Rahel Hug
Die Online-Petition «gegen die Tierfabrik ‹Chueweid›» auf der Plattform Act findet beinahe stündlich neue Unterstützer. Am Montagnachmittag um 15 Uhr hatten bereits 5705 Personen die Petition unterzeichnet. Die Initianten fordern, dass der Hünenberger Gemeinderat das geplante Projekt der Interfarm GmbH in der Reussebene verhindert. Der Landwirt Martin Schuler will in Drälikon bekanntlich einen neuen Stall für seine Jersey-Rinder realisieren.
Im Petitionstext ist von einem «gewaltigen Neubau» mit Platz für 1040 Kühe die Rede. Martin Schuler wirft den Petenten vor, falsche Zahlen zu verbreiten. «Es war nie und ist nicht meine Absicht, 1000 Tiere zu halten», sagte er im September gegenüber unserer Zeitung. Der Knackpunkt beim ganzen Thema: Wenn der Milchbauer sein ursprüngliches Projekt tatsächlich redimensioniert, könnte eine Umzonung in eine landwirtschaftliche Spezialzone, über die an der Gemeindeversammlung abgestimmt würde, hinfällig werden.
Verschiedene Varianten werden geprüft
Auf die Frage, ob ein redimensioniertes Projekt ein normales Bewilligungsverfahren durchlaufen könnte, sagt der Hünenberger Bauvorsteher Thomas Anderegg: «Wenn die heutige Situation nur saniert und die Betriebsgrösse der heutigen Grösse entsprechen würde, wäre dies grundsätzlich möglich. Bei einem neuen Projekt eher nein.»
Die Bauherrschaft prüfe verschiedene Varianten, man sei im Gespräch. Eine Variante gehe in die Richtung, dass das Projekt nur für 300 Jersey-Kühe plus Jungtiere (was dem aktuellen Bestand entspricht) vorgesehen sei. «Definitiv ist aber noch nichts», bestätigt Anderegg.
Ist den Initianten der Petition bewusst, dass eine Umzonung hinfällig sein könnte? Diese Frage bleibt vorerst offen. Die Unterschriftensammlung des Vereins Fluid Spirit mit Sitz in Hünenberg läuft noch bis am Donnerstag. Präsidentin Danielle H. Jolissaint gibt auf Anfrage bekannt, dass man erst nach der Petitionsübergabe informieren werde.
Thomas Anderegg sagt zum Begehren: «Selbstverständlich nehmen wir die Bedenken, die in der Petition geltend gemacht werden, ernst. Ein konkretes Projekt wird aber ohnehin auf seine Gesetzmässigkeit hin überprüft werden müssen.» Dabei seien sowohl die relevanten Tierschutzbestimmungen wie auch die einschlägigen Normen betreffend Umwelt- und Landschaftsschutz einzuhalten. «Die Entscheidungsbefugnis liegt aber nicht allein beim Gemeinderat, sondern auch bei verschiedenen kantonalen Amtsstellen.»
Spezialzone Boog: Abstimmung in einem Jahr
Eine Speziallandwirtschaftszone – übrigens ein Novum in der Gemeinde – soll in der Nachbarschaft von Martin Schuler entstehen: auf dem Hof von Obstbauer Jonas Boog. Für die Regendächer und Folientunnels, in denen die Substratkulturen seines Betriebs wachsen, braucht es eine neue gesetzliche Grundlage. Bei Substratkulturen handelt es sich, vereinfacht gesagt, um Pflanzen, die nicht im Boden wachsen, sondern in einem Substrat. Auf die Frage nach dem Stand der Dinge sagt Thomas Anderegg: «Wir sind an der Ausarbeitung der Vorprüfungsunterlagen für den Kanton.» Die Einreichung werde noch in diesem Jahr erfolgen. «Eine Abstimmung an der Gemeindeversammlung oder an der Urne ist für Ende 2020 vorgesehen.»
Die von weither sichtbaren Folientunnels kommen nicht überall gut an. In Hünenberg sind immer wieder Stimmen zu hören, die sich an den Einschnitten im Landschaftsbild stören. Darauf angesprochen, sagt der Bauchef: «Es gab vereinzelte derartige Rückmeldungen.» Nicht bestätigen könne er den Eindruck, dass die Anzahl der Tunnels zugenommen hätte. Die Lage des Folientunnels werde jedoch mehrmals im Jahr verändert, so dass der Eindruck entstehen könne, dass es mehr geworden wären.