenläufer von Auge den Zustand der Schienen überprüfen. «Einmal im Jahr vermass zusätzlich eine Messeinrichtung, die an einem Gleisbaufahrzeug installiert war, die Schienen. «Das war aufwendig, weil dieses Fahrzeug nur sieben Kilometer in der Stunde fährt und darum nur in der Nacht eingesetzt werden konnte», so Orglmeister. Und ein Diagnosefahrzeug, wie es die SBB hätten, würde sich für die ZB nicht lohnen, auch nicht mit anderen Schmalspurbahnen zusammen. Es müsste auf der Strasse von der einen zur anderen Schmalspurbahn verschoben werden.

Den Streckenläufer braucht es immer noch

Mit der neuen Technik werde der Unterhalt des Schienennetzes revolutioniert. Zwar brauche es den Streckenläufer immer noch. «Doch die Laseranlage ist genauer, sie kann Veränderungen im Millimeterbereich feststellen und auch Prognosen zur Veränderung des Schienenzustandes machen», schwärmt Orglmeister. Er streicht einen weiteren Vorteil hervor. «Die Messergebnisse sind aussagekräftiger, wenn ein 16 Tonnen schwerer Zug das Gleis befährt, als wenn ein Streckenläufer das Gleis ohne Belastung misst.»

Die Investition von rund 650000 Franken habe sich bezahlt gemacht, zieht Gunthard Orglmeister nach fünf Monaten Zwischenbilanz. So seien auf gewissen Streckenabschnitten Schwachstellen der Gleisanlage zutagegetreten. «Mit dem neuen Messsystem erkennen wir auch viel schneller, wenn sich ein Gleis abgesenkt hat. Das ist nicht ungewöhnlich, da die Gleise entlang des Wichelsees und zwischen Stansstad und Stans auf sumpfigem Gelände gebaut sind.» Dank der genaueren Messergebenisse erkenne man solche Schäden frühzeitiger, was sich positiv auf die Kosten für den Unterhalt auswirke. Auch der Fahrgast profitiere direkt: «Der Zustand unserer Gleise wird längerfristig noch besser. So wird es immer seltener vorkommen, dass der Fahrgast Kaffee ausschüttet, wenn der Zug über eine holprige Stelle fährt.»

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