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Luzern

Rückzonungen in Entlebuch treffen auch lokale Firmen: Pläne für neues Feriendorf gefährdet

Die Gemeinde Entlebuch steckt mitten in der Umsetzung der Rückzonungsstrategie. Gespräche mit den betroffenen Landbesitzern zeigen: Glück und Pech liegen nahe beieinander.
5,85 Hekraten Land müssen in Entlebuch rückgezont werden.  (Bild: Boris Bürgisser (14. Februar 2021))
Blick auf den Skilift Gfellen in Entlebuch.  (Bild: Boris Bürgisser (Entlebuch, 14. Februar 2021))
Entlebuchs Gemeindepräsidentin Vreni Schmidlin-Brun (FDP). (Bild: PD)

Niels Jost

Niels Jost

Niels Jost

Es ist kein schönes Thema, mit dem sich die Gemeinde Entlebuch derzeit herumschlagen muss. Weil das Dorf mit rund 3230 Einwohnern überschüssiges Bauland aufweist, muss es dieses rückzonen, also von der Bau- in die Landwirtschaftszone überführen. Damit soll die Zersiedelung gestoppt werden. Für die Betroffenen heisst das: Bauen können sie auf ihrem Land nichts mehr.

5,85 Hektaren hat der Kanton Luzern in Entlebuch als Rückzonungsfläche definiert. Das entspricht etwa acht Fussballfeldern. 46 Grundstücke sind betroffen, wie aus den Unterlagen zu entnehmen ist, die bis am 16. Februar öffentlich aufgelegen sind.

17 Ferienhäuser in Gfelle geplant

Eines der Grundstücke gehört Jost Krummenacher. Der Unternehmer hätte grosse Pläne für sein rund 10'000 Quadratmeter grosses Land im kleinen Skigebiet Gfelle, das auf halbem Weg von Finsterwald und dem Glaubenberg liegt.

17 Ferienhäuser möchte der Geschäftsführer der Barko Immobau AG aus Sursee dort bauen. Ein Teil der Häuser ist auch auf dem Grundstück von Josef Schmidiger geplant, der das dortige Hotel und Bergrestaurant führt. Das Projekt würde die bestehende Ferienhaus- und Chaletsiedlung ergänzen. «Mein Vater hatte die Chalets gebaut», erzählt Krummenacher. «Die laufen richtig gut. Wir möchten nun etwas Ähnliches realisieren.»

Als die Rückzonungen 2018 erstmals zum Thema wurden, habe er umgehend einen Architekten beauftragt, einen Gestaltungsplan zu entwerfen. Dagegen sind bei der öffentlichen Auflage keine Einsprachen eingegangen. Allerdings hat der Kanton das Projekt sistiert – und zwar so lange, bis die Sache mit den Rückzonungen definitiv entschieden ist.

Gemäss den aufliegenden Unterlagen hält der Kanton Rückzonungen im ganzen Gebiet Gfelle für «raumplanerisch zweckmässig». Dies aufgrund der abgeschiedenen Lage. Krummenacher macht sich daher keine grossen Hoffnungen. Eine Einsprache wird er nicht machen. «Die Chancen, dass sie gutgeheissen wird und ich eine Entschädigung erhalte, sind ja ohnehin klein», sagt er konsterniert und fügt an: «Ich habe das Projekt für mich abgeschrieben.» Auch das Geld, welches er bereits investiert hat, sei wohl futsch. «Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man», sagt der Unternehmer.

Gemeindepräsidentin wünscht sich mehr Entwicklungsmöglichkeiten

Unsere Zeitung hat mit diversen weiteren Betroffenen gesprochen. Einige wurden von der Rückzonung überrascht und werden Einsprache einreichen, andere wiederum hatten es kommen sehen und ohnehin kein Bauprojekt geplant.

Der Grundtenor ist jedoch klar: Freude an den Rückzonungen hat niemand – auch Gemeindepräsidentin Vreni Schmidlin-Brun nicht. «Wir wären froh, müssten wir kein Bauland rückzonen», sagt sie. Die Umsetzung der kantonalen Strategie sei «sehr herausfordernd». Einerseits könne sie es nachvollziehen, dass abgelegene Gebiete nicht weiter wachsen sollen. Andererseits sei eine Gemeinde immer auch daran interessiert, sich entwickeln zu können. «Doch der Spielraum ist klein. Der Kanton gibt klar den Takt vor», so die FDP-Politikerin.

Der öffentlichen Auflage sind denn auch zahlreiche Verhandlungsgespräche mit dem Kanton vorausgegangen. Dabei waren auch die gemischten Zonen mit Wohnen und Arbeiten ein Thema. Um diese Zonen nicht komplett rückzonen zu müssen, soll nun hier der Wohnanteil reduziert werden. «Ein Kompromiss», wie Schmidlin sagt.

Firma darf ausbauen – mit Auflagen

Das bekommt die Heiniger Landtechnik AG zu spüren. Auf ihrem Grundstück im Ortsteil Ebnet dürfen sie zwar den Betrieb, der auf der gegenüberliegenden Strassenseite liegt, erweitern, aber keine Wohnungen dazu bauen. Für eine neue Halle liegt ein Baugesuch vor. Die Erweiterung sei wichtig für das Fortbestehen der Firma, heisst es auf Anfrage. Weil man den Bedarf nachweisen konnte, wurde das Grundstück nicht rückgezont. «Dafür mussten wir beim Kanton kämpfen», sagt Vreni Schmidlin. Die Umzonung in eine reine Arbeitszone ist jedoch an eine Bedingung geknüpft: Bis 2023 muss die neue Halle stehen – sonst könnte das Grundstück doch noch rückgezont werden.

Glück hatte ebenso die ENTLA-Türenfabrik. Auch ein Teil ihres Grundstücks im Gebiet Russacher wird nicht rückgezont, sondern in eine reine Arbeitszone umgewandelt. Der Grund ist derselbe: Die Firma konnte geltend machen, das Land als Reserve für einen möglichen Ausbau zwingend zu brauchen. Sonst hätte man keine Chance, den Betrieb, falls nötig, zu erweitern, heisst es auf Anfrage. Schliesslich wolle man ja die Arbeitsplätze im Dorf halten.

Abstimmung noch in diesem Jahr

Vreni Schmidlin ist froh, konnte zumindest für diese Firmen eine Lösung gefunden werden. Denn einzig im Gebiet Lehn gebe es noch Land fürs Gewerbe. «Sonst haben wir kein Entwicklungspotenzial mehr.»

Nach der öffentlichen Auflage stehen die Einspracheverhandlungen an. Können nicht alle bereinigt werden, muss die Gemeindeversammlung darüber entscheiden. Die Schlussabstimmung kommt an die Urne. Diese findet voraussichtlich noch Ende dieses Jahres statt.

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