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Obwalden/Nidwalden

Präventionsprogramm Sero soll Suizidrate verringern: «Nichts zu tun, ist immer falsch»

Obwalden befindet sich schweizweit in Statistik der Suizide an vierter Stelle, Nidwalden auf Platz 21. Das Präventionsprogramm Sero setzt umfassend bei Fachpersonal, Betroffenen und Umfeld an.

Das Beispiel von Tanja Müller* (siehe Ausgabe vom 30. September) zeigt, wie wichtig es ist, suizidgefährdeten Menschen beizustehen, sowohl von fachlicher Seite als auch im persönlichen Umfeld. Seit Januar 2021 wird das Präventionsprogramm Sero (Suizidprävention Einheitlich Regional Organisiert) von der Luzerner Psychiatrie AG (Lups) in den Kantonen Ob- und Nidwalden sowie Luzern eingesetzt. Es spricht Betroffene, Angehörige und Fachpersonal an. Viele Suizide könnten verhindert werden, sind sich die Experten einig.

Schweizweit befindet sich Obwalden laut einer Statistik zur Suizidrate des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) an vierter Stelle. Von 2016 bis 2022 lag in Obwalden die Rate der Suizide zwischen 13,3 und 20, 6 auf 100'000 Einwohner, in Nidwalden zwischen 7,2 und 10,4. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Fallzahlen hat die Fachwelt nicht parat.

Zurzeit wird in Ob- und Nidwalden Fachpersonal geschult, darunter Hausärzte oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Spitex und Spitälern oder Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Anhand einer visuellen Methode lernen sie aufgrund der Angaben von Betroffenen deren Suizidrisiko einzuschätzen. Die Resonanz auf die Kurse sei gross, berichtet Michael Durrer, Projektleiter und Pflegeexperte APN an der Lups. «Erwartet hatten wir für unsere Region eine Teilnahme von insgesamt 480 Fachpersonen bis Dezember 2024. Bis jetzt zählen wir bereits über 600 Teilnehmer.»

Betroffene ansprechen statt Botschaften ignorieren

In sogenannten Ensa-Kursen lernen Laien und Angehörige, wie sie Betroffene in einer Krise ansprechen. Michael Durrer räumt mit Klischeevorstellungen auf: «Es ist falsch zu glauben, dass man ohnehin nichts machen könnte, wenn jemand Suizidgedanken hegt oder dass man ihn sogar noch darauf bringen könnte.» Das Gegenteil sei der Fall: «Man weiss, dass es eine entlastende Wirkung hat, wenn Betroffene auf ihre Absichten angesprochen werden.»

Wichtig seien Ich-Botschaften aus der eigenen Perspektive in einer offenen und direkten Art. Durrer nennt einen Gesprächseinstieg: «Ich mache mir Sorgen», und im weiteren Verlauf des Gesprächs die Frage: «Hast du schon mal daran gedacht, dir das Leben zu nehmen?» Er nennt auch die klassischen No-Gos, das Verharmlosen, Bagatellisieren oder darüber Hinweggehen. Falsch seien ebenso blinder Aktivismus oder Lösungen, die keine sind.

Erste Hilfe bestehe dagegen aus drei wesentlichen Schritten. Es gehe darum, die betroffene Person anzusprechen und nachzufragen, für Sicherheit zu sorgen und eine Fachperson zu vermitteln. «Nichts zu tun, ist immer falsch», stellt Projektleiter Durrer klar.

*Name geändert

Am 21. Oktober wird ein Ensa-Kurs in Stansstad in der Alterssiedlung Riedsunnä angeboten. Vergünstigungscode über die Website von Sero (https://sero-suizidpraevention).

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