Raphael Biermayr
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Das Wort «Amtsgeheimnis» fällt schnell in diesem Gespräch. Ruedi Knüsel ist es wichtig, dass jenes gewahrt bleibt im vorliegenden Artikel über seinen Abschied als Rischer Gemeinderat. Rückschlüsse auf politische Vorgänge sollen unter keinen Umständen gezogen werden können.
Das ist kein ungewöhnlicher Wunsch und wäre keine Erwähnung wert, wäre er nicht bezeichnend für den Politiker Ruedi Knüsel. Wer sich umhört in und bei der Gemeinde, dem bleibt ein Satz: Er wollte es allen recht machen und ja niemanden vor den Kopf stossen.
Dieser Leitsatz zeugt von einer hehren Absicht, ist in dieser Rolle aber nicht zu verwirklichen. Als Bauchef machte Knüsel, der zunächst Schulpräsident gewesen war, diese Erfahrung. Als Bindeglied zwischen Bauherren und der Verwaltung musste er einsehen, dass manche Ideen nicht umsetzbar waren und nicht alle gemachten Versprechungen eingelöst werden konnten. Ein Fall aus seiner Anfangszeit, bei dem es um einen illegalen Anbau ging, habe ihn Folgendes gelehrt: «Keine Besprechung eines Baugesuchs mehr ohne genauen Plan.»
«Keine Besprechung eines Baugesuchs mehr ohne genauen Plan.»
Lebensplanung ist aufgegangen
Ruedi Knüsel war 51 Jahre alt und Bürgerrat, als ihn die FDP anfragte, zu den Gemeinderatswahlen 2006 anzutreten. Als Spross einer alteingesessenen Rotkreuzer Bauernfamilie warf er vor allem seine Bekanntheit in die Waagschale und holte am drittmeisten Stimmen. Die Wiederwahlen 2010, 2014 und 2018 waren Formsache. Seinen Rücktritt während der laufenden Legislatur habe er schon vor einiger Zeit gefällt.
Schon vor den letzten Wahlen habe er den Plan gefasst, entweder bei der Arbeit oder in der Politik bis zum Pensionsalter weiterzumachen. Der Plan ging auf. Ende 2018 beendete er mit 63 Jahren seine berufliche Laufbahn als Elektroingenieur. In wenigen Tagen, Ende März, wird im offiziellen Rentenalter das Ende seiner politischen Karriere folgen. Sein Parteikollege Patrick Wahl wurde zum Nachfolger gewählt. Knüsel will fortan mehr Zeit mit Frau und Enkelkind sowie auf dem Velo und im Garten verbringen.
Nach nur vier Jahren Bauchef geworden
Wie wird der Politiker Ruedi Knüsel in Erinnerung bleiben? Er hat nichts dagegen, wenn man ihn einen Technokraten nennt. Sein Wechsel 2010 von der Bildungs- zur Bauabteilung sei durchaus seiner Faszination für «Technik und Forschungsarbeit» geschuldet gewesen. Wie überall handelt es sich auch in Risch beim Bau um eine Schlüsselabteilung, die üblicherweise umkämpft ist. Weder bestätigt Knüsel diese Annahme, noch dementiert er sie – Begründung: Er wolle «keine Amtsgeheimnisverletzung vornehmen». Jedenfalls sei er von seinen Ratskollegen wegen des Anciennitätsprinzips zum Bauchef ernannt worden.
Wie wichtig das Bauen gerade für Risch ist, zeigen folgende Zahlen: Bei Knüsels Amtsbeginn zählte die Gemeinde rund 8300 Einwohner, nun sind es über 11'000. Der grösste Teil des Wachstums entfiel auf Rotkreuz. In den Gebieten Suurstoffi, Lindenmatt und Chäsimatt sind auf enormen Flächen Bauten aus dem Boden gestampft worden und werden es noch. Dass die Gemeinde bei den Aufzonungen mehrere Millionen einstrich, sei einer Idee von Ruedi Knüsel zu verdanken, wie er «bei aller Bescheidenheit» sagt. Er habe von der Mehrwertabgabe gelesen, die in anderen Kantonen erhoben wurde, und brachte deren Einführung in Risch im Jahr 2011 auf den Weg. Diese Praxis gilt seit dem Jahr 2019 im ganzen Kanton Zug.
