Die Beziehung zweier Männer war wohl intensiv, aber sie hielt nicht lange. Ein heute pensionierter Luzerner und ein 49-jähriger Kubaner mit spanischer Staatsbürgerschaft lernten sich 2011 in Barcelona kennen. Im Oktober desselben Jahres reiste der Latino in die Schweiz, am 11. November liessen die beiden ihre Partnerschaft eintragen.
Für die beiden hing der Himmel voller Geigen. «Nachbarn sprachen von einer liebevollen Beziehung», sagte der Spanier, der sich am Mittwoch als Beschuldigter vor dem Luzerner Kriminalgericht verantworten musste. Seine Aussagen wurden von einer Dolmetscherin übersetzt. «Aber das war nur Fassade. Unser Zusammenleben war ausgelaugt und kompliziert», führte er bei der Befragung durch die Richter fort. So habe er einige sexuelle Fantasien seines viel älteren Partners nicht geteilt. Zudem habe dieser ihn stets kontrollieren wollen.
So schwierig wie die Beziehung, gestaltet sich auch die Situation im Strafverfahren. Dem Latino wird vorgeworfen, seinen Partner – der als Privatkläger bei der Verhandlung war – mit Flüssigkeit übergossen und angezündet zu haben. Der Staatsanwalt beantragte für versuchte Tötung, oder für schwere Körperverletzung, eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren.
Privatkläger fordert 80'000 Franken Genugtuung
Die Anwältin des Privatklägers forderte vom Beschuldigten zudem eine Genugtuung von 80'000 Franken.
«Er konnte sich durch die Heirat ein Leben mit Luxusgütern leisten. Selber bemühte er sich aber nie um Arbeit. Zudem verschwieg er meinem Mandanten, dass er HIV-positiv ist.»
Fakt ist, dass sich in der Nacht auf den 19. Dezember 2015 ein Drama in der Wohnung des Paares abspielte.
Laut Anklage holte der Beschuldigte nach einem Streit je eine Flasche Brennsprit und Leichtbenzin aus einem Nebenraum. Zurück im Wohnzimmer soll er mit den Worten «da hast du», die Flüssigkeiten auf seinen Partner gegossen haben. Dann soll er ein Streichholz entfacht haben, und dieses in Richtung des Opfers geworfen haben.
Flüssigkeit aus Versehen verschüttet
Der Beschuldigte bestreitet dies. Er habe mit einem Spezialmittel einen Brandfleck auf dem Wohnzimmertisch behandeln wollen. Beim Betreten des Raums sei er gestürzt, worauf ihm eine Flasche aus den Händen geglitten sei. Dabei sei Flüssigkeit auf seinen Partner geraten. Er habe daraufhin mit den Händen versucht, das Feuer zu löschen und sich dabei Verbrennungen zugezogen.
Bei der Frage, wie sich das Feuer entfacht hatte, gingen die Geschichten des Staatsanwaltes, des Verteidigers und des Beschuldigten auseinander. Der Verteidiger meinte, es hätten im Raum Kerzen gebrannt, auf dem Tisch deren fünf, was eine mögliche Erklärung sei. Der Beschuldigte mutmasste bei der Untersuchung, dass sein Partner sich vielleicht selber angezündet habe. Dieser habe schon einmal gedroht, sich mit einer Pistole das Leben zu nehmen. Der Rentner selber hat laut Staatsanwaltschaft zu einer Nachbarin, die unmittelbar nach dem Vorfall herbeigeeilt ist, gesagt, dass sein Partner etwas Brennendes auf ihn geworfen habe. Die Frau sagte den Untersuchungsbehörden, dass das Opfer ihr zurief: «Er het mi aazöndt!»
Der pensionierte Mann befand sich laut Staatsanwaltschaft aufgrund seiner Verletzungen in Lebensgefahr. Der Verteidiger indes malte ein anderes Bild:
«Das vermeintliche Opfer war nicht lebensgefährlich verletzt. Er hat den Hang zu selbstzerstörerischer Haltung und er hat seine Aussagen bei jeder Befragung modifiziert. Er ist nicht glaubwürdig.»
Der Staatsanwalt entgegnete: «Der Verteidiger macht Polemik, er lässt kein gutes Haar am Privatkläger. Aber es gibt keinen Grund, dem Opfer nicht zu glauben.» Der Verteidiger forderte Freispruch und 30'000 Franken Genugtuung für den Beschuldigten.
Die Zündquelle sei nie ermittelt worden. Es gelte für seinen Mandanten bis jetzt die Unschuldsvermutung. Es liege nun an der Staatsanwaltschaft, Beweise zu bringen. «Davon sind wir aber weit entfernt.» Der Beschuldigte sagte am Schluss. «Ich möchte mich entschuldigen, aber nicht bei meinem Ex-Partner, sondern bei mir, weil ich viele Jahre verloren habe.»