Dominik Weingartner
Die Neuwahl der Gemeinde- und Stadträte im Kanton Luzern fiel fast gleichzeitig auf den Beginn der Pandemie. Am 16. März 2020 rief der Bundesrat die ausserordentliche Lage aus, Läden, Restaurants und Freizeitanlagen mussten schliessen. Ein Grossteil des öffentlichen Lebens kam zum Stillstand. Auch die Session des Luzerner Kantonsrats wurde abgesagt.
Doch keine zwei Wochen später, am 29. März, fand der erste Wahlgang der Kommunalwahlen statt. Damit dieser durchgeführt werden konnte, erliess die Luzerner Regierung am 24. März eine Verordnung, welche die Wahrnehmung der politischen Rechte in Pandemiezeiten regelte. Für diese Verordnung musste sich die Regierung auf das in der Kantonsverfassung verankerte Notrecht stützen. Dort heisst es wörtlich: «Um ausserordentlichen Lagen, wie unmittelbar drohenden erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit oder sozialen Notständen, zu begegnen, kann der Regierungsrat die notwendigen Verordnungen erlassen.»
Verordnung des Kantons ist ausser Kraft
Nach zwei Jahren treten solche Notverordnungen allerdings automatisch ausser Kraft. Die entsprechende Verordnung ist seit Ende 2021 nicht mehr gültig, sie hätte lediglich noch bis Ende März verlängert werden können. Jetzt will die Regierung Teile davon im Stimmrechtsgesetz verankern. Die Vernehmlassung dazu ist diese Woche gestartet. Sie dauert bis Anfang Mai. «Durch die Schaffung ordentlicher Gesetzesbestimmungen zur Sicherstellung der politischen Rechte wird der Regierungsrat inskünftig auf Basis einer spezifischen, demokratisch legitimierten Grundlage handeln können», schreibt der Kanton in einer Mitteilung.
Im Stimmrechtsgesetz ist der Grundsatz festgehalten, dass Gemeinden ihre Wahlen im Urnen- und ihre Abstimmungen im Versammlungsverfahren durchführen, sofern die Stimmberechtigten nichts anderes beschliessen. Die ausgelaufene Verordnung ermöglichte es den Gemeinden, nur auf das Urnenverfahren zu setzen – egal, was in der Gemeindeordnung steht. Diese Regelung soll ins neue Gesetz überführt werden.
Allerdings gibt es dafür Voraussetzungen. Nämlich, «dass eine ausserordentliche Situation in einer Gemeinde die ordnungsgemässe Durchführung einer Gemeindeversammlung verhindert», wie es in den Erläuterungen der Regierung heisst. «Wenn die Durchführung einer Gemeindeversammlung nur erschwert ist, weil beispielsweise das Gemeindeversammlungslokal vorübergehend nicht benutzbar ist», komme diese Bestimmung nicht zur Geltung. «Ein zumutbarer organisatorischer Mehraufwand ist kein Grund, dass sich eine Gemeinde auf diese Bestimmung berufen kann», heisst es weiter.
Unwetter, Überschwemmungen und Cyberattacken
Als ausserordentliche Situationen betrachtet das vorgeschlagene Gesetz nicht nur hochansteckende Krankheiten, sondern auch lokale Ereignisse wie Unwetter, Überschwemmungen oder Cyberattacken. Deshalb sollen die Gemeinden neu die Möglichkeit erhalten, autonom auf ausserordentliche Ereignisse, die nur sie betreffen, reagieren zu können. Sind grössere Teile des Kantons betroffen – wie dies bei Corona der Fall ist –, ist es weiter an der Regierung, Massnahmen zu erlassen.
Das Gesetz muss vom Kantonsrat genehmigt werden. Wann das Geschäft nach der Vernehmlassung ins Parlament kommt, ist offen. In der Sessionsplanung des Kantonsrats ist es noch nicht aufgeführt. Mit einem Inkrafttreten des Gesetzes sei allerdings frühestens per 1. März 2023 zu rechnen, schreibt die Regierung. Und: «Sollte sich vorher aufgrund einer ausserordentlichen Situation Handlungsbedarf für die politischen Rechte ergeben, wird der Regierungsrat den Erlass einer neuen Verordnung prüfen.»