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Obwalden

Polit-Experten in Sachseln: Kaum politischer Erdrutsch in Sicht

Beim nunmehr 60. maxon-Fabrikgespräch fühlte Moderator Martin Zenhäusern drei prominenten Polit-Experten auf den Zahn: Historiker Urs Altermatt, Meinungsforscher Michael Hermann und Fernsehmann Urs Leuthard wagten Prognosen zum Wahlherbst.
Von links Michael Hermann, Urs Altermatt, Moderator Martin Zenhäusern und Urs Leuthard. (Bild: Romano Cuonz, Sachseln, 13. Juni 2019)

Romano Cuonz

«Was hat die bürgerliche Mehrheit in Bundesbern im Verlauf der letzten vier Jahre erreicht, wer sind die Verlierer und wen darf man als Gewinner bezeichnen?» Diese Frage stellte Moderator Martin Zenhäusern drei zum maxon-Fabrikgespräch geladenen Gästen zuerst.

Urs Altermatt, Freiburger Geschichtsprofessor und Kenner der Schweizer Politik, brachte es auf den Punkt: «Die bürgerliche Mehrheit im Parlament funktionierte nicht so gut, wie einige gedacht hatten, und somit ist trotz Rechtsrutsch vor vier Jahren vieles gleich geblieben.» Darin gab ihm Michael Hermann (profilierter Meinungsforscher und Politkommentator aus Zürich) recht. «In der Schweiz gibt es nicht einfach Bürgerliche und Linke, bei unserem breiten Spektrum muss sich die Mitte neu orientieren.»

Und Urs Leuthard – zuständig für Wahlsendungen am Schweizer Fernsehen – doppelte nach: «Selbst die SVP als wählerstärkste Partei kann man heute nicht mehr so führen, wie dies vor zehn oder zwanzig Jahren noch möglich war.» Auch die alten SVP Führungskräfte müssten lernen, intern mit verschiedenen Meinungen pluralistisch umzugehen.

Grün gewinnt – die SVP verliert

Auch zu einem Blick in die Wahl- Kristallkugel forderte Zenhäusern seine Gesprächspartner auf. Urs Leuthard vertrat die Meinung, dass nun eine linksgrüne Welle einsetzen und nicht so schnell wieder abebben würde. «Unsere Kinder diskutieren am Tisch darüber, und selbst ältere Leute sind der Meinung, dass sich in Sachen Umwelt etwas ändern muss.» Fazit: Bei den Wahlen im Herbst werde sich ein Rutsch zugunsten Grüner und Linker nicht mehr aufhalten lassen. Die SVP dürfte so nach Längerem wieder einmal verlieren. Auch wenn ihm Urs Altermatt in dieser Hinsicht nicht widersprach: Als Historiker erwartet er keine allzu grossen Veränderungen. «Selbst wenn die Grünen auf dem Vormarsch sind, wird ein Fiasko für die SVP oder CVP ausbleiben. Und auch die SP kann sich bei uns halten.» Schweizer Politik – sogar über den Bundesrat hinweg – mache zurzeit ohnehin der Ständerat mit einer starken CVP-Vertretung.

Michael Hermann wagte dann sogar eine Prognose zur heiklen Frage, ob wohl der CVP-Bundesratssitz von Viola Amherd an erstarkte Grüne gehen könnte. «SVP und FDP werden grössere Schwierigkeiten haben als die CVP, für ihre vier Sitze eine Mehrheit zu finden», gab Hermann zu bedenken. Die CVP sei strategisch besser positioniert. Vor allem Bundesrat Guy Parmelin sitze zurzeit alles andere als fest im Sattel.

Zukunftsthema Krankenkassen

Am Schluss sorgte ein Besucher dafür, dass alle aufhorchten. Warum sich denn die Parteien von Rechts bis Links immer noch um das wichtige Thema «Krankenkassenprämien» drucksen würden, wollte er wissen.

Eine ebenso brisante wie interessante Erklärung dazu hatte Michael Hermann. «Wir bezahlen da einen enorm hohen Preis für unser Pseudo-Milizparlament in Bern», pointierte er. Vor lauter Spareifer würde die Schweiz ihre Parlamentsmitglieder mehr schlecht als recht bezahlen. Die Folge: Verbandsvertreter sässen längst nicht mehr nur in der Wandelhalle. «Die Krankassen beispielsweise haben im Parlament viel mehr Interessenvertreter mit grossem Einfluss als die Banken!» Das politische Milizsystem entspreche nicht mehr der Realität und müsse wohl bald einmal überdacht werden. Urs Leuthard meinte: «Das Thema Migration wird künftig sekundär, Gesundheits- und Altersvorsorge hingegen gewinnen an Brisanz.»

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