«Möglichst optimale» Voraussetzungen für Leben
Die Kehrseite des Wachstums ist eine in anderen Gemeinden herrschende Wahrnehmung: Die Neubaugebiete gelten zwar als schön anzuschauen, der Ort Rotkreuz wirkt aber nicht lebendig. Knüsel sagt darauf angesprochen:
«Um ein kulturelles Leben wie in Luzern oder Zürich zu haben, würde es viel mehr Einwohner benötigen.»
In den Neubaugebieten würde man die Voraussetzungen für Belebung schaffen. Der Bauchef streicht die «neuesten Erkenntnisse» heraus, die in die Planungen der Aussenräume eingeflossen seien, damit diese «möglichst optimal» gestaltet würden. Der Auffassung, dass eine Seele in Ortschaften nicht planbar ist, sondern eher durch die Bewohner in gewährten Freiräumen entsteht, widerspricht Knüsel nicht. Er sei jedenfalls zuversichtlich, dass dereinst «noch mehr Leben» in Rotkreuz Einzug halten werde.
Die Gemeinde Risch ist insofern eigentümlich, als dass ihr heute dominanter Ortsteil Rotkreuz in der Geschichte lange ein Schattendasein fristete. Mit dem Bau des Bahnhofs im Jahr 1864 änderte sich das allmählich, doch erst 1970 wurden seine Gebietsgrenzen offiziell festgelegt. Mittlerweile hat es Risch, Buonas und Holzhäusern an öffentlicher Wahrnehmung überflügelt.
Sorgt das für Missgunst bei den Aussenorten? Das glaube er nicht, sagt Ruedi Knüsel, zu ihm sei nichts dergleichen vorgedrungen. Wie so vieles betrachtet er auch das aus einem pragmatischen Blickwinkel:
«Es wurde vor längerer Zeit festgelegt, dass Rotkreuz das Zentrum der Gemeinde ist. Das ist nicht mehr zu ändern.»
Wichtig sei aber, dass Risch und Holzhäusern ihre Schulstandorte behielten. Auch das Wachstum sei unumkehrbar, «schliesslich wurden die grossen Einzonungen von Bauland in der vorletzten und letzten Ortsplanungsrevision festgelegt». Überdies sei die Höher-dichter-grösser-Strategie des Gemeinderats stets von den Stimmbürgern mitgetragen worden.
Tempo 20 als emotionaler Höhepunkt
Das galt für die 2020 beschlossene Sanierung des historischen Hofs Binzmühle in Rotkreuz erst im zweiten Anlauf. Die ursprünglichen Pläne wurden trotz grosser Mitwirkung – wenn auch durch Zufallsmehr – abgelehnt. Diese sahen einen höheren wirtschaftlichen Nutzen auf Kosten der Naherholung vor. Diese Fehleinschätzung des Volkswillens habe ihn nicht gekränkt, sagt Ruedi Knüsel. Er habe das einfach als Auftrag verstanden, es anders zu machen, was schliesslich gelungen sei.
Als härtester Kampf ist ihm nicht die Binzmühle-Erneuerung, sondern der Weg bis zur Einführung von Tempo 20 im Rotkreuzer Zentrum in Erinnerung geblieben. Bei der zugrunde liegenden Abstimmung an der Gemeindeversammlung 2012 gaben lediglich drei Stimmen den Ausschlag. Heute werde diese verkehrsberuhigende Massnahme geschätzt, sagt Knüsel, doch damals war sie umstritten. «Autofahrer lassen sich ungern neue Regeln vorschreiben», sagt er rückblickend, «da gingen die Emotionen hoch.»
Er selbst hat als Politiker nicht den Eindruck vermittelt, dass er aufbrandenden Gefühlsschwankungen unterliegen würde. Überraschend ist deshalb seine liebste Erinnerung an die zu Ende gehenden über 14 Jahre im Gemeinderat: der Moment der Vereidigung nach seiner Wahl. «Sie hat mich innerlich stark bewegt», schildert Knüsel. Gab es Tränen? «Nein, nein», sagt er und winkt lächelnd ab.