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Uri

Polycom soll digital werden – doch das kostet den Kanton Uri fast drei Millionen

Das Sicherheitsfunknetzwerk der Blaulichtorganisationen wird erneuert. Kostenpunkt für den Kanton Uri ist 2'745'000 Franken. Der Landrat befindet am 26. August über den Antrag – jedoch zähneknirschend.
Was hier nur eine Übung ist, kann jederzeit Ernstfall werden: Alle Blaulichtorganisationen des Kanton Uri arbeiten mit Polycom. (Archivbild Luzerner Zeitung )

Dinah Hauser

Am Mittag geht gar nichts mehr. Stromausfall. Nicht nur der Computer funktioniert nicht mehr, sondern auch das Telefonnetz ist ausgefallen. Die Kommunikation ist erschwert. Bei Gurtnellen brennt derweil ein Waldstück. Der Brand kann zügig gelöscht werden. Nicht zuletzt deshalb, weil die Einsatzkräfte als einzige auf ein stabiles Kommunkationsnetz zurückgreifen können – Polyvalente Communication oder besser bekannt unter der Abkürzung Polycom. Es ist das nationale Sicherheitsfunksystem der Behörden und der Organisationen für Rettung und Sicherheit.

«Wie wichtig Polycom im Ereignisfall ist, hat der Blackout vom 10. Februar 2020 eindrücklich bewiesen», sagt Gustav Planzer, Mediensprecher der Kantonspolizei Uri. Ohne den Kommunikationskanal wären die Einsatzkräfte im Blindflug gewesen. Allerdings ist die Technik in die Jahre gekommen, der Hersteller kündigte bereits 2015 an, die Bereitstellung des Funknetzes nur noch bis Ende 2020 zu gewährleisten, Wartungen waren nur bis Ende 2019 vorgesehen.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) konnte mittels Vereinbarung die Wartung bis 2025 verlängern; unter der Bedingung, dass ab 2019 die Technologie von analog auf digital aktualisiert wird. Das Babs initiierte in der Folge das Projekt Werterhalt Polycom 2030. Seit der Einführung wird das System finanziell gemeinsam von Bund, Kantonen, Gemeinden und berechtigten Organisationen getragen.

Nun liegt es an den Kantonen, welche für den Betrieb ihrer Teilnetzwerke verantwortlich sind, die Beiträge für das bundesweite Projekt zu sprechen. Im Kanton Uri ist dies an der Session des Landrats vom 26. August der Fall. Der Regierungsrat beantragt, dem Landrat dem Kredit von 2,745 Millionen Franken zuzustimmen. Die landrätliche Sicherheitskommission hat den Antrag des Regierungsrates ebenfalls geprüft und kommt zum selben Schluss.

«Keine vernünftige Alternative»

«Der Entschluss ist sicher auch darin begründet, dass es keine vernünftigen Alternativen zum Polycom gibt. Wir sind sozusagen einem einzelnen Anbieter ausgeliefert», sagt Ludwig Loretz, Präsident der landrätlichen Sicherheitskommission. Nebst den Investitions- und Betriebskosten wurde an der Sitzung auch über vorhandene, oder eben nicht vorhandene Alternativvarianten diskutiert.

Positiv bewertete die Kommission laut Ludwig Loretz, dass mit der Aufdatierung der Systeme keine zusätzlichen Antennen nötig sind. Ebenso können die Endgeräte weiterverwendet werden. Zudem habe der Stromausfall vom 10. Februar im Kanton Uri die Nützlichkeit des Sicherheitsfunknetzwerks aufgezeigt. «Das einzige Kommunikationsmittel, welches noch funktionierte, war das Polycom.»

«Das einzige Kommunikationsmittel, welches noch funktionierte,
war das Polycom.»

Für die Aufdatierung des Systems würde gemäss Projektplan eine externe Unterstützung hinzugezogen werden. Primär bringe die Umstellung von analog auf digital hohe Anforderungen mit sich, sagt Gustav Planzer. «Ein Grossteil des über die Jahre angeeigneten Wissens im analogen Bereich wird obsolet und so gilt es, die für den bevorstehenden Technologiewechsel erforderliche Kompetenz neu zu erarbeiten oder zu erweitern.» Dies, um auch den langfristigen, sicheren und stabilen Betrieb des Sicherheitsfunknetzes garantieren zu können. Die neue Technologie biete aber auch neue Möglichkeiten. So könnten künftig etwa digitalisierte Daten übertragen werden.

Alleingang kommt für Kommission nicht in Frage

Der Kanton Uri muss einen hohen Sicherheitsstandard aufrechterhalten: Zahlreiche Pässe und Strassen führen durch den Kanton, wie auch der Gotthardtunnel sowie der Neat-Basistunnel. «Um die Sicherheit und schnelles Reagieren im Notfall zu gewährleisten, müssen zahlreiche Blaulichtorganisationen sowie Bergrettungen jederzeit stabil miteinander kommunizieren können», sagt Ludwig Loretz. Dafür sei das Polycom da.

Ludwig Loretz rechnet aber nicht mit einer Ablehnung des Geschäfts an der kommenden Landratssession vom 26. August. Ansonsten stünde der Kanton Uri bald ohne zuverlässiges Kommunikationsnetzwerk für Blaulichtorganisationen da. «Gerade das kantonsübergreifende Ereignisschema würde ein Ausscheren aus dem Polycomverbund zum Risikoprojekt machen», sagt Loretz. «Ohne eine stabile und eindeutige Kommunikation ist eine Krisensituation nicht beherrschbar.» Ein riskanter Alleingang kommt deshalb für die landrätliche Sicherheitskommission nicht in Frage, weswegen sie dem Landrat empfiehlt, dem Antrag der Regierung ohne Änderungen zuzustimmen.

«Da die Übergangslösung erhebliche Kosten verursacht, muss der künftigen Koordination von Beschaffung und Betrieb des Sicherheitsfunksystems zwischen Bund und Kantonen grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden.» Ludwig Loretz hofft, dass die Grundsatzfragen zu einem Nachfolgeprojekt von Polycom mit einem genügend grossen Zeitrahmen behandelt werden. Denn bereits 2030 soll das Projekt erneut auslaufen. Uri war einer der ersten Kantone, die das Sicherheitsfunknetzwerk Polycom einrichteten. Der Kanton Zug 2015 kam als letzter hinzu. «Und drei Jahre später heisst es, die Technik sei bereits veraltet. Ich hoffe, dass das eidgenössische Parlament die Grundsatzfragen zu einem Nachfolgeprojekt von Polycom mit entsprechender Dringlichkeit an die Hand nimmt", sagt er. Schliesslich laufe das Projekt 2030 schon wieder aus.

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